Hochofenprozess
Der Hochofenprozess ist in der Chemie ein wichtiges Verfahren für die Eisenherstellung. Wie der Hochofen aufgebaut ist und wie der Hochofenprozess abläuft, erfährst du hier oder im Video .
Inhaltsübersicht
Hochofenprozess einfach erklärt
Im Hochofenprozess findet die Eisengewinnung in einem Hochofen statt. Dabei werden oxidische Eisenerze zu Roheisen umgewandelt. Das geschieht einfach gesagt in folgenden Schritten:
- durch Verbrennung von Koks entsteht Kohlenstoffmonoxid (CO) als Reduktionsmittel
- Kohlenstoffmonoxid reduziert die Eisenerze zu elementarem Eisen (Fe)
- das entstehende Eisen wird flüssig und kann entnommen werden
Das Roheisen des Hochofenprozesses wird beispielsweise für die Stahlherstellung verwendet.
Hochofen Aufbau
Hier findest du den beschrifteten Aufbau eines Hochofens. Die meisten Hochöfen, auch Eisenwerk oder Hüttenwerk genannt, bestehen aus einem über 30 Meter hohen Stahlmantel. Sie sind aus einer dicken Schicht aus feuerfesten Steinen gemauert, weshalb sie von außen nur schwer beheizt werden können.
Du kannst den Hochofen in verschiedene Zonen unterteilen. Sie unterscheiden sich durch die dort stattfindenden chemischen Reaktionen sowie die Temperatur. Jedoch benötigt der gesamte Hochofenprozess eine konstant hohe Temperatur. Dabei wird die hohe Temperatur durch exotherme Reaktionen bereitgestellt.
In die Öffnung des Hochofens, die Beschickung, werden zwei Rohstoffe gegeben:
- Der erste Rohstoff ist das kohlenstoffhaltige Koks.
- Der zweite Rohstoff, der sogenannte „Möller“, ist eine Mischung aus Eisenerzen und Zuschlagstoffen. Die Zuschlagstoffe sind dazu da, um beispielsweise Verunreinigungen aus den Eisenerzen während des Prozesses zu entfernen.
Im Hochofenprozess wechselt sich jeweils eine Schicht Koks mit einer Schicht Möller ab. Im unteren Bereich des Hochofens wird ca. 1000 °C heiße Luft über mehrere Düsen eingeblasen. Die heiße Luft steigt nach oben, während die Rohstoffe absinken. Dadurch entsteht ein sogenannter stofflicher Gegenstrom. Das sorgt für eine gute Durchmischung der Stoffe. Am Boden der Anlage befinden sich zwei Rohre, welche die Endprodukte Schlacke und flüssiges Roheisen in Behälter zur Aufbewahrung leiten.
Hochofenprozess Ablauf
Im Hochofen laufen in den unterschiedlichen Zonen verschiedene Reaktionen ab. Die Chemie sowie die einzelnen Reaktionen im Hochofen erklären wir dir nachfolgend. Wir starten mit der Reaktion, die die nötige Wärme für den Prozess erzeugt.
Im unteren Bereich reagiert der im Koks enthaltene Kohlenstoff (C) mit dem in der zugeführten Sauerstoff (O2) zu Kohlenstoffdioxid (CO2).
C + O2 → CO2
Die Verbrennungsreaktion ist exotherm und liefert eine Wärme von ca. frei. Das führt zu einem Temperaturanstieg im unteren Bereich der Anlage von ca. 2000 °C. Durch die sehr hohen Temperaturen reagiert das Produkt Kohlenstoffdioxid mit dem im Koks enthaltenen Kohlenstoff weiter. Dabei bildet sich Kohlenstoffmonooxidgas (CO):
C + CO2 → 2 CO
Die Reaktion ist endotherm und erfordert ca. , wodurch die Temperatur des Gases auf ca. 1600 bis 1800 °C abfällt. Die Hin- und Rückreaktion beschreibt das sogenannte Boudouard Gleichgewicht.
Boudouard Gleichgewicht
Die Gleichgewichtsreaktion, auch Boudouard Gleichgewicht genannt, zwischen Kohlenstoffdioxid (CO2) und Kohlenstoffmonoxid (CO) ist nach dem französischen Chemiker Ocave Leopold Boudouard benannt.
C + CO2 ⇄ 2 CO
Da die Reaktion endotherm ist, verschiebt sich das Gleichgewicht bei einer Temperaturerhöhung auf die Seite der Produkte.
Das kannst du dir mit dem Prinzip des kleinsten Zwanges von Le Chatelier erklären: „Wird auf ein chemisches Gleichgewicht ein äußerer Zwang (Temperaturänderung, Druckänderung oder Stoffmengenänderung) ausgeübt, verschiebt sich das Gleichgewicht so, dass die Wirkung des Zwangs minimal wirkt“.
Das bedeutet, dass eine endotherme Reaktion bei einer Wärmezufuhr auch mehr Wärme verbraucht. Bei einer Temperatursenkung geht das Gleichgewicht dann auf die Eduktseite.
Trocken- und Vorwärmzone
Die Verbrennung des Kokses erhitzt die eingeführte Luft. Der Luftstrom strömt im Hochofen nach oben und kühlt sich dabei ab. Die Temperatur des Gases kann dabei auf bis zu 2000 bis 400 °C im oberen Bereich sinken.
- In der obersten Zone, auch als Trocken- und Vorwärmzone bekannt, werden die eingeführten Rohstoffe von dem Luftstrom getrocknet und leicht erwärmt.
- Sinken die Ausgangsstoffe weiter ab, gelangen sie in eine Temperaturzone von ca. 400 bis 1600 °C, der sogenannten Reduktionszone. Sie kannst du in
- die „indirekte Reduktionszone“ bei ca. 400 bis 900 °C
- und die „direkte Reduktionszone“ bei ca. 900 bis 1600 °C unterteilen.
Indirekte Reduktionszone
In der indirekten Reduktionszone werden aufgrund zu geringer Temperaturen die Erze nicht direkt durch den Kohlenstoff zu Eisen reduziert. Deshalb wird hier indirekt auf das Kohlenmonoxid (CO) zurückgegriffen. Die indirekte Reduktion unterteilst du in drei Stufen.
Dabei wird Eisen schrittweise von Fe(+III) zu elementarem Eisen reduziert.
Bei der Reduktion mit Kohlenmonoxid reagiert zuerst Hämatit (Fe2O3) zu dem eisenhaltigeren Magnetit (Fe3O4).
6 Fe2O3 + 2 CO → 4 Fe3O4 + 2 CO2
Das Magnetit wird weiter zu Wüstit (FeO) reduziert.
Fe3O4 + CO → 3 FeO + CO2
Aus Wüstit entsteht durch weitere Reduktion festes Eisen (Fe).
FeO + CO → Fe + CO2
Direkte Reduktionszone
Es kann sein, dass sich in dem ungeschmolzenen Eisen noch nicht-reduzierte Eisenoxide befinden. Nach dem Absinken werden sie durch Reduktion bei höheren Temperaturen zuverlässig reduziert.
Da die Oxide bei Temperaturen von 900 bis 1600 °C direkt durch Kohlenstoff zu Eisen reduziert werden, sprichst du auch von einer „direkten Reduktion“. Du kannst sie ebenfalls in Zwischenstufen unterteilen:
3 Fe2O3 + C → 2 Fe3O4 + CO
Fe3O4 + C → 3 FeO + CO
FeO + C → Fe + CO
Alle drei Reaktionen sind endotherm, sie benötigen also Wärme. Geliefert wird die benötigte Wärme von der stetigen, stark exothermen Verbrennung des Kokses. Auch die Begleitmaterialien des Eisens wie beispielsweise Mangan (Mn), Silicium (Si) und Phosphor (P) werden von Kohlenstoff reduziert:
MnO + C → Mn + CO
SiO2 + 2 C → Si + 2 CO
P2O5 + 5 C → 2 P + 5 CO
Kohlungszone
In dem Temperaturbereich zwischen 900 und 1400 °C befindet sich, neben der direkten Reduktionszone, auch die sogenannte „Kohlungszone“. Hier nimmt das bereits reduzierte Eisen Kohlenstoff auf:
3 Fe + C → Fe3C
3 Fe + 2 CO → Fe3C + CO2
Durch die Aufnahme des Kohlenstoffs sinkt der Schmelzpunkt des Eisens von ca. 1538 °C auf etwa 1300 °C. Die Senkung des Schmelzpunktes ist für die folgende Zone, die Schmelzzone, sehr wichtig.
Endprodukte
Der Hochofenprozess endet im optimalen Fall mit der Erzeugung von möglichst reinem Roheisen, das nicht zu viel Kohlenstoff aufgenommen hat. Zudem sollte es auch nicht mit anderen Fremdstoffen wie Silizium oder Mangan verunreinigt sein. Meist weist das Roheisen jedoch mit ca. 4 % einen relativ hohen Anteil von Kohlenstoff auf.
In den meisten Hochofenanlagen wird sogenanntes „weißes Roheisen“, auch „Stahlroheisen“ genannt, erzeugt. Das entsteht, wenn der in dem Eisen vorhandene Kohlenstoff in Form von Eisencarbid (Fe3C) gebunden ist. Das weiße Roheisen wird meist für die Stahlherstellung verwendet. Wenn der Kohlenstoff jedoch als Graphit auskristallisiert, sprichst du von „grauem Roheisen“. Daraus werden verschiedene Gusseisensorten und Gusseisenwerkstoffe hergestellt.
Nebenprodukte des Hochofenprozesses sind:
- die ‚Schlacke‘: Sie ist ein Stoffgemisch aus basischen und sauren Oxiden, die durch den Vorgang am Hochofen entstehen. Sie wird oft fein gemahlen als Komponente einiger Zementsorten verwendet.
- das ‚Gichtgas’: Das ist ein Gasgemisch mit großen Anteilen an Stickstoff, Kohlenstoffdioxid und Kohlenmonoxid. Es steigt im Hochofen auf und wird durch Rohre neben dem Eingang abgeführt. Das Gichtgas dient als Brennstofflieferant, Treibstoff und zur Befeuerung.
Stahlherstellung mit Roheisen
Die Eisengewinnung im Hochofenprozess stellt die Vorstufe zu verschiedenen Verarbeitungsverfahren dar. Da Roheisen sehr schwierig be- und verarbeitet werden kann, muss es in einen leichter zu verarbeitenden Werkstoff umgewandelt werden, dem Stahl.
Die Stahlherstellung wird industriell durch zwei Verfahren realisiert. Ziel beider Verfahren ist es, den Kohlenstoffgehalt im Roheisen auf unter 2 % zu bringen, erst dann kannst du es als Stahl bezeichnen.
Sauerstoffblasverfahren
Das erste Verfahren ist das Sauerstoffblasverfahren oder auch Linz-Donawitz-Verfahren.
- Das Eisen wird hier in einen großen Reaktionsraum (Konverter) mit einer erhöhten Temperatur gegeben.
- Dann wird durch ein Rohr reiner Sauerstoff in den Konverter geblasen.
Der Sauerstoff reagiert zuerst mit dem Roheisen zu Eisen(II)oxid:
Fe + ½ O2 → FeO
Im Anschluss reagiert das Eisenoxid mit den Begleitelementen, die eine hohe Sauerstoffaffinität besitzen, weiter:
FeO + C → Fe + CO
5 FeO + 2P → 5 Fe + P2O5
FeO + Mn → Fe + MnO
2 FeO + S → 2 Fe + SO2
2 FeO + Si → 2 Fe + SiO2
Elektrostahlverfahren
Ein weiteres Verfahren zur Stahlgewinnung ist das sogenannte Elektrostahlverfahren.
- Hierbei wird das Roheisen aus dem Hochofenprozess zusammen mit Eisenoxid in einen Elektrolyseraum gegeben.
- Zwischen zwei Kohleelektroden wird eine hohe Spannung angelegt, woraufhin sich zwischen den Elektroden ein Lichtbogen ausbildet.
- Durch die dabei freigesetzte Wärme reagiert der Sauerstoff des Eisenoxides mit dem überschüssigen Kohlenstoff zu Kohlenstoffdioxid.
- Das führt dazu, dass der Kohlenstoffgehalt des Roheisens gesenkt wird.
Boudouard Gleichgewicht
Du weißt nun, wie die Roheisenherstellung im Hochofenprozess abläuft. Dabei spielt das Boudouard-Gleichgewicht eine große Rolle. Wenn du mehr darüber wissen willst, schau dir unbedingt unser Video dazu an.