Kapitalbindung
Dir ist nicht ganz klar, was der Begriff „Kapitalbindung“ aussagt und du möchtest dafür eine einfache Erklärung? In diesem Artikel wird dir genau erläutert, warum eine hohe Kapitalbindung Probleme verursacht und wie du mithilfe einer Formel die durchschnittliche Kapitalbindung berechnest.
Um das Thema schnell und anschaulich zu verstehen, sieh dir gerne unser Video an.
Inhaltsübersicht
Kapitalbindung einfach erklärt
Laut Definition wird von Kapitalbindung oder auch gebundenem Kapital gesprochen, wenn einem Unternehmen das Kapital nicht sofort zur Verfügung steht, weil es in Vermögensgegenständen, wie z.B. einer Immobilie oder einer Produktionsmaschine gebunden ist. Das Kapital liegt also nicht in liquider Form (z.B. Bargeld) vor, wodurch das Unternehmen je nach Art des Vermögensgegenstands über einen kurzen bis sehr langen Zeitraum nicht auf das Kapital zugreifen kann. Das Problem bei hoher Kapitalbindung ist, dass Eigen- und Fremdkapital verzinst werden müssen. Beispielsweise verursacht eine Kreditaufnahme (Fremdkapital) für die Anschaffung einer Maschine Zinsaufwände, die der Bank bezahlt werden müssen. Bei hoher Kapitalbindung, ist die Liquidierbarkeit des Unternehmens eingeschränkt. Daher ist es hilfreich, genügend Eigenkapital zur freien Verfügung zu haben, damit im Fall einer Investition wenig oder kein zusätzliches Fremdkapital aufgenommen werden muss. Um sich weniger abhängig von Fremdkapital zu machen, kann gebundenes Kapital in liquide Mittel umgewandelt werden. Dieser Vorgang nennt sich Kapitalfreisetzung und ist das Gegenteil von der Kapitalbindung.
Durchschnittliche Kapitalbindung
Investiert das Unternehmen in abnutzbares Anlagevermögen, wie z.B. eine Produktionsmaschine, verringert sich die Kapitalbindung im Zeitablauf. Das liegt an den Abschreibungen und an den Umsatzerlösen, die durch die Produktionsmaschine entstehen. Um die Veränderung der Kapitalbindung im zeitlichen Verlauf zu erfassen, wird oft die durchschnittliche Kapitalbindung (DKB) als betriebswirtschaftliche Kennzahl verwendet.
Kapitalbindung Formel
Zur Berechnung der durchschnittlichen Kapitalbindung lässt sich folgende Formel anwenden:
Dabei steht für den Restwert einer Investition zu Beginn eines Geschäftsjahres. steht für den Restwert einer Investition zum Ende eines Geschäftsjahres. Somit bildet die Formel einen Mittelwert über die Kapitalbindung und deren Veränderung über das Jahr.
Kapitalbindung berechnen
In der Formel wird angenommen, dass die Investition vollständig abgeschrieben wird und kein Restwert mehr verbleibt. Schauen wir uns ein Beispiel an: wir wollen zu Beginn des Geschäftsjahres eine Maschine für 10.000 Euro kaufen, die geplante Nutzungsdauer beträgt zwei Jahre. Damit wird die Maschine mit 5.000 Euro pro Jahr linear abgeschrieben . Zum Ende des ersten Geschäftsjahres beträgt der Restwert der Maschine also . Die durchschnittliche Kapitalbindung beträgt also:
Für das zweite Jahr wäre und und somit .
Kapitalbindungsdauer
Die Kapitalbindungsdauer ist die Zeit, in der das Unternehmen nicht auf das Kapital zugreifen kann. Mathematisch gesehen ist das Kapital noch gebunden, solange die Kosten der Investition die Einnahmen durch die Investition (z.B. Mieteinnahmen bei einer Immobilie) übersteigen. Das Ziel ist dabei die Kapitalbindungsdauer zu minimieren, vor allem aufgrund der oben beschriebenen Zinskosten. Dabei können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Die Just-in-time-Produktion zielt darauf ab die Kapitalbindung im Materiallager zu senken. Eine andere Möglichkeit bietet Outsourcing. Hier lagert das Unternehmen Produktionsprozesse aus und beauftragt andere Firmen damit. Beispielweise muss das Unternehmen nicht in einen Fuhrpark investieren, wenn eine Spedition die Auslieferung der Produkte übernimmt. Lean Management versucht Produktionsprozesse und Durchlaufzeiten zu verkürzen, wodurch wiederum die Kapitalbindungskosten sinken. Bei der Flugzeugproduktion wird der Produktionsprozess speziell darauf ausgelegt, teure Bauteile so spät wie (fertigungstechnisch) möglich geliefert zu bekommen und ohne hohe Wartezeiten einzubauen. Damit wird die Durchlaufzeit des Prozesses verringert und damit auch die Kapitalbindungsdauer.
Gebundenes Kapital im Umlaufvermögen
Im Umlaufvermögen ist gebundenes Kapital normalerweise von kurzfristiger Natur. Zum einen tragen Forderungen zur Erhöhung des gebundenen Kapitals bei, d.h. solange ein Kunde eine Rechnung noch nicht bezahlt hat, ist das Kapital gebunden. Wenn das Unternehmen Zahlungsziele für Kunden heruntersetzt und gleichzeitig selbst Lieferantenverbindlichkeiten erst später begleicht, wird die Kapitalbindung geringer. Zum anderen zählen die Lagerbestände zum gebundenen Kapital im Umlaufvermögen. Hier gilt ganz einfach: je größer der Lagerbestand, desto höher die Kapitalbindungskosten. Im Gegensatz zu anlagenintensiven Branchen haben Unternehmen mit schneller Lagerumschlagshäufigkeit geringere Probleme mit Kapitalbindungskosten. Just-in-time bietet die Lösung, um lange Lagerzeiten zu vermeiden.
Gebundenes Kapital im Anlagevermögen
Während sich im Umlaufvermögen die zeitliche Dimension eher in Tagen oder Wochen messen lässt, wird gebundenes Kapital im Anlagevermögen eher in mittel- bis langfristigen Zeiträumen betrachtet. In der Abschreibungstabelle wird für einen LKW zum Beispiel eine Nutzungsdauer von neun Jahren veranschlagt, in denen das Kapital gebunden ist. Neben Fahrzeugen zählen beispielsweise Grundstücke, Immobilien, Maschinen, Anlagen und Betriebsausstattung zum Anlagevermögen. Die Investitionsauszahlung wird in die Bilanz aufgenommen. Das eingesetzte Kapital auf der Passiva-Seite der Bilanz kann gesenkt werden, wenn durch geeignete Maßnahmen der Kapitalumschlag verbessert wird. Ein höherer Kapitalumschlag hat somit auch eine niedrigere Kapitalbindung zur Folge. Gebundenes Kapital spielt für junge Unternehmen eine wichtigere Rolle, da oftmals noch nicht so viel Eigenkapital vorhanden ist und außerdem zu Beginn viele Investitionen getätigt werden müssen. Hohe Kapitalbindungskosten können hier eine Gefahr für den Erfolg eines Start-Ups sein.