Oxidative Decarboxylierung
Was versteht man unter oxidativer Decarboxylierung und was hat sie mit der Zellatmung zu tun? Das erfährst du in diesem Beitrag.
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Inhaltsübersicht
Oxidative Decarboxylierung einfach erklärt
Allgemein kannst du unter oxidativer Decarboxylierung eine chemische Reaktion verstehen, die du dir gut über ihren Namen herleiten kannst. In dieser Reaktion spaltet nämlich ein Carbonsäuremolekül eine Carboxylgruppe (-COOH) oder Carboxylatgruppe (-COO–) ab. Das Molekül wird also decarboxyliert. Die Carboxylgruppe entweicht als gasförmiges Kohlenstoffdioxid (CO2) und das verbliebene Molekül wird daraufhin oxidiert .
Bei der Zellatmung in der Biologie, also den Reaktionen in unserem Körper, die uns Energie liefern, findet eine oxidative Decarboxylierung an drei Molekülen statt: bei Pyruvat aus der Glykolyse und bei Isocitrat und α-Ketoglutarat aus dem Citratzyklus. An diesen Reaktionen sind bestimmte Enzyme wie der Pyruvatdehydrogenase-Komplex beteiligt.
Die Pyruvatoxidation von Pyruvat zu Acetyl-CoA besitzt eine besondere Bedeutung im katabolen (= abbauenden) Energiestoffwechsel. Sie stellt eine Verbindung von der Glykolyse mit dem nachfolgenden Citratzyklus und der darauffolgenden Atmungskette dar. Das in der Glykolyse aus Glucose (Traubenzucker) produzierte Pyruvat enthält viel Energie, die unter sauerstoffreichen Bedingungen für uns nutzbar gemacht werden kann. Durch einen weiteren schrittweisen Abbau (=aerobe Zellatmung) von Pyruvat in den Mitochondrien kann diese Energie nun in Form des universellen Energieträgers ATP für unseren Körper bereitgestellt werden. Sie gibt dir beispielsweise die nötige Kraft beim Sport oder sorgt dafür, dass du dich in der Schule oder der Uni gut konzentrieren kannst.
Eine oxidative Decarboxylierung ist eine irreversibel ablaufende chemische Reaktion, bei der eine Carboxylgruppe (-COOH) in Form von Kohlenstoffdioxid abgespalten wird. Daraufhin erfolgt eine Oxidation des Moleküls. Ein Beispiel stellt die Umwandlung von Pyruvat zu Acetyl-CoA dar, welche die Glykolyse mit dem Citratzyklus verbindet.
Pyruvatdehydrogenase-Komplex
Im Folgenden schauen wir uns die oxidative Decarboxylierung am Beispiel der Pyruvatoxidation etwas genauer an. Hier reagiert der C3– Körper Pyruvat (Salz der Brenztraubensäure) zu einem C2– Körper namens Acetyl-Coenzym A (aktivierte Essigsäure). Dieses Molekül dient quasi als „Brennstoff“ für den Citratzyklus, da es dessen Ausgangspunkt darstellt.
Sowohl bei Eukaryoten als auch bei Prokaryoten katalysiert diese Reaktion ein aus mehreren Enzymen bestehender Enzymkomplex. Diesen Multienzymkomplex kannst du als Pyruvatdehydrogenase-Komplex (PDC) bezeichnen. Er ist bei den Eukaryoten in der mitochondrialen Matrix und bei Prokaryoten im Zytoplasma lokalisiert. Außerdem kann er bei Pflanzen in den Plastiden vorkommen. Es handelt sich übrigens um einen der größten bekannten Multienzymkomplexe.
Er ist aus 3 Enzymuntereinheiten aufgebaut, wobei jede eine Teilreaktion katalysiert. Die Untereinheiten kannst du als E1 (Pyruvatdehydrogenase), E2 (Dihydrolipoyl-Transacetylase) und E3 (Dihydrolipoyl-Dehydrogenase) bezeichnen. An den jeweiligen Untereinheiten befinden sich Zusatzstrukturen, sogenannte Cofaktoren. Sie reichen das Pyruvatmolekül quasi von Untereinheit zur Untereinheit weiter und sorgen für dessen Umwandlung.
Behalte auch im Hinterkopf, dass es sich bei der Pyruvatoxidation um eine irreversible, also nicht umkehrbare, Reaktion handelt. Acetyl-CoA kann also nicht mehr zurück zu Pyruvat reagieren.
Hemmstoffe
Ein bedeutender Hemmstoff der Pyruvatdehydrogense ist Arsen. Es wurde früher von Kammerjägern als Gift gegen Nagetiere eingesetzt. Als Inhibitor der Pyruvatdehydrogenase setzt es eine ganze Reihe an Folgereaktionen in Gange: Es kommt zunächst zu einer geringeren Acetyl-CoA Produktion. Diese wiederum sorgt für den Stopp des Citratzyklus. Das bedeutet, dass weniger ATP- Bildung stattfinden kann. Dadurch können lebenswichtige Vorgänge nicht mehr ablaufen.
Oxidative Decarboxylierung Pyruvat
Das aus der Glykolyse entstehende Pyruvatmolekül gelangt über einen aktiven, also unter Energieverbrauch ablaufenden, Transport aus dem Zytoplasma in die Mitochondrien. Im Folgenden schauen wir uns den genauen Ablauf der oxidativen Decarboxylierung von Pyruvat einmal an. Dabei solltest du im Hinterkopf behalten, dass sie nur stattfindet, wenn Luftsauerstoff vorhanden ist.
Ablauf Pyruvatoxidation
Der Ablauf der Pyruvatoxidation sieht folgendermaßen aus: In den Mitochondrien katalysiert die E1 Untereinheit des Pyruvatdehydrogenase-Komplex die Abspaltung der Carboxylatgruppe (= Decarboxylierung) unter Freisetzung von Kohlenstoffdioxid. Dadurch „verliert“ der C3– Körper Pyruvat ein Kohlenstoffatom und wir erhalten einen C2– Körper. Dieses Kohlenstoffdioxid-Molekül atmen wir übrigens über die Lunge aus oder geben es auf andere Weise an die Umwelt wieder ab.
Anschließend erfolgt eine Oxidation der OH-Gruppe des übrigen Moleküls. Das wird durch die E2-Untereinheit vermittelt. Aus der Alkoholgruppe entsteht unter Elektronenabgabe nun eine Carbonylgruppe (-C=O). Zusätzlich mit den beiden Kohlenstoffatomen kannst du diese funktionelle Gruppe auch als Acetylgruppe bezeichnen. Diese beiden Schritte stellen die oxidative Decarboxylierung dar.
Ein Teil der dabei freigesetzten Energie wird durch die Reduktion des Elektronencarrier NAD+ zu NADH „eingefangen“ und dadurch konserviert. Diese Energie wird in der Atmungskette wieder frei und in Form von chemischer Energie (ATP) gespeichert. So kann unser Körper dann die Energie aus unserer Nahrung auch nutzen.
Der andere Teil der Energie kann gespeichert werden, indem die Acetylgruppe eine Bindung mit einem anderen Molekül eingeht – dem Coenzym A. Du kannst dir darunter eine komplexe, nucleotidähnliche Verbindung vorstellen. Das entstehende Molekül kannst du als Acetyl-CoA bezeichnen. Es entspricht quasi der „aktivierten“ Form von Acetat.
Der Pyruvatdehydrogenase-Komplex veranlasst also, dass Pyruvat decarboxyliert, oxidiert und mithilfe einer Coenzym A-Gruppe aktiviert wird.
Bedeutung von Acetyl-CoA
Acetyl-CoA enthält mehr freie Energie als ein einfaches Acetat-Molekül, denn die Bindung zwischen Coenzym A und Acetyl ist sehr energiereich. Dadurch kann die Acetylgruppe leicht übertragen werden (ähnlich wie bei ATP und der Phosphatgruppe), was für den nachfolgenden Citratzyklus von großer Bedeutung ist. Er beginnt nämlich dadurch, dass sich die Acetylgruppe mit einem aus 4 Kohlenstoffatomen bestehenden Molekül (Oxalacetat) zu dem C6-Körper Citrat (Salz der Zitronensäure) verbindet.
Oxidative Decarboxylierung Bilanz
Betrachten wir zum Schluss noch die Bilanz der oxidativen Decarboxylierung am Beispiel der Pyruvatoxidation in Form einer Reaktionsgleichung:
Pyruvat + NAD+ + CoA + H+ Acetyl-CoA + NADH + CO2
Aus der Gesamtbilanz wird deutlich, dass ein Pyruvat-Molekül zu einem Acetyl-CoA, einem Molekül NADH und einem Molekül Kohlenstoffdioxid abgebaut wird. Dabei ist wichtig, dass du dir merkst, dass pro Glucosemolekül zwei Pyruvat-Moleküle und damit auch zwei Moleküle Acetyl-CoA und NADH entstehen.
Wie du bereits gelernt hast, werden die Elektronencarriermoleküle (NADH) weiter an die Atmungskette geleitet, bei der die gespeicherte Energie schlussendlich zur Herstellung von ATP verwendet wird.