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Sprechen Volkswirtschaftler vom Warenkorb, meinen sie in der Regel nicht ihren Amazon Warenkorb und erzählen auch nicht vom letzten Supermarktbesuch, sondern sie diskutieren höchstwahrscheinlich ein wichtiges Konzept der Wirtschaftsstatistik. Der folgende Beitrag erklärt dir im Detail den Aufbau des volkswirtschaftlichen Warenkorbs und welche Kenngrößen sich auf seiner Grundlage berechnen lassen.

In unserem Video zum Thema Warenkorb kannst du dir schnell und stressfrei alle Infos des Artikels erklären lassen.

Inhaltsübersicht

Warenkorb einfach erklärt

Der Begriff des Warenkorbs (Warenkorb englisch: market basket, commodity bundle) beschreibt in der Wirtschaftsstatistik eine repräsentative Zusammenstellung von Gütern und Dienstleistungen, die den Konsum von privaten Haushalten eines bestimmten Zeitraums widerspiegeln soll. Kennzahlen wie Preisindizes und Inflationsraten werden auf der Grundlage des Warenkorbs berechnet. In ihm sind die Ausgaben der Konsumenten für die jeweiligen Güter- und Dienstleistungskategorien prozentual anteilsmäßig aufgelistet. In Deutschland setzt sich der Warenkorb aus insgesamt 700 ausgewählten Gütern und Dienstleistungen zusammen und untergliedert sich in zwölf Hauptgruppen. Dazu zählen unter anderem die Preise für Nahrungsmittel, alkoholische und alkoholfreie Getränke, Schuhe und Bekleidung, Wasser und Elektrizität, die Instandhaltung von Häusern und die Gesundheitspflege. Diese Zusammenstellung soll möglichst exakt dem durchschnittlichen Verbrauch eines deutschen Haushalts entsprechen. In der Regel passt das Statistische Bundesamt die im Warenkorb enthaltenen Güter und Dienstleistungen in Abständen von 5 Jahren an Änderungen des Konsumverhaltens an.

Der Warenkorb mit seinen zwölf Hauptgruppen und prozentualen Anteilen sieht folgendermaßen aus:

Hauptgruppe Bestandteil 1995 [%] 2010 [%] 2020 [%]
01 Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke 13,1 10,3 9,7
02 Tabakwaren, alkoholische Getränke 4,2 3,8 3,8
03 Bekleidung, Schuhe 6,9 4,5 4,5
04 Wohnung, Wasser, Gas, Brennstoffe 27,5 31,7 32,5
05 Einrichtungsgegenstände 7,1 5,0 5,0
06 Gesundheit, Pflege 3,4 4,4 4,6
07 Verkehr 13,9 13,5 12,9
08 Nachrichtenübermittlung 2,3 3,0 2,6
09 Freizeit, Kultur, Unterhaltung 10,4 11,5 11,3
10 Bildungswesen 0,7 0,9 0,9
11 Hotel, Restaurants 4,1 4,5 4,8
12 Andere Waren und Dienstleistungen 6,1 7,0 7,4
Quelle: Statistisches Bundesamt

Bei der Betrachtung der Anteile am Gesamtkonsum fällt auf, dass deutsche Haushalte für die Gruppen Wohnung, Verkehr und Freizeit am meisten ausgeben. Trends sind insbesondere bei den Ausgaben für Nahrungsmittel und im Wohnungsbereich zu beobachten. Der Anteil an Ausgaben für Lebensmittel an privaten Haushaltsbudgets sinkt seit mehreren Jahrzehnten beständig, während der Anteil für Immobilien und Wohnkosten einen leichten Anstieg aufweist.

Gewichtung

Die Gewichtung der einzelnen Hauptgruppen wird Wägungsschema genannt. Dieses Schema gibt den prozentualen Anteil der Produkt- bzw. Dienstleistungsgruppen an den gesamten Verbrauchsausgaben privater Haushalte wieder. Das Wägungsschema wird in einem 5-Jahres-Rhythmus aktualisiert und so die reine Preisentwicklung abgebildet. Zudem bleiben kurzfristige und modebedingte Änderungen des Kaufverhaltens unberücksichtigt und es können tatsächlich die langfristigen Konsumgewohnheiten untersucht werden. Das Schema wird vom Statistischen Bundesamt erstellt und anhand der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und laufenden Wirtschaftsrechnungen bestimmt. An der Erhebung partizipieren rund 60.000 Teilnehmer, indem sie ihre Einnahmen und Ausgaben aufzeichnen und diese Daten dann weiterleiten. Die Statistischen Landesämter ergänzen diese Informationen anschließend durch weitere Wirtschaftsdaten. Problematisch ist bei der Aufstellung des Wägungsschemas, dass langlebige Güter, wie PKW’s oder Fernseher, im Basisjahr möglicherweise nicht gekauft und daher nicht erfasst werden. Trotzdem werden die Ausgaben eines Haushaltes, der keine langlebigen Gebrauchsgüter konsumiert, in die Berechnung aufgenommen. So wird mitberücksichtigt, dass Haushalte sich nicht in jedem Jahr eine Waschmaschine oder ein neues Auto zulegen. Auf diese Weise gibt das Wägungsschema ein repräsentatives Abbild der Ausgabenanteile aller Haushalte im Basisjahr für die einzelnen Güterarten wieder.

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Wägungsschema – Warenkorb Deutschland

Berechnungsgrundlage

Der Warenkorb dient als Ausgangspunkt für die Berechnung gleich mehrerer wirtschaftlicher Kenngrößen. In der Hauptsache werden auf seiner Grundlage die Inflationsrate und verschiedene Preisindizes bestimmt.

Der Verbraucherpreisindex misst die durchschnittliche Preisentwicklung des gesamten Konsums privater Haushalte. Es muss also ein repräsentativer und vollständiger Warenkorb zugrunde liegen, der die tatsächlichen Verbrauchsgewohnheiten möglichst realitätsnah aufzeichnet. Der Verbraucherpreisindex ist Beurteilungsmaßstab der Geldwertentwicklung und kommt in Lohnverhandlungen und Vertragsklauseln zum Einsatz.

In einem nächsten Schritt gibt die Inflationsrate die Preisniveaustabilität wieder. Sie ist das Maß der Änderung von Preisindizes in einem bestimmten Zeitraum. Wird die Rate auf Basis des Verbraucherpreisindizes berechnet, bemisst die Inflationsrate den Anstieg (Deflation) oder den Verlust (Inflation) an Kaufkraft privater Haushalte. Dadurch ist diese Rate ein wichtiger Indikator für die Entwicklung der Lebenshaltungskosten in Deutschland.

Verschiedenen Preisindizes liegen unterschiedliche Warenkörbe zugrunde. So werden für Erzeuger-, Großhandels- oder Baupreisindex Anpassungen in der Zusammensetzung der Güter und Dienstleistungen sowie der betrachteten Konsumenten vorgenommen. Ein spezieller Fall tritt zudem bei der Bestimmung der Kerninflation ein. Diese vernachlässigt Lebensmittel- und Energiepreise aufgrund ihrer starken Schwankungen. Daher werden diese Güter aus dem zugrundeliegenden Warenkorb herausgenommen.

Bei Bedarf können Warenkörbe auch für bestimmte Bevölkerungsgruppen erstellt werden. Hierfür erfolgen dann Anpassungen des Warenkorbs hinsichtlich der Region, der Altersgruppe oder Haushaltsgröße.

Kritik am Warenkorbmodell

Das Warenkorbmodell weist einige Probleme auf, die bei der Zusammenstellung und der Berechnung der nachfolgenden Indizes und Raten beachtet werden müssen.

Präzision des Modells

Ein Kritikpunkt am Warenkorb ist, dass dieser von Teilen der Bevölkerung als nicht realitätsnah eingeschätzt wird. Diese intuitive Beurteilung hat mehrere Gründe. Zuvorderst handelt es sich beim Wägungsschema immer um eine durchschnittliche Betrachtung. Die tatsächliche Verteilung der Konsumausgaben kann daher für bestimmte Bevölkerungsgruppen stark abweichen. Ein weiterer Punkt ist, dass die in die Berechnung einbezogenen Preise in einem Warenkorb aufgrund des Erfassungsvorgangs niemals aktuelle Zustände wiederspiegeln. Zudem schwanken die Preise verschiedener Hauptgruppen unterschiedlich stark. So kann bei Bürgern der Eindruck entstehen, dass der statistische Warenkorb stark von der eigenen Einschätzung des Ausgabeverhaltens abweicht.

Berücksichtigung der Produktqualität

Die einbezogenen Preise können auf zweierlei Arten verfälschend auf den Warenkorb einwirken. Zum Einen kann sich die Produktqualität von Gütern verschlechtern und so ein gestiegener Verbrauch von Betriebsmitteln entstehen. So steigen beispielsweise die Heizkosten mit dem Alter von Immobilien. Entgegengesetzt kann sich die Leistungsfähigkeit von Produkten natürlich mit der Zeit steigern. Heutige Automodelle lassen sich beispielsweise nur schwer über mehrere Jahrzehnte rein über den Preis als gleichwertiges Produkt miteinander vergleichen. Bereits preisgünstige Fahrzeugtypen besitzen gegenwärtig einen Ausstattungsstandard, der vor einigen Jahren noch Oberklasse-Modellen vorbehalten war.

Das extremste Beispiel für eine Steigerung der Qualität und Leistungsfähigkeit eines Produktes sind Mobiltelefone. Heutige Smartphones rein über den Preis mit Handys der Jahrtausendwende zu vergleichen ist unsinnig. Sowohl die Rechenkapazität, als auch die Anwendungsmöglichkeiten haben eine derart rasante Steigerung hinter sich, dass kaum noch von den selben Produkten gesprochen werden kann.

Um diese Problematik zu umgehen, benutzen Statistische Ämter Qualitätsbereinigungsverfahren. Ein Beispiel für ein solches Verfahren ist die hedonische Methode, bei der Güter und Dienstleistungen hinsichtlich ihrer inneren und äußeren Werte eingestuft werden. Die Methode bewertet demnach einen leichten Preisanstieg bei gleichzeitig extrem hohen Leistungsanstieg als eine Verbilligung des Produkts.

Fazit
  • Ein Warenkorb ist eine repräsentative Zusammenstellung von Gütern und Dienstleistungen
  • Das Wägungsschema enthält die prozentualen Anteile von Produkt- bzw. Dienstleistungsgruppen an den Gesamtausgaben privater Haushalte
  • Das Warenkorbmodell dient als Berechnungsgrundlage für den Verbraucherpreisindex und die Inflationsrate

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