Was sagt eigentlich das Modell des Homo Sociologicus aus? Das und wie es menschliches Verhaltens definiert, erklären wir dir hier im Beitrag und in unserem Video .

Inhaltsübersicht

Homo Sociologicus Definition

Der Homo Sociologicus ist ein Modell in der Soziologie. Es wird verwendet, um menschliches Verhalten in der Gesellschaft zu erklären. Der Begriff wurde maßgeblich von dem deutschen Soziologen Ralf Dahrendorf in den 1950er Jahren geprägt.

Das Modell geht davon aus, dass dein Verhalten stark durch die Gesellschaft geprägt ist. Alles, was du machst wird also von den gesellschaftlichen Rollen, Normen und Werten beeinflusst. 

Homo Sociologicus Beispiel

Stell dir vor, du bist auf einer Party. Als Homo Sociologicus würdest du nicht nur nach deinen persönlichen Vorlieben handeln, sondern auch soziale Erwartungen berücksichtigen. Das heißt, du würdest zum Beispiel die Kleiderordnung der Party beachten oder bestimmte Höflichkeitsformen einhalten, wie sich beim Gastgeber für die Einladung zu bedanken.

Der Mensch wird also in seinem Verhalten von verschiedenen Rollen beeinflusst. Im Laufe ihres Lebens können das sehr viele Rollen sein. Zum Beispiel die Rolle eines Kindes, eines Schülers, eines Arbeitnehmers oder eines Freundes.

Homo Sociologicus nach Dahrendorf

Nach Dahrendorf ist der Homo Sociologicus ein Mensch, der in seiner täglichen Existenz verschiedenen sozialen Rollen ausgesetzt ist. Diese Rollen sind wiederum mit spezifischen Normen, Werten und gesellschaftlichen Erwartungen verbunden. Er sieht den Menschen als Schauspieler auf der Bühne seines Lebens, wobei die Gesellschaft das Drehbuch schreibt, nicht das Individuum selbst. 

Stell dir vor, du bist Student, gleichzeitig aber auch Mitglied in einem Sportverein, Teil deiner Familie und hast auch einen Nebenjob in einem Café. Jede dieser Rollen ist eine soziale Position, die deine Stellung in der Gesellschaft beschreiben. Beispielsweise definiert sich deine soziale Position als Student durch deine Zugehörigkeit zur Universität, deinem Studiengang und deiner Rolle im Bildungssystem.

Diese Position wird umgeben von einem Positionsfeld. Das umfasst das gesamte Umfeld deiner Rolle als Student: die Universität, deine Kommilitonen, Lehrkräfte, die administrativen Strukturen der Uni und die Lernumgebung. Dieses Feld definiert den Rahmen, in dem du als Student agierst und interagierst. 

Innerhalb dieses Feldes gibt es spezifischere Positionssegmente, wie Studiengruppen, Fachschaften, Universitätsclubs oder soziale Events. Diese Segmente bieten dir die Möglichkeit, deine Rolle als Student innerhalb bestimmter Subgruppen und Aktivitäten auszufüllen und zu definieren. 

Alle diese Aspekte — die soziale Position, das Positionsfeld und das Positionssegment  — sind eingebettet in die Vorschriften der Gesellschaft. Hierbei handelt es sich um die Normen, Werte und Erwartungen, die die Gesellschaft an dich in deiner Rolle als Student stellt. Dazu gehören das Einhalten von Fristen, das Erbringen von Studienleistungen, die Teilnahme an Vorlesungen und das Befolgen von Universitätsregeln. Diese Vorschriften sind oft unausgesprochen, aber dennoch stark prägend für dein Verhalten und Handeln.

Gesellschaft & Bezugsgruppe

Als Homo Sociologicus musst du dich nicht nur an die allgemeinen Regeln der Gesellschaft halten, sondern auch an die spezifischen Erwartungen deiner unmittelbaren Bezugsgruppen. Zu diesen Gruppen hast du eine direkte Beziehung, wie Familie, Freunde und Kollegen. Sie beeinflussen dein tägliches Verhalten und deine Entscheidungen auf einer persönlicheren Ebene.

Dahrendorfs Theorie zeigt, wie sehr deine individuellen Entscheidungen und Verhaltensweisen von den Erwartungen an die Rollen beeinflusst werden.

Arten von Erwartungen

An jede deiner sozialen Rollen sind bestimmte Erwartungen geknüpft. An diese Erwartungstypen passt du dich unbewusst an, je nachdem, welche Rolle du gerade einnimmst.

  1. Muss-Erwartungen: Die Muss-Erwartungen sind die striktesten und oft gesetzlich festgelegten Erwartungen.
     
    Als Student musst du zum Beispiel bestimmte Prüfungen bestehen und dich an die Studienordnung halten. Diese Erwartungen sind nicht verhandelbar. Erfüllst du sie nicht, hat das direkte Konsequenzen. Zum Beispiel, dass du den Kurs nicht bestehst.
     
  2. Soll-Erwartungen: Diese sind weniger strikt, aber immer noch wichtig. Sie sind oft soziale Normen oder ungeschriebene Regeln.
     
    Beispielsweise wird von einem Studenten erwartet, dass er regelmäßig Vorlesungen besucht und aktiv in Seminaren teilnimmt. Obwohl das Fehlen in Vorlesungen nicht immer direkte Konsequenzen hat, kann es dennoch deinen Ruf und deine Beziehungen zu Dozenten und Kommilitonen beeinflussen.
     
  3. Kann-Erwartungen: Kann-Erwartungen sind die flexibelsten und bieten den größten Spielraum für individuelle Entscheidungen. Sie beinhalten Handlungen, die nicht unbedingt erwartet, aber positiv aufgenommen werden.
     
    Ein Beispiel hierfür wäre die Teilnahme an universitären Aktivitäten oder freiwilliges Engagement in Studiengruppen. Diese Handlungen können deinen Status als engagierter Student stärken, sind aber nicht verpflichtend.

Intra- und Interrollenkonflikte

Dein Verhalten und deine Entscheidungen sind als Homo Sociologicus häufig ein Balanceakt. Manchmal entstehen nämlich auch Rollenkonflikte, zum Beispiel wenn die unterschiedlichen Rollen miteinander kollidieren oder widersprüchliche Erwartungen an dich stellen. Dabei unterscheidest du zwei Arten von Konflikten: 

  • Intra-Rollenkonflikte
    Intra-Rollenkonflikte treten innerhalb einer einzelnen Rolle auf. Hierbei geht es um widersprüchliche Erwartungen, die an dieselbe Rolle geknüpft sind.
     
    Als Student hast du sowohl die Erwartung, gute Noten zu bekommen, als auch aktiv im Universitätsleben teilzunehmen. Während der Prüfungszeit könntest du in einen Konflikt zwischen dem Lernen und der Teilnahme an solchen Aktivitäten geraten. Beides sind Erwartungen an deine Rolle als Student, aber sie sind nur schwer miteinander vereinbar, wenn Zeit und Ressourcen begrenzt sind.
     
  • Inter-Rollenkonflikte
    Inter-Rollenkonflikte entstehen zwischen mehreren verschiedenen Rollen, die eine Person innehat.
     
    Neben deiner Rolle als Student bist du auch Teilzeitangestellter in einem Café. Hier könnten Konflikte auftreten, wenn du beispielsweise für eine wichtige Prüfung lernen musst, aber gleichzeitig zur Arbeit eingeteilt bist. Beide Rollen gehen mit bestimmten Erwartungen einher, die möglicherweise nicht miteinander vereinbar sind.

Homo Sociologicus Kritik

Obwohl das Modell hilft, das menschliche Verhalten in der Gesellschaft zu verstehen, gibt es auch einige Kritikpunkte.

  • Überbetonung der gesellschaftlichen Rolle
    Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass Dahrendorfs Theorie dazu neigt, die Rolle der Gesellschaft überzubetonen. Der freie Wille wird hingegen unterbewertet. Kritiker argumentieren, dass Menschen nicht nur passive Empfänger sozialer Rollen sind. Sie haben auch die Möglichkeit, ihre Rollen aktiv zu gestalten und sich von den Erwartungen der Gesellschaft zu lösen. 
     
  • Vernachlässigung des individuellen Verhaltens

    Dahrendorfs Modell konzentriert sich stark auf die Rolle und die Erwartungen, die die Gesellschaft an Individuen stellt. Dadurch wird oft die Bedeutung individueller Unterschiede und persönlicher Entscheidungen vernachlässigt. Kritiker weisen darauf hin, dass Menschen in der Lage sind, über die ihnen auferlegten Rollen hinauszugehen. Ihr Verhalten ist also nicht immer vorhersehbar oder ausschließlich durch ihre sozialen Rollen bestimmt.

  • Mangelnde Flexibilität der Rollen
    Die Theorie wird auch dafür kritisiert, dass sie soziale Rollen als zu starr und unveränderlich darstellt. In Wirklichkeit sind sie oft flexibler und dynamischer. Menschen verändern ihre Rollen und die damit verbundenen Erwartungen im Laufe der Zeit. Zum Beispiel durch persönliche Erfahrungen oder Veränderungen in ihrer Umgebung.

Homo Sociologicus — häufigste Fragen

  • Was ist der Homo Sociologicus?

    Der Homo Sociologicus ist ein soziologisches Konzept, das den Menschen als ein durch gesellschaftliche Rollen und Erwartungen geprägtes Wesen definiert. Es betont, wie soziale Normen und Werte das Verhalten und Handeln der Menschen in ihrer Gesellschaft beeinflussen

  • Was sagt die Ralf Dahrendorf Theorie aus?
    Ralf Dahrendorfs Theorie besagt, dass gesellschaftliche Strukturen und Rollenerwartungen das menschliche Verhalten maßgeblich prägen. Sie hebt hervor, wie Individuen durch soziale Rollen beeinflusst werden und wie diese Rollen ihren Handlungsspielraum in der Gesellschaft bestimmen.

Homo oeconomicus

Der Homo Sociologicus betont also die Rolle der Gesellschaft und ihre Einflüsse auf dein Handeln. Ein weiteres Konzept über das menschliche Verhalten, ist der Homo oeconomicus aus der Wirtschaft. Mehr dazu, erfährst du in unserem Beitrag!

Zum Video: Homo oeconomicus
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