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Viele Kindergärten und Kitas werden nach dem Situationsansatz geführt. Was das bedeutet und wie das in der Praxis aussehen kann, erfährst du in diesem Beitrag und in unserem Video !

Quiz zum Thema Situationsansatz
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Inhaltsübersicht

Situationsansatz einfach erklärt

Beim Situationsansatz steht das Kind im Mittelpunkt. Die Erzieher tauchen dafür in die Lebenswelt des Kindes ein und richten sich nach den aktuellen Bedürfnissen, Ideen und Interessen der Kinder. Sogenannte „Schlüsselsituationen“ werden aus dem Alltag aufgegriffen und zum Lernen verwendet. 

Beispiel: In einer Kita haben die Kinder im Garten einen Igel entdeckt. Die Erzieher erklären, dass der Igel vor dem Winterschlaf noch ganz viel essen muss. Jeden Tag dürfen andere Kinder den Igel füttern.

Das Lernen erfolgt anhand der Situation: Die Kinder lernen spielerisch Neues über den Igel. Sie können dabei Verantwortung übernehmen und neue Kompetenzen erlernen.

Denn ein Hauptziel des Situationsansatzes ist es, die Selbstständigkeit der Kinder zu fördern.

Wie entstand der Situationsansatz?

In den 1970er Jahren war vielen Eltern der Zweite Weltkrieg noch gut im Gedächtnis. Die zu Kriegszeiten vorherrschende strenge Autorität betrachteten viele deshalb als veraltet und schlecht. So entstand der Situationsansatz als Gegenentwurf zum autoritären Erziehungsstil .

Außerdem brachte das Wirtschaftswachstum neue Ideen und Aufschwung. Der Situationsansatz sollte dabei dafür sorgen, dass Deutschland mit dem technologischen Fortschritt der anderen Länder mithalten konnte.

Der Situationsansatz Gründer Jürgen Zimmer sah das neue pädagogische Konzept als eine „Einladung, sich mit Kindern auf das Leben einzulassen“. Er stellte eine neue Art des Lernens im Kindesalter dar und war somit wichtig für die Weiterentwicklung der Elementarpädagogik.

Der Situationsansatz konnte dabei ein Verständnis für die Lebenswelt der Kinder in ihrem individuellen, sozialen System schaffen. Deshalb nahmen viele Kitas und Kindergärten den Situationsansatz in ihr Erziehungskonzept auf.

Die fünf theoretischen Dimensionen des Situationsansatzes

Der Situationsansatz ist dabei kein fixer Rahmen sondern eher eine Philosophie. Er orientiert sich an 5 Dimensionen:

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Die 5 Dimensionen des Situationsansatzes
  • Lebensweltorientierung
  • Bildung
  • Partizipation
  • Gleichheit und Differenzierung
  • Einheit von Inhalt und Form

Die Lebensweltorientierung setzt voraus, dass die Erzieher sich auf das Kind einlassen. Im Situationsansatz nutzen Betreuer Gespräche und Beobachtungen, um Aspekte der kindlichen Lebenswelt zu erfassen. Das können zum Beispiel die familiäre Situation, neue Interessen oder Gefühle des Kindes sein.

Die Bildung beschreibt nicht die Vermittlung von Wissen wie in der Schule. Im Situationsansatz können Lerninhalte aus den verschiedensten Bereichen interessant werden — zum Beispiel Dinge wie Sozialverhalten, nicht bei rot über die Ampel zu gehen oder Tiergeräusche zu lernen.

Partizipation bezieht sich im Situationsansatz auf das Begegnen von Kindern und Erwachsenen auf Augenhöhe. Kinder dürfen Entscheidungen aktiv mitgestalten. Sie müssen dabei aber auch Regeln und Grenzen einhalten.

Der Punkt Gleichheit und Differenzierung berücksichtigt die Individualität jedes Kindes. Nicht alle Angebote sind für jedes Kind gleich interessant. Die Erzieher passen ihre Themen und Spiele deswegen an die Kinder an.

Die Einheit von Inhalt und Form fordert im Situationsansatz, dass sich auch die Kita als Einrichtung an die aktuelle Situation anpasst. Erzieher müssen sich zum Beispiel jedes Jahr auf neue Kinder einlassen. Das kann Dinge, wie die Kommunikation mit den Eltern oder auch im Team verändern. Außerdem muss vielleicht neues Spielzeug angeschafft werden. Solche Dinge beeinflussen wiederum die Finanzsituation der Kita. Die Organisation als Ganzes und die jeweiligen Mitarbeiter müssen daher jederzeit flexibel reagieren können. Dabei können Fort- und Weiterbildungen helfen.

Situationsansatz Kita: Lernen durch Schlüsselsituationen

Wie die Dimensionen in den einzelnen Kitas gelebt werden, kann sehr unterschiedlich sein.

Allen gemeinsam ist allerdings das Lernen durch Schlüsselsituationen. Durch die genaue Beobachtung der Kinder erkennen Erzieher Situationen, die sich zum Lernen eignen. Dabei hilft die Lebensweltorientierung.

Das können Erlebnisse in der Kita sein, wie das Entdecken eines neuen Spielzeugs. Genauso können es Ereignisse zuhause sein, wie die Geburt eines Geschwisterkindes.

Außerdem können Schlüsselsituationen nur ein Kind betreffen, zum Beispiel seinen Geburtstag. Sie können aber auch für mehrere Kinder besonders sein, beispielsweise der anstehende Schuleintritt. Der Situationsansatz geht auch hier auf die Individualität der Kinder ein — ganz nach dem Prinzip der Gleichheit und Differenzierung.

Die Neugierde der Kinder wird genutzt und das Lernen (also die Bildung) erfolgt ganz natürlich. Die Kinder dürfen mitentscheiden, was sie lernen wollen (Partizipation).  

Außerdem dürfen die Kinder zum Beispiel ihre Kitaräume mitgestalten. Das entspricht dem Sinn der Einheit von Inhalt und Form.

Situationsansatz Kita: Wie sieht das in der Praxis aus?

Die 5 Dimensionen lassen sich ganz leicht in Kitas integrieren. Die Möglichkeiten in der Praxis sind dabei praktisch grenzenlos. Hier sind einige Beispiele, wie das konkret aussehen kann:

Situationsansatz Beispiel 1:

Schlüsselsituation: Sarah darf an Maries Geburtstag keinen Kuchen essen. Die Kinder verstehen nicht, wieso.

  • Lerninhalt: Die Erzieher erklären, dass manche Kinder Allergien und Unverträglichkeiten haben. Das heißt, dass es ihnen ganz schlecht geht, wenn sie bestimmte Sachen essen. 
  • Anwendung: Die Kinder backen am nächsten Tag einen Kuchen, den auch die Sarah essen darf! Der hat nämlich keine Nüsse drin.

 Situationsansatz Beispiel 2:

Schlüsselsituation: Der Herbst beginnt. Der kleine Max fragt, wieso die Blätter eigentlich bunt werden.

  • Lerninhalt: Die Erzieher erzählen über die Jahreszeiten und wieso die Bäume ihre Blätter verlieren.
  • Anwendung: Im Garten sammeln die Kinder Blätter ein. Die dürfen sie dann bemalen. Auf einem großen Papier entsteht ein gemeinsames Blätterdruck-Kunstwerk zum Thema Herbst.

Situationsansatz Beispiel 3:

Schlüsselsituation: Immer mehr Eltern arbeiten im Homeoffice. Die Kinder spielen Büro.

  • Lerninhalt: Die Erzieher erklären, dass manche Arbeiten auch von daheim erledigt werden können. Für andere muss man wo hin gehen, wie zum Beispiel in die Kita.
  • Anwendung: Die Kinder kriegen ihr eigenes Homeoffice! Da steht eine alte Tastatur, ein altes Telefon, eine Aktentasche und sogar eine Kaffee Tasse. So können sie Eltern spielen.

Die Schlüsselsituationen können also sehr unterschiedlich aussehen. Entsprechend reagieren auch die Erzieher flexibel. Das ist einer der Hauptkritikpunkte am Situationsansatz: Denn letztendlich stehen immer nur einzelne Projekte im Vordergrund.

Der Tag in der Kita ist somit immer bestimmt durch aktuelle Situationen und die Bedürfnisse der Kinder. Erzieher können sich dabei an einigen konzeptionellen Grundsätzen orientieren.

Die 16 Grundannahmen des Situationsansatzes

  1. Berücksichtigen der sozialen und kulturellen Lebenssituationen der Kinder und ihrer Familien
  2. Herausfinden von Schlüsselsituationen durch Gespräche und Beobachtung 
  3. Einschätzen von individuellen Fähigkeiten und Interessen der Kinder  
  4. Unterstützen in der geschlechterspezifischen Identitätsentwicklung und Ablehnung stereotypischer Rollenzuweisungen
  5. Anregen der Fantasie und Entfaltung im Spiel
  6. Fördern des Voneinander-Lernens von älteren und jüngeren Kindern 
  7. Fördern der Selbstständigkeit durch Mitspracherecht und freie Entscheidungen 
  8. Festlegen von Regeln gemeinsam mit den Kindern; Erklären von Werten und Normen
  9. Offenheit für unterschiedliche soziokulturelle Hintergründe; Ablehnen von Ausgrenzung
  10. Inklusion von Kindern mit Beeinträchtigungen, unterschiedlichen Entwicklungsvoraussetzungen und Förderbedarf
  11. Anpassen der Raumgestaltung an die Wünsche der Kinder
  12. Erzieher als Lehrende und Lernende zugleich
  13. Eltern und Erzieher als Partner in der Betreuung, Bildung und Erziehung der Kinder
  14. Die Kindertageseinrichtung entwickelt enge Beziehungen zu den Bezugspersonen und kennt das häusliche Umfeld der Kinder
  15. Situationsanalysen und prozesshafte Planung; fortlaufende Dokumentation
  16. Flexibilität und stetiges Lernen der Kita als Organisation

Situationsansatz — häufigste Fragen

  • Was ist der Situationsansatz einfach erklärt?
    Der Situationsansatz ist ein sozialpädagogisches Konzept. Er hat das Ziel, Kinder unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft in ihrer Lebenswelt zum selbstbestimmten Lernen anzuregen, sowie ihre Kompetenzen und Verantwortung zu fördern.

  • Wie wird im Situationsansatz geplant?
    Alle Erfahrungen und Erlebnisse der Kinder im räumlichen und familiären Umfeld werden von Erziehern, Eltern und Bezugspersonen analysiert. Im Mittelpunkt stehen dabei die Bedürfnisse, Erfahrungen, Wünsche und Interessen der Kinder.

  • Welches Bild vom Kind liegt dem Situationsansatz zugrunde?
    Das Bild vom Kind im Situationsansatz ist kompetent, selbstständig und selbsttätig. Kinder haben eigene Rechte und dürfen die für ihre Entwicklung und Entfaltung notwendigen Schritte eigenverantwortlich gestalten. Erwachsene sind dafür verantwortlich, sie dabei durch stabile Beziehungen und ein anregendes Umfeld zu unterstützen.

  • Wieso wurde der Situationsansatz entwickelt?
    Der Situationsansatz ist ein modernes pädagogisches Konzept. Er soll den Anforderungen des Lebens in einer Zeit des Wandels gerecht werden. Er berücksichtigt die Selbstverantwortung, Veränderung, Widersprüchlichkeit und Verschiedenheit der Kinder und des Lebens.

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