Organische Chemie
Chiralität
Als du am Strand ein Schneckenhaus findest, kommt dir auf einmal die organische Chemie Klausur in den Sinn? Warum das so ist, erklären wir dir in diesem Beitrag.
Konstitutionsisomere und Stereoisomere
Als erstes schauen wir uns den Isomeriebaum an, den wir dir bereits vorgestellt haben. Zur Wiederholung: Konstitutionsisomere haben die gleiche Summenformel, aber eine unterschiedliche Verknüpfung. Stereoisomere haben die gleiche Summenformel und die gleiche Verknüpfung und unterscheiden sich deshalb in ihrer räumlichen Anordnung.
Die Stereoisomere lassen sich jetzt noch in zwei weitere Untergruppen aufteilen. Konfigurationsisomere und Konformationsisomere. Zu den Konformationsisomeren gehören die Moleküle, die sich durch Rotation einer Einfachbindung in das gleiche Molekül überführen lassen. Sie werden deshalb auch Rotamere genannt.

Die Konfigurationsisomere lassen sich nicht durch Bindungsdrehung ineinander überführen. Dazu gehören zum Beispiel die geometrischen cis- und trans-Isomere. Jetzt fehlt noch eine letzte Gruppe, um die sich dieses Video drehen wird: Die chiralen Isomere. Diese werden nochmals unterteilt in Enantiomere und Diastereomere.

Ganz schön viele mere oder? Lass dich davon nicht einschüchtern. Mit ein wenig Übung werden dir die Unterschiede deutlich werden.
Chirale Moleküle
Ein Objekt ist genau dann chiral, wenn es keine Drehspiegelachse besitzt. Wenn du zum Beispiel deine Hände betrachtest, siehst du, dass sich deine rechte und linke Hand räumlich im Aufbau voneinander unterscheiden. Sie sind nämlich spiegelverkehrt voneinander. Eine Flasche ist hingegen achiral, da ihr Spiegelbild genau gleich ist.

Moleküle können auch chiral sein. Zum Beispiel 1-Fluor-1-Chlorethan. Zuerst erstellen wir das Spiegelbild des Moleküls. Wie du siehst, schafft man es jetzt nicht mehr, das spiegelbildliche Molekül deckungsgleich auf das Original zu drehen. Die zwei Moleküle sind damit Spiegelbildisomere oder auch Enantiomere.

Dieses Molekül ist achiral. Wenn du sein Spiegelbild einmal rotierst siehst du, dass es immer noch das selbe Molekül ist. Damit man chirale Moleküle namentlich auseinanderhalten kann, gibt es bestimmte Regeln bei der Benennung. Diese ist abhängig davon, welche Art von Chiralität vorliegt. Man unterscheidet zwischen zentraler, axialer, planarer und helicaler Chiralität.
Zentrale Chiralität
Zentrale Chiralität liegt vor, wenn das Molekül nur ein chirales Zentrum hat. Ein chirales Zentrum ist immer ein Kohlenstoffatom, an dem vier unterschiedliche Substituenten binden. Dies ist zum Beispiel bei dem ersten Molekül der Fall und beim zweiten nicht.

Die Benennung folgt nach dem sogenannten R/S-System. Als erstes wird jedem Bindungsatom eine Priorität zugewiesen. Die höchste Priorität bekommt das Atom mit der höchsten Ordnungszahl im Periodensystem. Das Atom mit der kleinsten Ordnungszahl bekommt die geringste. Gibt es Atome mit der gleichen Priorität, geht man zum nächsten Bindungsatom mit der höchsten Priorität. Doppelbindungen werden dabei einfach zu zwei und Dreifachbindungen zu drei Einzelbindungen konvertiert.
Haben jetzt immer noch mindestens zwei Prioritäten dieselbe Zahl nimmt man noch das Atom mit 2. Priorität hinzu. Wieder werden Mehrfachbindung zu Einzelbindungen konvertiert. Dieser Vorgang wird solange wiederholt, bis man eine eindeutige Reihenfolge erhält. Bei diesem Molekül haben wir jetzt eine eindeutige Reihenfolge.

Nun müssen wir alle Prioritätszahlen am jeweils ersten Substiutenten zusammenrechen. Falls der Substituent mit der geringsten Priorität noch nicht nach hinten weist musst du das Molekül für die Bennung noch so drehen. Zuletzt schaut man, ob die Priorität der Substituenten im Uhrzeigersinn abnimmt oder zunimmt. Nimmt sie ab, nennt man die Konfiguration R. Nimmt sie zu, nennt man sie S. Dieses Molekül heißt also R-1-Fluor-1-Chlorethan und dieses S-3-methyl-1-penten. Bei ihrem jeweiligen Spiegelbild ist dann S und R vertauscht.

Axiale Chiralität
Von axialer Chiralität spricht man bei einem Molekül, das eine Chiralitätsachse besitzt. An dessen Enden sind jeweils 2 unterschiedliche Substituenten in unterschiedlicher Raumanordnung angelagert.

Da diese Moleküle kein Chiralitätszentrum haben, muss man das Benennungssystem erweitern. Den Substituenten wird wieder ihre Priorität pro C-Atom zugewiesen, wobei eine Seite eine Markierung an die Prioritätszahl bekommt.
Jetzt betrachten wir das Molekül anhand der Newman-Projektion entlang der Chiralitätsachse. Die Drehung erfolgt nach diesem Schema: Vorderer Substituent mit höherer Priorität, Vorderer Substituent mit geringerer Priorität, Hinterer Substituent mit höherer Priorität. Erfolgt diese Konfiguration im Uhrzeigersinn, ist es wieder eine R-Konfiguration. Erfolgt sie gegen den Uhrzeigersinn, ist es eine S-Konfiguration.
Planerer Chiralität
Von planarer Chiralität spricht man bei Verbindungen, die eine Chiralitätsebene besitzen. Eine Chiralitätsebene ist ein idealisiert angenommenes planares Molekülfragment, das mindestens einen Substituenten trägt, der aus der Ebene herausragt. In diesem Fall liegen der Ring, Brom und die Sauerstoffatome in einer Ebene und dieser Teil kommt aus der Ebene heraus.

Man wählt ein Pilotatom außerhalb der Chiralitätsebene. Dieses muss direkt an ein Atom der Chiralitätsebene gebunden, die höchste Priorität außerhalb der Chiralitätsebene aufweisen und möglichst nahe am höchst substituierten Atom, in diesem Fall Brom, liegen Jetzt wird der kürzeste Weg zu dem Atom mit der höchsten Priorität innerhalb der Chiralitätsebene gesucht. Bewegen wir uns hierbei im Uhrzeigersinn, so wird das Enantiomer wieder mit R bezeichnet. Bewegen wir uns nun gegen den Uhrzeigersinn, wird es mit S bezeichnet.
Helikale Chiralität
Die helikale Chiralität gilt für Verbindungen, die Schrauben ähneln, da diese links- oder rechtsdrehend sein können. Ein Schneckenhaus ist deshalb auch helikal chiral. Dieses Molekül heißt Hexahelicen und ist aufgebaut wie eine Schraube. Die Benennung erfolgt hier anhand der P/M-Nomenklatur. Man betrachtet das Molekül anhand seiner Drehachse. Denn ist es rechtsdrehend, ist es eine P-Konfiguration. Ist es linksdrehend, so ist es eine M-Konfiguration.

Diastereomere
Diastereomere treten auf, wenn in einem Molekül mehrere chirale Zentren vorhanden sind. Hier haben wir zwei chirale Zentren für dieses Molekül. Daher haben wir für jedes C-Atom zwei mögliche Konfigurationen.

Die beiden Konfigurationen und ihre Spiegelbilder sind alle Diastereomere. Allgemein gilt, es dass bei n chiralen Zentren 2n Diastereomere gibt. Ein Molekül hat aber immer nur ein Enantiomer.
Zum Glück kannst du jetzt P und M Schneckhäuser einfach voneinander unterscheiden.