Oberflächenspannung
Warum bildet Wasser Tropfen? Warum können Wasserläufer auf dem Wasser laufen und gehen nicht unter? Diese Phänomene basieren auf der sogenannten Oberflächenspannung. In diesem Artikel erklären wir dir, was eine Oberflächenspannung genau ist, welche Einheit sie hat und wie du sie berechnest. Zusätzlich zeigen wir dir verschiedene Versuche, wie du die Oberflächenspannung messen kannst.
Du möchtest die Thematik in einem animierten Lehrvideo erklärt bekommen? Dann schau unser Video dazu an!
Inhaltsübersicht
Oberflächenspannung einfach erklärt
Du hast bestimmt schon bemerkt, dass Wasser Tropfen bildet. Der Grund für eine solche Tropfenbildung liegt in den Molekularkräften der jeweiligen Flüssigkeit.
Die Molekularkräfte bewirken, dass es energetisch günstiger ist, die Oberfläche klein zu halten. Da im dreidimensionale Raum eine Kugel die geringste Oberfläche hat, bilden sich kugelförmige Tropfen. Die genaue physikalische Erklärung findest du weiter unten.
Oberflächenspannung Folgen und Bedeutung
Dank der Oberflächenspannung können sich bestimmte Insekten auf der Wasseroberfläche bewegen, wie zum Beispiel die Wasserläufer. Durchstoßen sie jedoch die Oberfläche, und zerstören dadurch die Oberflächenspannung, können sie auch untergehen. Außerdem kann man andere leichte Gegenstände, wie zum Beispiel eine Rasierklinge auf Wasser legen, ohne dass sie untergeht.
Die Folge der Oberflächenspannung äußert sich darin, dass Flüssigkeiten versuchen ihre Oberfläche und somit die Grenzfläche zwischen der Flüssigkeit und einem Gas so klein wie möglich zu halten. Da eine Kugel die geringste Oberfläche hat, bildet sich bei Vernachlässigung anderer Kräfte, wie zum Beispiel der Gewichtskraft ein kugelförmiger Tropfen. In diesem Tropfen ist der Druck im Vergleich zur Umgebung erhöht.
Physikalische Erklärung der Oberflächenspannung
Auf die Moleküle innerhalb einer Flüssigkeit wirken anziehende und abstoßende Kräfte. Dieses Verhalten der Moleküle kann durch das Lennard-Jones Potential beschrieben werden. Bei kurzen Distanzen stoßen sich die Moleküle ab und bei größeren Distanzen wirkt eine anziehende Kraft. Hierbei ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die abstoßende Kräfte als Kontaktkräfte aufgefasst werden können und deshalb richtungsunabhängig, also isotrop sind. Dahingegen sind die anziehenden Kräfte richtungsabhängig also anisotrop verteilt. Befindet sich die Flüssigkeit im Gleichgewicht, so heben sich die Kräfte auf ein Flüssigkeitsmolekül im Inneren der Flüssigkeit im zeitlichen Mittel gerade auf.
An der Grenzfläche zwischen Flüssigkeit und Gas ist die Symmetrie nicht mehr gegeben, denn die Flüssigkeitsmoleküle haben in vertikale Richtung keine benachbarten Moleküle mehr. Dies führt dazu, dass auf die Moleküle an der Grenzfläche nur eine resultierende Kraft ins Innere der Flüssigkeit gegeben ist.
Möchte man aus dem Inneren der Flüssigkeit ein Flüssigkeitsmolekül an die Oberfläche bewegen, so muss man gegen diese Kraft eine Arbeit verrichten. Deshalb hat ein Molekül an der Oberfläche eine um diesen Arbeitsbetrag höhere Energie, als ein Molekül im Inneren der Flüssigkeit. Es ist also energetisch günstiger, wenn die Flüssigkeit ihre Oberfläche beziehungsweise Grenzfläche minimiert. Da im dreidimensionalen Raum für einen Körper die geringste Oberfläche eine Kugeloberfläche ist, bildet das Wasser kugelförmige Tropfen.
Oberflächenspannung berechnen
Die Oberflächenspannung kann auf zwei verschiedene, aber konsistente Arten berechnet werden. Zum einen mit einer aus der Mechanik hergeleiteten Formel und zum anderen mit einer Formel aus der Thermodynamik.
Zuerst gehen wir auf die mechanische Definition ein. Hierfür stellt man sich folgendes Experiment vor.
Man nimmt ein Bügel, der Breite , in den man einen Flüssigkeitsfilm einspannt. Zieht man nun mit einer Kraft den Bügel um eine Strecke nach rechts, so vergrößert sich die Oberfläche des Flüssigkeitsfilms um
.
Der Faktor kommt daher, da man die Vorder- und Rückseite des Flüssigkeitsfilms berücksichtigen muss. Bei der Vergrößerung der Oberfläche muss man dabei die Arbeit
verrichten. Wir haben dir ein extra Video zu der Arbeit hier verlinkt. Damit lässt sich nun die Oberflächenspannung berechnen. Sie ist gerade definiert durch das Verhältnis der aufgewendeten Arbeit zur vergrößerten Oberfläche.
Im Folgenden wird die thermodynamische Version vorgestellt. Geht man von konstanter Temperatur und konstantem Druck aus, so kann die Oberflächenspannung über das Verhältnis der Änderung der freien Enthalpie und der Änderung der Oberfläche berechnet werden
In unserem extra Beitrag zur freien Enthalpie bekommst du diese genau erklärt!
Oberflächenspannung Einheit
Die Einheit der Oberflächenspannung ergibt sich einfach aus den obigen Formeln und wird deshalb gemessen in
oder
Oberflächenspannung Tabelle
In der folgenden Tabelle sind Werte für verschiedene Stoffe aufgeführt, insbesondere die Oberflächenspannung Wasser:
Flüssigkeit | Oberflächenspannung in mN/m |
---|---|
n-Pentan | 16,00 |
n-Hexan | 18,40 |
Ethanol | 22,55 |
Methanol | 22,60 |
Aceton | 23,30 |
Benzol | 28,90 |
Ethylenglykol | 31,40 |
Polyethylen | 36,10 |
Polyetherketone | 46,00 |
Wasser (80 Grad Celcius) | 62,60 |
Wasser (50 Grad Celcius) | 67,90 |
Wasser (20 Grad Celcius) | 72,75 |
Quecksilber (18 Grad Celcius) | 471,00 |
Quecksilber (20 Grad Celcius) | 476,00 |
Wie man sieht, ist die Oberflächenspannung von Wasser ist im Vergleich zu anderen Flüssigkeiten relativ hoch.
Bügelmethode
Bei der Bügelmethode verwendet man einen Bügel mit einem Draht. Dieser Draht wird in die Flüssigkeit eingetaucht und anschließend erhöht man mit einer Präzisionsfederwaage nach und nach die Zugkraft auf den Bügel. Dadurch bewegt sich der Draht aus der Flüssigkeit und ein Flüssigkeitsfilm zwischen Draht und Flüssigkeitsoberfläche entsteht. An einem gewissen Punkt reißt der Flüssigkeitsfilm ab. Um den Draht aus dem Wasser zu heben, muss man also Arbeit gegen die Oberflächenspannung verrichten. Notiert man sich die maximale Zugkraft, bei dem der Flüssigkeitsfilm reißt, so kann man aus der Länge des Drahtes und der Dichte der Flüssigkeit die Oberflächenspannung berechnen.
Messung mit Kapillareffekt
In dünnen Röhren kommt es bei bestimmten Flüssigkeiten zum sogenannten Kapillareffekt. Er bewirkt, dass die Flüssigkeit in dünnen Röhren, entgegen der Gewichtskraft, nach oben steigt. Diesen Effekt kann man nutzen, um die Oberflächenspannung zu berechnen. Man benötigt dafür lediglich ein Gefäß mit einer Flüssigkeit und eine dünne Kapillare. Stellt man die Kapillare in die Flüssigkeit, so steigt der Wasserpegel in der Kapillare an. Durch anschließendes ablesen der Steighöhe, kann man mit Hilfe der Dichte der Flüssigkeit und dem Durchmesser der Kapillare die Oberflächenspannung berechnen.
Weitere Methoden
Es gibt noch viele weitere Methoden, mit der man Oberflächenspannungen messen kann. Im folgenden sind ein paar davon aufgelistet:
- Du-Noüy-Ringmethode
- Wilhelmy-Plattenmethode
- Kontaktwinkelmessung
- Spinning-Drop Methode
- Pendant-Drop-Methode
- Blasendruck-Methode
- Tropfen-Volumen-Methode
- Prüftinten-Methode
- Sessile-Drop-Methode.