Fahrlässigkeit
Wann sprichst du von Fahrlässigkeit und was bedeutet fahrlässig eigentlich? Alles zur Definition von Fahrlässigkeit im Strafrecht und Zivilrecht erfährst du hier und im Video !
Inhaltsübersicht
Fahrlässigkeit einfach erklärt
Fahrlässigkeit bedeutet, dass du in einer Situation nicht die „erforderliche Sorgfalt“ (§ 276 BGB) zeigst. Du handelst also fahrlässig, wenn du nicht so aufmerksam und vorsichtig bist, wie es in der Situation angebracht wäre.
Beispiel: Du bist im Straßenverkehr durch das Radio abgelenkt und baust deshalb einen Unfall. Du hast dann fahrlässig gehandelt, weil du dich im Straßenverkehr eigentlich konzentrieren solltest und das nicht gemacht hast.
Du hast den Unfall dann zwar fahrlässig verursacht, aber nicht absichtlich. Wenn du etwas absichtlich tust (z.B. einen Apfel im Supermarkt klaust), sprichst du dagegen von Vorsatz und nicht von Fahrlässigkeit.
Umgangssprachlich heißt Fahrlässigkeit, dass du unvorsichtig, verantwortungslos und unachtsam handelst. Du gehst bei einer fahrlässigen Handlung also ohne die in der Situation gebotene Vorsicht vor.
Jetzt kennst du die Definition von Fahrlässigkeit. Im Zivilrecht und im Strafrecht hat fahrlässiges Handeln leicht unterschiedliche Bedeutungen. Schau sie dir gleich an!
Fahrlässigkeit im Zivilrecht
Im Zivilrecht sprichst du von Fahrlässigkeit, wenn du nicht so sorgfältig und aufmerksam handelst, wie man es von einer Person in deiner Situation erwarten könnte. Das Gesetz nennt das die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt“ (§ 276 II BGB). Außerdem musst du:
- vorhersehen können, dass deine Handlung bestimmte negative Folgen haben könnte
- in der Situation überhaupt anders handeln können
- die Folgen deiner Handlung nicht absichtlich wollen
Beispiel: Du fährst mit dem Auto und bist durch die Musik im Radio abgelenkt. Deshalb rammst du ein anderes Auto und verursachst einen Schaden.
Von dir als Autofahrer kann man erwarten, dass du dich auf den Straßenverkehr konzentrierst. Außerdem hättest du wissen können, dass die Ablenkung durch die Musik zu Unfällen führen kann. Du hättest du Musik ausmachen können. Trotzdem hast du den Schaden an dem anderen Auto natürlich nicht absichtlich verursacht. Du hast also fahrlässig gehandelt.
Grundsätzlich musst du im Zivilrecht die Konsequenzen deines Handelns tragen (§ 276 I BGB) — egal, ob du vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hast. Der andere Autofahrer kann deshalb zum Beispiel Schadensersatz oder Schmerzensgeld von dir verlangen.
Das Gesetz (§ 276 II BGB) definiert fahrlässiges Handeln so:
„Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.“
„Verkehr“ bezieht sich hier nicht auf den Straßenverkehr, sondern auf alle möglichen Handlungen.
Was genau ist die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt“?
Wie viel Sorgfalt man von dir in einer Situation erwarten kann, hängt davon ab, wie viel Sorgfalt von einer Person in deiner Situation (dein Alter, Lebensumfeld, Beruf, …) normalerweise zu erwarten wäre.
Beispiel: Arbeitest du zum Beispiel als Chemielaborant, dann kann man von dir erwarten, dass du weißt, welche Chemikalien giftig sind und du entsprechend sorgfältig damit umgehst.
Individuelle Faktoren werden dabei nicht berücksichtigt. Im Zivielrecht sprichst du deshalb immer von einem objektiven Fahrlässigkeitsmaßstab.
Beispiel: Wenn du dich aufgrund starker Kopfschmerzen nicht konzentrieren kannst und deshalb Chemikalien verwechselst, handelst du trotzdem fahrlässig. Denn als Chemielaborant kann man von dir Sorgfalt im Umgang mit Chemikalien allgemein erwarten. Deine individuellen Umstände (Kopfschmerzen) sind dabei nicht relevant.
Einfache und grobe Fahrlässigkeit
Du unterscheidest im Zivilrecht zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit:
- einfache Fahrlässigkeit: Sie liegt vor, wenn du die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hast.
- grobe Fahrlässigkeit: Hierfür gibt es im Gesetz keine genaue Definition. Du sprichst von grober Fahrlässigkeit, wenn du die im Verkehr erforderliche Sorgfalt besonders stark außer Acht gelassen hast.
Fahrlässigkeit bedeutet, dass du in einer Situation nicht die objektiv angemessene Sorgfalt und Aufmerksamkeit aufbringst. Bist du besonders unvorsichtig, dann sprichst du von grober Fahrlässigkeit.
Beispiele: Unfall wegen…
- zu hoher Geschwindigkeit
- Überfahren einer roten Ampel
- Ablenkung durch dein Handy
Übrigens: Im Arbeitsrecht unterteilst du die einfache Fahrlässigkeit nochmal in mittlere Fahrlässigkeit und leichteste Fahrlässigkeit.
Fahrlässigkeit im Strafrecht
Grundsätzlich kannst du für eine fahrlässige Handlung nur dann bestraft werden, wenn das im Gesetz explizit so steht (§ 15 StGB). Das ist beispielsweise bei fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) und fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) der Fall. Du erfüllst also einen sogenannten Tatbestand , zum Beispiel die Tatbestandsmerkmale für Körperverletzung, auch wenn du niemanden absichtlich verletzen wolltest. Eine fahrlässige Sachbeschädigung dagegen ist nicht strafbar.
Die Definition der Fahrlässigkeit im Strafrecht ist ähnlich wie im Zivilrecht. Du musst also auch hier die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzen und die negativen Folgen deines Handelns vorhersehen können. Allerdings wendet man im Strafrecht nicht nur den objektiven Fahrlässigkeitsmaßstab an, sondern berücksichtigt auch individuelle (subjektive) Faktoren des Täters, zum Beispiel sein individuelles Wissen und seine Fähigkeiten.
Beispiel: Du bist Chemielaborant und verwechselst aufgrund deiner Kopfschmerzen im Labor zwei Chemikalien. Dadurch wird dein Kollege verletzt. Ein Richter berücksichtigt dann in der Regel deine individuelle Situation (Kopfschmerzen), wenn er beurteilt, ob es sich um eine fahrlässige Körperverletzung handelt.
Bewusste und unbewusste Fahrlässigkeit
Du unterscheidest im Strafrecht zwischen bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit:
- Unbewusste Fahrlässigkeit: Hier begehst du eine strafbare Handlung, ohne dass es dir bewusst ist. Aufgrund deiner Kenntnisse und deiner Fähigkeiten hättest du das aber wissen können — du hast nur in dem Moment nicht daran gedacht.
- Bewusste Fahrlässigkeit: Hier begehst du eine Handlung und hoffst, dass eine negative Folge nicht eintrifft. Dir ist aber bewusst, dass sie eintreten könnte.
Ob bewusstes oder unbewusstes fahrlässiges Handeln vorliegt, beeinflusst vor Gericht die Höhe der Strafe.
Stell dir vor, du hörst im Auto deine Lieblingsband, obwohl du weißt, dass dich das ablenkt.
- Beim Eventualvorsatz nimmst du die negativen Folgen deiner Handlung billigend in Kauf. Du sagst dir also: „Und wenn ich einen Unfall baue, dann ist mir das auch egal!“.
- Bei der bewussten Fahrlässigkeit hoffst du darauf, dass die negativen Folgen nicht eintreten. Du sagst dir: „Es wird schon gut gehen!“
Der Unterschied ist also deine Einstellung. Sie ist aber wichtig, denn ein Eventualvorsatz ist kein fahrlässiges Handeln mehr! Verletzt du dann beispielsweise jemanden, ist das eine vorsätzliche Körperverletzung.
Übrigens: Handelst du besonders fahrlässig, so kannst du auch von einer Leichtfertigkeit sprechen. Leichtfertiges Verhalten grenzt dabei aber schon fast an Vorsatz.
Versicherungen prüfen oft, ob du einen Schaden vorsätzlich verursacht hast. In manchen Fällen muss die Versicherung dann nämlich nicht zahlen.
Tatbestand
Super! Jetzt kennst du die Bedeutung von fahrlässig und weißt alles über fahrlässiges Handeln! Ob fahrlässig oder vorsätzlich — damit deine Handlung rechtliche Folgen haben kann, muss ein entsprechender Tatbestand erfüllt sein. Schau dir gleich an, was das genau ist!