Beweislastumkehr
Wie Beweislastumkehr definiert ist und in welchen Rechtsbereichen das Prinzip wichtig ist, erfährst du hier im Beitrag!
Inhaltsübersicht
Beweislastumkehr einfach erklärt
Beweislast bedeutet die Verpflichtung, einen Sachverhalt im Gerichtsprozess nachzuweisen. Normalerweise hat der Kläger diese Aufgabe. Denn grundsätzlich gilt: Jeder ist so lange unschuldig, bis ihm eine Schuld nachgewiesen werden kann.
Beweislastumkehr ist der Wechsel dieser Pflicht zum Beklagten. Das heißt, jetzt muss der Beklagte seine Unschuld beweisen.
In Deutschland ist diese Regelung zum Beispiel im Vertragsrecht gültig: Bei Klage des Käufers muss unter Umständen der Verkäufer beweisen, dass sein Produkt bei Verkauf keine Mängel hatte.
Grundlagen der Beweislastumkehr
Die Beweislastumkehr ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, im Vertragsrecht speziell § 477 BGB. Auch in anderen Gesetzen wie dem Produkthaftungsgesetz findet sie Anwendung.
Historisch wurde die Beweislastumkehr eingeführt, um das Machtungleichgewicht zwischen Parteien auszugleichen, etwa zwischen Verbraucher und Unternehmer. Das Ziel ist, den schwächeren Teil zu schützen, indem die Beweispflicht auf den stärkeren Teil übertragen wird.
Beweislastumkehr im Verbrauchsgüterkauf
Die Beweislastumkehr ist besonders wichtig im Verbrauchsgüterkauf. Damit ist der Kauf von beweglichen Sachen durch Verbraucher von Unternehmern gemeint. Zum Beispiel, wenn ein Verbraucher einen neuen Laptop kauft. Die Beweislastumkehr ist in diesem Kontext unter § 477 BGB festgelegt.
Tritt innerhalb der ersten zwölf Monate nach dem Kauf ein Produktmangel auf, liegt die Beweislast automatisch beim Verkäufer. Das Gesetz entscheidet an dieser Stelle also zugunsten des Verbrauchers.
Gut zu wissen: Statt von „Kauf“ spricht das Gesetz von „Gefahrenübergang”. Damit ist der Moment gemeint, in dem die Ware vom Verkäufer an den Käufer übergeben wird.
Kauft der Verbraucher beispielsweise einen Laptop und entdeckt nach drei Monaten einen Defekt, muss der Verkäufer beweisen, dass das Gerät ursprünglich fehlerfrei war.
Wenn ein Produkt direkt aus der Originalverpackung defekt ist, kann das als Indiz für einen Sachmangel dienen. Das erleichtert die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen erheblich.
Gut zu wissen: Ein Sachmangel und Verschleiß sind zwei verschiedene Dinge. Ein Sachmangel ist ein Defekt, der schon bei Übergabe der Ware existiert. Verschleiß tritt durch normale Nutzung im Laufe der Zeit auf.
Beweislastumkehr in der Arzthaftung
Im Bereich der Arzthaftung liegt die Beweislast zunächst beim Kläger. Der Patient muss zeigen, dass ein Behandlungsfehler des Arztes den erlittenen Schaden verursacht hat. Das ist oft schwer, weil die menschliche Physiologie kompliziert ist. Kausalität zwischen Behandlung und körperlichem Schaden ist deshalb nicht immer leicht zu zeigen.
Ein grober Behandlungsfehler kann die Lage jedoch ändern. Wenn so ein Fehler nachgewiesen werden kann, kommt es zur Beweislastumkehr. Das heißt, der Arzt muss seine Unschuld beweisen. Ein solcher Fehler liegt vor, wenn der Arzt gegen anerkannte medizinische Regeln verstößt.
Neben der Beweislastumkehr gibt es auch Beweiserleichterungen. Diese können eintreten, wenn Dokumente manipuliert oder vernichtet wurden. Auch bei der Verwendung fehlerhafter medizinischer Geräte oder unterlassener Befunderhebung wird die Beweislast oft umgekehrt.
Die aktuelle Rechtsprechung bietet noch weitere Ansatzpunkte für eine Beweislastumkehr. Typische Beispiele sind Medikationsfehler oder die Übertragung von Keimen in kontrollierbaren Bereichen.
Beweislastumkehr in der Pflege
In der Pflege spielt die Beweislastumkehr oft eine wichtige Rolle, wenn es um Pflegefehler geht. Normalerweise muss der Pflegebedürftige nachweisen, dass der Pfleger einen Fehler gemacht hat. Wenn jedoch grobe Fahrlässigkeit vorliegt, tritt eine Beweislastumkehr ein.
Ein Pflegebedürftiger erleidet einen Sturz, weil die Seitensicherung seines Bettes nicht hochgestellt wurde. In diesem Fall könnte es zur Beweislastumkehr kommen, und die Pflegeeinrichtung müsste ihre Unschuld beweisen.
Beweislastumkehr — häufigste Fragen
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Was bedeutet Beweislastumkehr im Verbrauchsgüterkauf?
Im Verbrauchsgüterkauf liegt nach § 477 BGB die Beweislast für einen Produktmangel innerhalb der ersten zwölf Monate beim Verkäufer. Das heißt, der Verkäufer muss beweisen, dass das Produkt bei Übergabe fehlerfrei war.
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Wann tritt Beweislastumkehr in der Arzthaftung ein?
In der Arzthaftung tritt Beweislastumkehr ein, wenn der Patient einen groben Behandlungsfehler nachweisen kann. In diesem Fall muss der Arzt seine Unschuld beweisen.
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Wie lange gilt die Beweislastumkehr?
Die Beweislastumkehr im Verbrauchsgüterkauf gilt innerhalb der ersten zwölf Monate nach dem Kauf. In diesem Zeitraum muss der Verkäufer beweisen, dass das Produkt bei Übergabe keine Mängel hatte.
Sachmangel
Die Beweislastumkehr spielt vor allem dann eine große Rolle, wenn gekaufte Produkte Mängel aufweisen. Alles Wichtige zum Sachmangel findest du in unserem Video dazu.