Kapillarwirkung
Warum sich Flüssigkeiten aufgrund der Kapillarwirkung in dünnen Röhrchen anders verhalten, als du es erwartest, erfährst du hier. Zudem lernst du die Physik dahinter kennen und wo du den Kapillareffekt im Alltag beobachten kannst.
Schau dir am besten noch unser Video zur Kapillarwirkung an. Hier sind für dich die relevanten Inhalte bereits audiovisuell aufbereitet.
Inhaltsübersicht
Kapillarwirkung einfach erklärt
Bei Kapillaren handelt es sich um sehr enge Röhrchen oder Spalten. Die Kapillarwirkung lässt sich am einfachsten an einem Glas mit Wasser und einem dünnen Röhrchen beobachten. Steckst du das Röhrchen, zum Beispiel einen Strohhalm, in das Glas erkennst du, dass das Wasser im Rohr höher steigt als im Glas. Dies nennt man Kapillarwirkung oder auch Kapillareffekt. Variierst du die Dicke deines Röhrchens erkennst du zudem, dass das Wasser in dünneren Röhrchen höher steigt. Dieser Effekt tritt aufgrund der Oberflächenspannung von Flüssigkeiten und der Grenzflächenspannung zwischen zwei Aggregatzuständen auf. Zum Thema Oberflächenspannung haben wir bereits ein Video für dich vorbereitet.
Tatsächlich gibt es jedoch zwei Arten der Kapillarwirkung. Die Kapillaraszension bezeichnet den Aufstieg des Wassers im schmalen Festkörper. Die Kapillardepression bezeichnet den Abstieg des Wassers. Die Kapillardepression ist zum Beispiel bei Quecksilber zu beobachten.
Kapillargleichung
Die Steighöhe einer Flüssigkeit im Kapillar kannst du mit der sogenannten Kapillargleichung berechnen.
Hierbei steht für die Oberflächenspannung, für den Kontaktwinkel, für die Dichte der Flüssigkeit, für die Schwerebeschleunigung mit 9,81 und für den Radius des Kapillaren.
Beim Kontaktwinkel handelt es sich um den Winkel, den ein Flüssigkeitstropfen auf der Oberfläche eines Festkörpers zu dieser Oberfläche bildet. Im Falle der Kapillarität also um den Winkel der Flüssigkeitsoberfläche zum Kapillar.
Kapillaraszension und Kapillardepression
Wie bereits erwähnt ist es möglich zwei Kapillareffekte zu beobachten. Die Kapillaraszension tritt ein, wenn die Flüssigkeit an der Wandung des Kapillaren aufsteigt, wie beispielsweise Wasser in einem Glas oder einem Strohhalm. Hierbei bildet sich eine konkave Oberfläche aus. Der Aufstieg des Wassers wird durch die Adhäsionskraft, also der Kraft zwischen zwei in Kontakt tretenden kondensierten Phasen, bewirkt. Damit kann die Flüssigkeit nicht höher steigen, als das Kapillar lang ist.
Die Kapillardepression tritt auf, wenn die Flüssigkeit nicht an der Wandung aufsteigt. Zu beobachten ist dies beispielsweise mit Quecksilber in einem Glasgefäß. Bei solchen Flüssigkeiten ist die Kohäsionskraft, also die Kraft zwischen Atomen oder Molekülen eines Stoffes, größer als die Adhäsionskraft. Solche Flüssigkeiten bilden in einem Kapillar eine konvexe Oberfläche und haben einen geringeren Pegel als das umgebende Volumen.
Physikalische Erklärung
Wie du bis jetzt gesehen hast, sind die Adhäsionskraft und die Kohäsionskraft maßgebend für den zu beobachtenden Kapillareffekt. Beides sind Molekularkräfte. Die Kohäsionskraft bezeichnet hierbei die Kräfte, welche innerhalb eines Stoffes wirken. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der Adhäsionskraft um die Molekularkräfte, welche an der Grenzfläche zwischen einer Flüssigkeit, einem Festkörper und einem Gas wirken.
Wirken Kräfte von außen auf einen Stoff, werden diese durch die inneren Molekularkräfte ausgeglichen und zeigen keine Wirkung. Ausnahmen bilden Grenzflächen an den Rändern. In Abhängigkeit vom Material sind die resultierenden Kräfte in die Flüssigkeit hinein oder aus ihr heraus gerichtet. Ist die Adhäsionskraft größer als die Kohäsionskraft, zeigt die Resultierende aus der Flüssigkeit heraus, wodurch die Kontaktfläche an der Gefäßwand aufwärts gekrümmt ist und die Kapillaraszension beobachtet werden kann. Ist hingegen die Kohäsionskraft größer als die Adhäsion, so zeigt die Resultierende ins Innere der Flüssigkeit. Dadurch krümmt sich die Kontaktfläche an der Gefäßwand nach unten und die Kapillardepression ist zu beobachten.
Kapillarwirkung Wasser
Füllst du ein Glas mit Wasser und steckst ein dünnes Rohr hinein, siehst du, dass das Wasser im Rohr höher steigt als der Wasserpegel im Glas und sich die Oberfläche an der Innenseite des Rohres nach oben krümmt. Der Grund hierfür ist, wie zuvor erklärt, dass die Kohäsionskraft des Wassers geringer ist als die Adhäsionskraft an der Grenzfläche zum Rohr. Dadurch steigt der Kapillardruck und eine Wassersäule bildet sich aus. Diese steigt so lange an, bis die Gewichtskraft des Wassers mit der Adhäsionskraft im Gleichgewicht steht.
Kapillarwirkung Kerze
Die Kapillarwirkung wird auch Dochteffekt genannt. Der Name kommt vom Kerzendocht. Betrachtest du dir diesen aus der Nähe, erkennst du, dass die vielen Fasern ein Geflecht bilden. Dieses Geflecht dient als Kapillare, mit welchen der Brennstoff in die Flamme transportiert werden kann.
Weitere Beispiele
Zwei weitere interessante Beispiele für die Anwendung der Kapillarwirkung findest du beim Füller und bei Pflanzen.
Der Füller hat ein kleines Loch in der Feder, in welchem sich die Tinte sammelt. Von dort wird diese, aufgrund des Kapillareffektes, entlang eines schmalen Spalts zur Spitze befördert.
Pflanzen nutzen feine Kapillare um das, durch die Wurzeln aufgenommene Wasser, hoch hinauf in die Krone zu transportieren.