RNA Interferenz
Die RNA Interferenz ist ein Mechanismus in Eukaryoten, der Gene gezielt zum „Schweigen“ bringt. Hier erklären wir dir, wie er funktioniert und welche Bedeutung er für Organismen und Forschung hat. Du möchtest das Thema noch schneller verstehen? In unserem Video erklären wir dir alles in nur wenigen Minuten.
Inhaltsübersicht
RNA Interferenz einfach erklärt
Unter der RNA Interferenz (kurz: RNAi) verstehst du eine natürliche Strategie in den Eukaryoten , die zum zielgerichteten Abschalten von Genen führt(=Gen-Silencing).
Ein Gen ist ein Abschnitt auf der DNA , der die Information zur Proteinherstellung enthält. Auf dem Weg vom Gen zum Protein, können unsere Zelle an vielen Stellen eingreifen. Bei der RNA Interferenz erfolgt eine Unterbrechung der Proteinherstellung nach der Transkription und vor der Proteintranslation (=posttranskriptionale Genregulation).
Genauer gesagt, stellt das Ziel der RNA Interferenz die mRNA dar. Sie besitzt nämlich den Bauplan für die Proteinherstellung aus der DNA in kopierter Form. Ziel der RNA Interferenz ist es, eine bestimmte mRNA zu blockieren oder zu zerschneiden. Dadurch kann sie nicht mehr als Bauanleitung für ein Protein verwendet werden. Das funktioniert, indem kurze, künstliche oder von Zellen produzierte RNA-Stücke mithilfe eines Enzymkomplex an eine passende mRNA „docken“ und ihren Abbau einleiten.
RNA-Interferenz (engl. RNA-Interference, kurz RNAi oder auch RNA-Silencing) ist eine Methode in Eukaryoten zur Hemmung der Translation der mRNA. Hier sind kurze doppelsträngige RNA-Moleküle beteiligt, um die Genexpression zu kontrollieren oder die Ausbreitung von Krankheitserregern zu stoppen.
RNA Interferenz Bedeutung
Schauen wir uns zunächst die biologische Bedeutung der RNA Interferenz in eukaryotischen Lebewesen an. Generell kommen je nach Organismus verschiedene interferierende RNA-Typen vor. Ihr Mechanismus ist meist ziemlich ähnlich, aber die Funktionen können sich unterscheiden. Zwei wichtige stellen die Abwehr gegen RNA Viren und die Kontrolle der Genexpression dar.
Schutz vor Virenbefall
Eine wichtige Funktion der RNA Interferenz ist die Abwehr von RNA-Viren. Das ist vor allem in Pflanzen von großer Bedeutung. Für die Verteidigung der Pflanze gegen das fremde Erbgut sorgt die sogenannte siRNA (small interfering RNA). Sie erkennt die Viren RNA und ist für deren zielgerichteten Abbau verantwortlich. Das verhindert die Verbreitung der Viren in der Pflanzenzelle – praktisch oder?
Kontrolle der Genexpression
Bei höheren Eukaryoten – also auch bei uns Menschen – dient die RNA Interferenz vor allem zur Kontrolle der Genexpression . Darunter verstehst du, dass die Produktion von Proteinen und anderen Genprodukten reguliert wird. Diese Genregulation ist wichtig, da nicht in jeder Zelle und zur gleichen Zeit dieselben Proteine benötigt werden. Hierfür produzieren die Zellen ihre eigenen „Überwacher“ – die sogenannten miRNAs (mikroRNAs). Die kurzen RNA Moleküle sind komplementär zu einer informationstragenden mRNA, deren Übersetzung zu Proteinen dadurch gestoppt wird.
Eine weitere Möglichkeit der Genregulation bei Eukaryoten bieten die sogenannten Transkriptionsfaktoren. Wenn du mehr zu ihren Kontrollmechanismus während der Transkription erfahren möchtest, schaue gerne bei unserem Beitrag dazu vorbei.
RNA Interferenz Ablauf
Betrachten wir zunächst den allgemeinen Ablauf der RNA Interferenz (RNAi).
Die wichtigsten Komponenten sind:
- (meist) doppelsträngige RNA Moleküle (dsRNA)
- ein Enzymkomplex ( RISC engl. RNA-induced silencing complex) und
- eine Ziel-mRNA, deren Translation zum Protein gestoppt werden soll.
Die doppelsträngige RNA wird zunächst im Zellplasma einer Zelle in kleine RNA „Schnippsel“ geschnitten. Dafür sind spezielle Enzyme – die sogenannten Dicer (eng. „Würfelschneider“)- verantwortlich. Die entstehenden RNA Fragmente besitzen jetzt meist eine Länge von circa 20-25 Basenpaaren. Daraufhin nimmt ein großer Enzymkomplex (RISC-Komplex) die „Schnippsel“ auf. Er besteht aus vielen verschiedenen Untereinheiten, von denen jede jeweils unterschiedliche Funktionen ausübt.
Die im RISC Komplex enthaltenen Argonautenproteine sind beispielsweise dafür zuständig, die doppelsträngigen RNA-Schnipsel zu entwinden und in jeweils zwei Einzelstränge aufzutrennen.
Ein Strang (=Leitstrang), der komplementär (entgegengesetzt) zur Ziel mRNA ist, verweilt im RISC Complex. Der andere Strang hingegen wird abgebaut, da er für die RNA Inferferenz nicht relevant ist.
Der Leitstrang lotst jetzt quasi den RISC Komplex zu der passenden Stelle an der Ziel-mRNA. Sobald der Komplex diese Sequenz gefunden hat, „dockt“ er daran an. Nun leitet er entweder die zielgerichtete Spaltung der mRNA ein oder verhindert die Bindung von Ribosomen. Beide Prozesse haben eine Genstillegung (RNA Silencing) zur Folge, indem sie die nachfolgende Proteinproduktion verhindern.
Interferierende RNAs (siRNA und miRNA)
Du unterscheidest zwischen mehreren interferierenden RNA Arten. Zwei wichtige RNA Typen hast du bereits kennengelernt: Die sogenannte siRNA (small interfering RNA) und die miRNA (mikro RNA). Beide sind ungefähr 20-25 Basenpaare lang.
Die siRNAs entstehen infolge einer Spaltung einer langen doppelsträngigen RNA. Diese gelangt meist von außen in den Organismus wie zum Beispiel durch eine Infektion mit einem RNA-Virus. Die RNA-Interferenz verhindert die Ausbreitung des Virus und auch die Produktion viraler Proteine. SiRNAs sind außerdem sehr stabil, weshalb sie in der Forschung bevorzugt Verwendung finden.
Die miRNAs (mikro-RNAs) hingegen werden im Zellkern selbst produziert. Dabei dient die DNA als Vorlage. Die DNA besitzt also neben dem Bauplan für Proteine auch Abschnitte, die den Bauplan von miRNAs beinhalten. Der bei der Transkription durch die DNA Polymerase entstehende RNA-Einzelstrang faltet sich anschließend zu einer „Haarnadelstruktur“. Die „Vorläufer-miRNA“ wird dann im Cytoplasma in kleinere Fragmente zerschnitten. Wie du bereits gelernt hast, ist die miRNA ein wichtiges Werkzeug zur Regulation der Genexpression.
Hierbei ist wichtig, dass du weißt, dass die miRNA nicht komplett komplementär zur Ziel mRNA sein muss. Sie hat etwas mehr „Spielraum“ und es reicht völlig aus, wenn nur ein paar Basenpaare zusammen passen. Hier kommt es außerdem meistens zu keiner mRNA Spaltung, sondern lediglich zu einer Unterdrückung der Proteinherstellung, indem die Bindung von Ribosomen verhindert wird.
RNA Interferenz Anwendung
Forscher machen sich die natürlichen Prozesse der RNA Interferenzen zu Nutze. Das funktioniert, indem sie die Sequenz des zu untersuchenden Genabschnitts (und damit auch der daraus produzierten Ziel mRNA) durch eine Sequenzierung ermitteln.
Daraufhin stellen sie eine künstliche komplementäre siRNA her, um die Proteintranslation der Ziel-mRNA zu blockieren. Das bezeichnest du auch als „Genknockdown„. Dadurch können Forscher herausfinden, welche Bedeutung das ausgeknockte Gens im Organismus besitzt. Sie wissen also jetzt, welche Abläufe nicht mehr stattfinden.
Außerdem können dadurch auch Gene, die ungewollte Eigenschaften besitzen, ausgeschaltet werden. Ein Ergebnis einer solchen Genmanipulation ist die sogenannte Anti-Matsch-Tomate. Hier wurde durch RNA-Interferenz das Gen zur Reifung ausgeschaltet. Das hat dann zur Folge, dass die Tomate nicht so schnell matschig wird und länger genießbar ist.
Auch in der Humanmedizin steht die Medikamentenentwicklung mittels RNAi in den Startlöchern, um gegen bestimmte Krebsarten oder RNA-Viren wie Ebolaviren ankämpfen zu können. Erste RNAi-Therapeutika sind bereits auf dem Markt.
CRISPR Cas
Bei Prokaryoten hingegen läuft keine RNA Interferenz ab. Hier existiert ein ähnlicher Mechanismus zum Schutz gegen das Eindringen von fremden Viren. Du bezeichnest ihn als CRISPR Cas-Methode. Wenn du wissen möchtest wie diese Methode funktioniert und was sie für eine Bedeutung für die Wissenschaft besitzt, dann ist unser Beitrag dazu genau das Richtige für dich!