Das Stufenmodell von Jean Piaget teilt die geistige Entwicklung von Kindern in vier aufeinander aufbauende Entwicklungsstufen ein. Näheres zum Stufenmodell, den einzelnen Entwicklungsstufen und der Bewertung des Modells findest du hier und in unserem Video .

Inhaltsübersicht

Piaget Stufenmodell einfach erklärt

Im Piaget Stufenmodell gibt es vier Entwicklungsstufen der kognitiven Entwicklung eines Kindes, die aufeinander aufbauen:

  • die sensomotorische Stufe,
  • die präoperationale Stufe,
  • die Stufe der konkreten Operation und
  • die formaloperationale Stufe. 

Eine Phase muss abgeschlossen werden, damit die nächste angefangen werden kann.

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Piaget Stufenmodell

Piaget betont bei seinem Stufenmodell, dass…

  • … die Übergänge von Stufe zu Stufe individuell unterschiedlich sind (auch wenn Angaben zum Alter gemacht werden).
  • … die Phasen in jeder Kultur vorkommen und daher kulturunabhängig sind.
  • … seine Entwicklungsstufen universell sind, da jedes Kind die Phasen durchläuft.
  • … die vierte Stufe keine Altersbegrenzung hat, da der Mensch sein Leben lang dazu lernt.

Piaget kognitive Entwicklung

Piagets umfassende Theorie zur kognitiven Entwicklung beschäftigt sich mit der Natur und Entwicklung der menschlichen Intelligenz und wird in dem Piaget Stufenmodell zusammengefasst.

Die kognitiven Entwicklung meint die Entwicklung der Funktionen, wie zum Beispiel Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Kreativität. Diese Fähigkeiten erlauben es uns Menschen uns selbst und unsere Umwelt (Gegenstände und Personen) zu erkennen und zu erfassen.

💡Merke: In der Psychologie wird kognitive Entwicklung auch als geistige Entwicklung, intellektuelle Entwicklung oder der Intelligenzentwicklung bezeichnet.

Grundannahmen

Laut Piaget haben alle zwei Tendenzen:

  • Adaption: angeborene Tendenz, sich der Umwelt anzupassen.
    Das geschieht über zwei sich ergänzende Prozesse: Assimilation und Akkommodation, die im Gleichgewicht sein müssen (Äquilibritation).

  • Organisation: angeborene Tendenz, die psychologischen und physischen Strukturen in zusammenhängende Systeme (Schema) zu organisieren und zu integrieren.

Die Bedeutung der Begriffe mit Beispielen findest du in der folgenden Tabelle:

Bezeichnung Bedeutung Beschreibung Beispiel
Schema
Wissens- und Verhaltensmuster
Organisation von Objekten und Ereignissen in Kategorien nach (individuell) logischem Zusammenhang. Kind lernt Schema für Laufen, Hinlegen, Bücken, Essen.
Ist das Schema erlernt, kann es ohne groß darüber nachzudenken ausgeführt werden.
Assimilation Verallgemeinerung Eingliederung neuer Erfahrungen in bereits bestehendes Schema. Kind weiß wie es Apfel isst.

Assimilation: Kind kann auch eine Birne essen.
Akkommodation Erweiterung Erweiterung eines Schemas anhand Situation, die mit dem vorhandenen Schema nicht überwunden werden kann. Kind weiß wie es Apfel isst.
Kind versucht in Holzapfel (Spielzeug) zu beißen. Es merkt, dass es nicht abbeißen kann.

Akkommodation: Schema „Apfel essen“ muss erweitert werden: z. B. mit „Apfel ist nicht blau, Apfel ist nicht aus Holz“.

Eine weitere Akkommodation wäre:
Es gibt Äpfel zum Essen und (Holz-)Äpfel zum Spielen.
Adaption
Anpassung Anpassung erfolgt über Assimilation und Akkommodation. Assimilation und Akkommodation sind Formen der Anpassung (Adaption) des Individuums an seine Umwelt.
  Die Prozesse der Assimilation und Akkommodation laufen stets parallel ab.
Äquilibration Gleichgewichtsstreben Gleichgewicht zwischen Assimilation und Akkommodation. Durch das Streben nach Gleichgewicht zwischen Assimilation und Akkommodation entstehen immer stabilere Strukturen des Verstehens. Das Kind baut immer komplexere Schemata auf.

Einflussfaktoren

Laut Piaget haben bei der kognitiven Entwicklung vier Faktoren Einfluss auf die kognitive Entwicklung:

  • 📈 Reifung
  • 🤸‍♀️ Aktive Erfahrung
  • 💬 Soziale Interaktion
  • ⚖ Streben nach Gleichgewicht.

Für das Piaget Stufenmodell sind folgende Annahmen grundlegend.

Piaget Entwicklungsstufen

Piaget geht in seinem Stufenmodell davon aus, dass die kognitive Entwicklung kontinuierlich ist. Sie erfolgt dennoch in vier aufeinander aufbauenden Stufen, die nacheinander durchlaufen werden.

Der Aufbau komplexer Schemata setzt voraus, dass einfache Strukturen bereits vorhanden sind, die neu organisiert und erweitert werden können. Erreicht das Kind eine höhere Stufe, verfügt es über alle bisher erlernten Schemata der vorherigen Stufe(n) (= Integrativität).

1. Phase: Sensomotorische Phase

Alter: 0 – 2 Jahre

→ Das Kind lernt den Ansatz aller Strukturen des Erkennens durch:

  • seine Sinne (senso) und seine
  • Bewegung (motorik).

Merkmale der sensomotorischen Phase:

Egozentrismus und Reflexe Zu Beginn ist der Säugling ganz auf den eigenen Körper zentriert (egozentrisch) und verfügt nur über die angeborenen Reflexe (zum Beispiel: Saug-, Schluck-, Greifreflex). 
Wahrnehmung der Umwelt
Das Kind kann noch nicht zwischen sich selbst (Subjekt) und der Umwelt (Objekte) unterschieden.
Objektpermanenz Ein wichtiger Schritt ist die Entwicklung der Objektpermanenz: Das Kind lernt, dass Dinge auch da sind, wenn es sie nicht sieht.
Stufen innerhalb der Phase
  1. angeborene Reflexmechanismen (zum Beispiel Schlucken und Saugen),
  2. primäre Kreisreaktionen (zufällige Kombination aus Reflexen),
  3. sekundäre Kreisreaktionen (Reaktion auf äußere Reize, Versuch auf Umgebung einzuwirken),
  4. intentionales Verhalten (zielgerichtetes Verhalten),
  5. tertiäre Kreisreaktionen (gerichtetes Tasten, Gebrauch von Hilfsmitteln) und der
  6. Übergang zur nächsten Phase (Bewegungen und deren Auswirkungen können bedacht werden).

2. Stufe: Präoperationale Phase

Alter 2 – 7 Jahre

→ Die präoperationale Phase gliedert sich in:

  • das symbolische, vorbegriffliche Denken (2 – 4 Jahre) und
  • das anschauliche Denken (4 – 7 Jahre).

Merkmale der präoperationalen Phase:

Egozentrismus Das Kind geht davon aus, dass andere Menschen die Welt genauso wie sie sehen. Daher ist es für das Kind logisch, dass die eigene Ansicht die einzig mögliche und einzig richtige ist. Das Kind kann sich zudem nicht in andere Menschen hineinversetzen, da diese laut dem kindlichen Denken dasselbe fühlen, denken, wünschen.
Sprachfähigkeit Der Erwerb der Sprachfähigkeit ist zentral.
Logische Irrtümer Das kindliche Denken wird mehr von der Wahrnehmung als von der Logik beherrscht und beinhaltet viele „logische Irrtümer“ (beispielhaftes Denkmuster: Ein Junge wird zum Mädchen, wenn er mit Mädchen-Spielsachen spielt.).
Antrhopomorphismus (Vermenschlichung) Das Kind gibt Gegenständen menschliche Eigenschaften. Es haut sich zum Beispiel an einem Tisch an und denkt der Tisch ist böse, da er im Weg stand.
Magisches Denken Kinder nutzen ihre Fantasie und vermischen diese oft mit der Realität.
Animismus Das Kind hält unbelebte Dinge (Bilder und Träume) für real und lebendig.
Zentrierung Kinder achten bei Aufgaben oft nur auf ein Merkmal, nicht auf den Gesamtüberblick.
Experiment:
Umschüttaufgabe
Die Flüssigkeit aus einem breiten Glas wird in ein schmales, hohes Glas geschüttet. Das Kind denkt, die Flüssigkeit ist mehr geworden, da das zweite Gefäß höher befüllt ist.

3. Phase: Konkrete Operationen

Alter 7 – 11 Jahre
→ Das Kind kann zunehmend logisch Denken.
Merkmale der Phase der konkreten Operationen:
Logisches Denken Kind kann in Gedanken mit Objekten umgehen, wenn es vorher schon damit konkret gehandelt hat (Kind kann in Gedanken einen Würfel werfen, wenn es vorher schon mal einen Würfel geworfen hat).
Dezentrierung Das Kind kann sich in andere Menschen hineinversetzen.
Räumliches Denken Seite eines Würfels ist nicht sichtbar, Kind weiß aber welche Ziffer darauf ist.
Experiment: Umschüttaufgabe Die Flüssigkeit aus einem breiten Glas wird in ein schmales, hohes Glas geschüttet. Das Kind weiß, dass die Flüssigkeit nicht mehr geworden ist.
Invarianz Kind versteht, dass gewissen Eigenschaften eines Obejktes konstant sind (Beispiel Umschüttaufgabe: Menge des Wassers bleibt gleich, wenn nichts hinzugefügt oder weggenommen wird).
 Besonderheiten

Es werden unterschieden:

  • Dezentrierung (weniger egozentrische Wahrnehmung),
  • Reversibilität (Umkehrbarkeit gedanklicher Operationen),
  • Invarianzkonzept (Erkenntnis, dass einige Eigenschaften von Objekten konstant sind; siehe Umschüttaufgabe),
  • Seriation (Fähigkeit, mehrere Objekte nach einem bestimmten Merkmal zu ordnen) und
  • Klassifikation (Fähigkeit, eine Gruppe von Objekten nach einem bestimmten Merkmal zusammenzufassen).

4. Phase: Formale Operationen

Alter ab 12 Jahren

Alle Fähigkeiten zur Erfassung der Umwelt wurden erlernt.

Die höchste Form des logischen Denkens wird erreicht:

  • Mit abstrakten Inhalten wie Hypothesen kann gedanklich umgegangen werden.
  • Probleme können theoretisch analysiert werden.
  • Fragestellungen können systematisch durchdacht werden.
  • Logische Schlussfolgerungen sind möglich.

Piaget Stufenmodell – Bewertung

Piaget hat mit seinem Stufenmodell der Intelligenzentwicklung die damaligen Sichtweisen der Entwicklungspsychologie erweitert, da er die Kognition  in den Fokus rückte und neue Erkenntnisse gewann.

Durch die Anwendung vieler und verschiedener Methoden hat Piaget viele Informationen gesammelt und eine breite Basis für seine Theorie geschaffen.

Außerdem vereinte Piaget in seiner Theorie die Disziplinen Pädagogik, Psychologie und Philosophie.

An Piagets Stufenmodell wurden allerdings auch seine Methodik sowie die Einteilung der kognitiven Entwicklung in verschiedene Stufen kritisiert. Einzelne Kritikpunkte findest du hier aufgelistet.

Kritik an Piagets Methode

  • Piaget hat viele verschiedene Methoden verwendet (Beobachtungen, Experimente, Texts etc.)
  • Piagets Methoden gelten oft als „zu unwissenschaftlich“, da er lange mit seinen eigenen Kindern gearbeitet hat.
  • In Experimenten waren die Aufgaben für die Kinder manchmal zu abstrakt.

Kritik an Piagets Stufenmodell

  • Piagets Entwicklungsstufen sind starr und nicht variabel verschiebbar.
  • Die kognitive Entwicklung der Kinder erfolgt schneller als Piaget sie in seinen experimentellen Studien aufgezeigt hat.
  • Es konnte in Experimenten mit einer kindgerechten Aufarbeitung der Aufgaben gezeigt werden, dass Kinder Fähigkeiten aus der dritten Stufe hatten, obwohl sie die zweite Stufe noch nicht gänzlich abgeschlossen hatten.
  • Die kognitive Entwicklung der Kinder ist sehr individuell, was die Universalität Piagets Stufenmodells infrage stellt.
  • Soziale, gesellschaftliche, kulturelle Einflüsse auf die kognitive Entwicklung wurden nicht ausreichend berücksichtigt.
  • Bildet die formaloperationale Stufe überhaupt den Abschluss der kognitiven Entwicklung eines Menschen?
  • Kann durch Piagets Fokus auf mathematisch-logische und physikalische Problemstellungen eine weitere Stufe der kognitiven Entwicklung übersehen worden sein?
  • Können alle Menschen die vierte Stufe erreichen?

Piagets Stufenmodell und die Sprachentwicklung

Wie du siehst, ist es für viele Phasen von Piagets Stufenmodell ganz entscheidend, dass das Kind gelernt hat, sich durch Sprache auszudrücken.

Alles rund um die Sprachentwicklung von Kindern erfährst du in diesem Video !

Zum Video: Sprachentwicklung Kind
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