Elektronegativität
Die Elektronegativität gehört zu den Eigenschaften chemischer Elemente. Was die Elektronegativität ist und wie du sie bestimmen kannst, erfährst du hier oder im Video .
Inhaltsübersicht
Was ist Elektronegativität?
Die Elektronegativität (abgekürzt: EN) ist ein relatives Maß dafür, wie stark ein Atom die Elektronen in einer chemischen Bindung zu sich ziehen kann (Pauling). Ihr Formelzeichen lautet χ (griech.: Chi).
Im Periodensystem findest du bei den meisten Elementen einen Wert für die Elektronegativität. Mithilfe der Elektronegativität kannst du die Atome in einer Bindung vergleichen. Die Differenz der Elektronegativität gibt dir Informationen über die Art der chemischen Bindung.
Elektronegativität im Periodensystem
Im Periodensystem findest du unterschiedliche Werte für die Elektronegativität der chemischen Elemente. Dabei unterscheidest du allgemein zwischen folgenden Arten von Elementen:
-
elektropositive Elemente (niedrige Elektronegativität)
–> Metalle der ersten und zweiten Hauptgruppe wie Kalium und Calcium -
elektronegative Elemente (hohe Elektronegativität)
–> Nichtmetalle, wie Fluor, Sauerstoff oder Chlor
Trend der Elektronegativität im Periodensystem
Weiterhin kannst du dir bei den Hauptgruppenelementen zwei allgemeine Trends für die Elektronegativität merken:
- im Verlauf einer Periode steigt die EN von links nach rechts.
- innerhalb einer Gruppe sinkt die EN von oben nach unten.
Die Elektronegativität nimmt in einer Gruppe von oben nach unten ab. Durch eine weitere Periode steigt der Abstand zwischen Außenelektronen und Kern. Dadurch ist die Anziehung der Elektronen zum Kern weniger stark. Somit sind sie schwächer an den Kern gebunden.
Die Elektronegativität nimmt in einer Periode von links nach rechts zu, da die Anziehungskraft des Kerns auf jedes Elektron zunimmt. Denn die Abschirmung der Elektronen steigt innerhalb einer Periode nicht in gleichem Maße an. Dadurch werden auch Bindungselektronen stärker angezogen.
Elektronegativität Definition
Das Konzept der Elektronegativität ist physikalisch nicht exakt, denn es existiert keine eindeutige Methode zur Bestimmung.
Das liegt daran, dass die Elektronegativität eines Atoms nicht isoliert betrachtet werden kann. Denn sie bezieht sich immer auf das Verhalten eines Atoms mit Einfachbindung in einem Molekül. Das bedeutet, dass die Elektronegativität eines Elements von der Art und Anzahl der Bindungspartner in einem Molekül abhängig ist.
Allerdings bietet die Elektronegativität eine Möglichkeit, Elemente zu vergleichen und beispielsweise eine Aussage über die Art der chemischen Bindung zu treffen.
Elektronegativitätswert: Skalen und Modelle
Es gibt unterschiedliche Modelle und Annahmen, um die Elektronegativität zu berechnen. Heute gibt es drei bekannte Modelle für die Elektronegativität:
- Pauling-Skala
- Mulliken-Skala
- Allred-Rochow-Skala
Daraus resultieren mehr oder weniger unterschiedliche Elektronegativitätswerte für die chemischen Elemente. Das kannst du beispielsweise bei der Elektronegativität von Sauerstoff (O) und Chlor (Cl) sehen.
Element | Pauling | Mulliken | Allred-Rochow |
Sauerstoff (O) | 3.44 | 3.21 | 3.50 |
Chlor (Cl) | 3.16 | 3.54 | 2.83 |
Elektronegativität Pauling
Linus Pauling führte 1932 als Erster ein Elektronegativitätsmodell ein. Die Pauling-Skala ist bis heute, die meist verwendete und gängigste Skala. In den meisten Periodensystemen stammt die angegebene Elektronegativität aus der Pauling-Skala. Du kannst ihn hier im Periodensystem beim jeweiligen Element in der unteren rechten Ecke finden:
Der Ausgangspunkt in Paulings Modell ist die Elektronegativitätsdifferenz zweier Atome A und B. Denn nur bei einer Differenz werden die Bindungselektronen stärker auf eine Seite gezogen.
Für die Elektronegativitätsdifferenz nach Pauling gilt folgender Zusammenhang:
Dabei sind DAB, DAA und DBB die Bindungsdissoziationsenergien der Moleküle AB, AA und BB. Die Bindungsdissoziationsenergie ist die Energie, die du brauchst, um eine chemische Bindung in ihre einzelnen Atome zu spalten. Für viele Elemente und Verbindungen sind solche Energien experimentell bestimmbar.
Weiterhin dient das Element Fluor mit der höchsten Elektronegativität (χ=3.98) im Pauling-Modell als Referenzpunkt. Denn über die Gleichung ist nur eine Differenz berechenbar. Wenn du jedoch aus der Differenz den Wert eines Atoms bestimmen willst, musst du einen Wert für die Berechnung als gegeben und fest definiert ansehen.
Die Pauling-Werte in der Literatur unterscheiden sich teilweise, weil die Bindungsdissoziationsenergien für einige Verbindungen experimentell schwierig zu bestimmen sind.
Elektronegativität Mulliken
Robert Mulliken beschrieb im Jahr 1934 die Elektronegativität mithilfe der Elektronenaffinität Eea und der Ionisierungsenergie EI. Im Mulliken-Modell kannst du die Elektronegativität berechnen, in dem du den Mittelwert der beiden Größen bildest:
Die Elektronenaffinität und die Ionisierungsenergie beschreiben einfach gesagt, wie gerne Atome Elektronen aufnehmen bzw. abgeben. Das erklären wir dir an einem kurzen Beispiel.
Fluor ist das elektronegativste Element. Das heißt für die Elektronenaffinität, dass sie hoch ist und Fluor sehr gerne ein weiteres Elektron aufnimmt. Wenn Fluor ein weiteres Elektron in seine Valenzschale aufnimmt, kommt es deshalb zu einem Energiegewinn.
Andererseits gibt Fluor sehr ungern ein Elektron ab. Das bedeutet, dass die Ionisierungsenergie ebenfalls sehr hoch ist und die Abgabe eines Elektrons mit einem Energieverlust verbunden ist.
Die Elektronegativität wird nach Mulliken in Elektronenvolt (eV) angegeben.
Elektronegativität Allred-Rochow
Das Modell von Allred-Rochow aus dem Jahr 1958 beruht darauf, dass die Elektronegativität proportional zu der elektrostatischen Anziehungskraft F in einem Atom ist. Die elektrostatische Anziehungskraft tritt dabei zwischen positiver Kernladung der Protonen und den Bindungselektronen auf.
e ist dabei die Elementarladung des Elektrons und r der Atomradius. Die effektive Kernladungszahl Zeff beschreibt die Abschirmung der Kernladung durch die inneren Elektronen. Dadurch spüren die äußeren Elektronen eine geringere elektrostatische Anziehungskraft. Du bestimmst Zeff mithilfe der Slater-Regeln.
Der Vorteil des Modells besteht darin, dass die in ihr verwendeten Größen im Gegensatz zu Pauling und Mulliken leichter zugänglicher sind. Denn bei Pauling und Mulliken ist es teilweise schwierig, die nötigen Werte experimentell bestimmen zu können.
Elektronegativität Tabelle
Hier findest du nochmal eine Übersicht der Elektronegativitäten einiger Hauptgruppenelemente im Periodensystem (Pauling-Skala).
Element | Elektronegativität |
---|---|
H | 2,2 |
Li | 0,98 |
Na | 0,93 |
K | 0,82 |
Rb |
0,82 |
Cs | 0,79 |
Fr | 0,7 |
Be | 1,57 |
Mg | 1,31 |
Ca | 1 |
Sr | 0,95 |
Ba | 0,89 |
Ra | 0,9 |
B | 2,04 |
Al | 1,61 |
Ga | 1,81 |
In | 1,78 |
Tl | 1,8 |
C | 2,55 |
Si | 1,9 |
Ge | 2,01 |
Sn | 1,96 |
Pb | 1,8 |
N | 3,04 |
P | 2,19 |
As | 2,18 |
Sb | 2,05 |
Bi | 1,9 |
O | 3,44 |
S | 2,58 |
Se | 2,55 |
Te | 2,1 |
Po | 2 |
F | 3,98 |
Cl | 3,16 |
Br | 2,96 |
I | 2,66 |
At | 2,2 |
Kr | 3,0 |
Xe | 2,6 |
Elektronegativitätsdifferenz
Die Elektronegativitätsdifferenz ist die Differenz der Elektronegativitäten von zwei Atomen in einer chemischen Bindung. Du bezeichnest die Elektronegativitätsdifferenz auch als ΔEN.
Mithilfe der Elektronegativitätsdifferenz kannst du die Art chemischen Bindung abschätzen. Denn die chemischen Bindungen unterteilst du je nach Größe von ΔEN:
- ionische Bindung: ΔEN > 1.7
- polare Bindung: 0.5<ΔEN<1.7
- unpolare Bindung: ΔEN<0.5
Die Grenze bei 1.7 solltest du jedoch nur als Richtwert sehen, da es gelegentlich Ausnahmen gibt. Zu der Elektronegativitätsdifferenz zeigen wir dir noch ein Beispiel:
- Natriumfluorid (NaF): ionische Bindung, denn ΔEN beträgt mehr als 3 (Na: 0.93, F: 3.98) und liegt damit deutlich über 1.7
Chemische Bindungen
Du weißt jetzt, was die Elektronegativität ist und kennst ihre verschiedenen Modelle. Außerdem hilft dir die Elektronegativitätsdifferenz dabei, Arten von chemischen Bindungen zu unterscheiden. Schaue dir jetzt unser Video an, um mehr darüber zu erfahren!