Objektivität
Hier dreht sich alles um die Objektivität als eines der drei wichtigsten Gütekriterien neben der Reliabilität und der Validität. Zur Einführung findest du hier die Definition sowie eine einfache Erklärung. Im Hauptteil geht der Beitrag außerdem noch auf die wichtigen Ausprägungen Durchführungsobjektivität, Auswertungsobjektivität und Interpretationsobjektivität ein.
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Inhaltsübersicht
Was ist Objektivität
Einfach gesagt ist eine objektive Beurteilung also eine Beurteilung, die ohne Einflussnahme von Vorwissen und Vorurteilen getroffen wird. Man kann etwas objektiv beurteilen, wenn man Ergebnisse auf eine Art und Weise erzielt, die für mehrere und auch außenstehende Personen logisch und nachvollziehbar sind. Objektive Ergebnisse können demnach auch Allgemeingültigkeit beanspruchen im Gegensatz zu subjektiven Beurteilungen, die auf der Ebene des Einzelnen und der individuellen Einschätzung bleiben.
Objektivität kann, abhängig von der Anzahl der Forscher, entweder interindividuell oder intraindividuell sein.
Interindividuelle Objektivität
Interindividuelle Objektivität bezieht sich auf die Möglichkeit, dass mehrere an einer Untersuchung beteiligte Personen zu den gleichen Ergebnissen kommen. Bei Einigkeit zwischen den einzelnen Forschern spricht man also von einer interindividuell objektiven Untersuchung. Das Gegenteil ist bei Uneinigkeit der Fall, denn dann ist die Untersuchung nur als schwach interindividuell objektiv zu kategorisieren.
Intraindividuelle Objektivität
Nicht nur zwischen mehreren Forschern kann es zu Unstimmigkeiten in der Ergebnisfindung kommen. Auch eine einzelne Person kann beeinflusst durch die jeweilige Tagesform und andere äußere oder innerlich emotionale Einflüsse zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen. Dieses Phänomen bezeichnet man auch als die intraindividuelle Objektivität.
Gütekriterien Objektivität
Für wissenschaftliche Untersuchungen ist die Gewährleistung vollkommener Objektivität in der Praxis nur schwer zu realisieren. Deshalb wird oft als Alternative zumindest die besser erreichbare intersubjektive Nachvollziehbarkeit angestrebt. Hier stellt durch Argumentation erzielter zwischenmenschlicher Konsens ein Zeichen für Güte dar.
Auch deshalb wird von allen Gütekriterien Objektivität meist als das schwächste Kriterium auserkoren. Des weiteren liegt es an der hierarchischen Struktur zwischen Objektivität und den beiden weiteren Gütekriterien Reliabilität und Validität. Da Validität als unbestritten wichtigster Indikator für die Güte einer Untersuchung direkt von Reliabilität, aber nur indirekt von Objektivität beeinflusst wird, reiht sich diese am Ende der hierarchischen Struktur ein.
Dennoch bleibt die Gewährleistung eines objektiven Vorgehens im Forschungsprozess ein wesentlich ausschlaggebender Faktor für die Güte einer wissenschaftlichen Untersuchung.
Als eines der Kerngütekriterien wissenschaftlicher Tests lässt sich Objektivität anhand der wesentlichen Prozessschritte einer Untersuchung in drei weitere wesentliche Bereiche aufgliedern: Durchführungsobjektivität, Auswertungsobjektivität und Interpretationsobjektivität.
Durchführungsobjektivität
Grundsätzlich versteht man unter Durchführungsobjektivität die Unabhängigkeit der Ergebnisse einer Untersuchung vom Versuchsleiter. Mit Versuchsleiter ist die Person gemeint, die den Test durchführt. Durchführungsobjektivität kann sowohl bei qualitativen als auch bei quantitativen Untersuchungen durch bestimmte Verfahrensfehler gefährdet werden.
Bei qualitativen Untersuchungen wie Erhebungen kann der Interviewer durch sein Verhalten, Gestiken oder Mimik auf mehrere Arten Einfluss auf die Befragten nehmen. Denken die Befragten durch sein Verhalten, dass der Interviewer eine bestimmte Erwartungshaltung an sie hat, oder informiert er sie zu genau über Hypothesen und Absichten der Untersuchung, könnte sich das auf die gegebenen Antworten auswirken und diese dann verzerren oder gar komplett verfälschen. Solche Fehler können durch Begrenzung der Interaktion mit den Befragten auf ein höfliches Minimum und die Standardisierung der notwendigen Interaktionen reduziert werden. Wenn Maßnahmen dieser Art eingeführt und auch vollzogen werden, kann auch ein hohes Level an Durchführungsobjektivität garantiert werden.
Will man testen, ob die eben genannten Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden und greifen, kann man die geschulten Versuchsleiter zufällig verschiedenen Testpersonen in verschiedenen Versuchssituationen zuteilen. Dann lässt sich überprüfen, ob keine signifikanten Unterschiede im Hinblick auf die Ergebnisse mehr auftreten.
Bei quantitativen Untersuchungen können ähnliche Probleme auftreten. Da die Befragten meist per Hand oder online einen schriftlichen Fragebogen ausfüllen, muss man als Versuchsleiter in beiden Fällen nicht bei der Beantwortung anwesend sein, was zumindest die Einflussnahme durch Verhalten verhindert. Dadurch kann die Durchführungsobjektivität auch hier hochgehalten werden.
Auswertungsobjektivität
Im Falle der Auswertungsobjektivität handelt es sich um die Unabhängigkeit der Ergebnisse von den Personen, die einen durchgeführten Versuch auswerten. Vordergründig tritt Auswertungsobjektivität vor allem dann auf, wenn im Zuge der Auswertung Probanden anhand ihrer Antworten vorher festgelegten Kategorien zugeordnet werden sollen. Hier ist viel analytische Gedankenleistung gefragt, was dazu führt, dass verschiedene Forscher zu unterschiedlichen Schlüssen und somit Einordnungen gelangen können. Auch hier sind als Lösungsansatz Schulungs- und Standardisierungsmaßnahmen gefordert, um die Auswertungsobjektivität zu gewährleisten.
Eine einfacher lösbare Komplikation bei der Auswertung stellt der Umgang mit nur teilweise ausgefüllten Fragebögen dar. Verwirft man diese komplett oder wertet man zumindest die beantworteten Fragen dennoch aus? Solche Grundaspekte sollte man bereits vor dem Start in die Auswertung im Team klären und anschließend auch für alle zugänglich in einer Auswertungsanleitung festhalten.
Interpretationsobjektivität
Zuletzt thematisiert die sogenannte Interpretationsobjektivität die notwendige Unabhängigkeit der Untersuchungsergebnisse vom interpretierenden Forscher. Hierbei geht es um die Frage, was beispielsweise Mittelwerte oder andere statistische Koeffizienten als Ergebnisse des Auswertungsprozesses bedeuten. Normierungen oder Skalen zur Einordnung gewonnener Erkenntnisse der Interpretation sorgen dafür, dass Ergebnisse nicht zu intuitiv ausfallen und damit subjektiv bleiben.
Eine hohe Objektivität der Interpretation liegt dann vor, wenn möglichst viele Forscher zu Übereinstimmungen bei ihren Ergebnissen kommen.