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Ein Großkonzern beschließt ein neues Geschäftsfeld zu erschließen und verdrängt problemlos die alteingesessene, kleinere Konkurrenz. Dieses Phänomen lässt sich unter anderem auf die Economies of Scope, also Verbundeffekte, zurückführen. Was genau darunter verstanden wird, wie sich diese Effekte unterscheiden lassen und wie sie beispielhaft aussehen können, erklärt dir der folgende Beitrag.

Falls du Erklärungen in Videoform bevorzugst, schau dir einfach unser Erklärvideo zum Thema Economies of Scope an. 

Inhaltsübersicht

Economies of Scope einfach erklärt

Economies of Scope (deutsch: Verbundvorteile oder Verbundeffekte) sind wirtschaftliche Vorteile, die entstehen, wenn ein Unternehmen mehrere Produkte in höherer Zahl produzieren kann als mehrere Unternehmen, die sich auf die Einzelproduktion dieser Produkte beschränken. Verbundeffekte treten in Situationen auf, in denen die gemeinsame Produktion von verwandten Gütern oder Dienstleistungen zu niedrigeren Grenzkosten oder langfristig sinkenden durchschnittlichen Kosten führen. Diese Kostensenkungen können unter anderem durch die gemeinsame Nutzung von Produktionsfaktoren oder eine gemeinsame Verwaltungs- und Marketingabteilung entstehen. Die Produktion der unterschiedlichen Güter kann dabei physisch eng zusammenhängen oder auch unabhängig voneinander erfolgen.

Am einfachsten verständlich wird das Konzept der Verbundeffekte an einem Beispiel. Dazu sehen wir uns den fiktiven Produzenten von Fertiggerichten MareFood einmal genauer an. Bisher spezialisierte sich MareFood auf tiefgekühlte Fischprodukte. Ab dem kommenden Geschäftsjahr plant die Unternehmensführung nun jedoch auch Geflügelgerichte anzubieten. Ziel ist es dabei, möglichst viele Verbundeffekte der beiden Produkte zugleich auszunutzen und so unternehmensweit Kostenvorteile zu erzielen. Dazu hat das Planungsmanagement folgenden 5-Punkte-Plan entwickelt.

  1. Geflügel- und Fischprodukte können aufgrund der hohen vorhandenen Kühlkapazitäten gemeinsam gelagert werden und verschiedene Anlagen eignen sich sowohl für die Fisch- als auch für die Geflügelverarbeitung.
  2. Verwaltungs- und Marketingabteilungen bedürfen nur einer geringfügigen personellen Erweiterung, zudem sind bestehende Transportmittel und -wege für die neuen Waren nutzbar.
  3. Der Verkauf der beiden Fertigprodukte an Großhändler soll nun simultan erfolgen.
  4. In einer ungenutzten Lagerhalle soll in Zukunft die Verpackungsherstellung für beide Fertiggerichte erfolgen, ein Produktionschritt, den gegenwärtig noch ein Zulieferer ausführt.
  5. Mit Aufnahme der Geflügelverarbeitung sollen nun die Ausschüsse beider Herstellungsprozesse an Tierfuttererzeuger weiterverkauft werden.

Vorteile

Eine Economy of Scope beschreibt also den Fall, dass die Produktion eines Gutes im Verbund mit einem anderen Produkt zu synergetischen Vorteilen führt. Diese positiven Synergieeffekte diversifizierter Unternehmen können in drei Vorteilarten unterschieden werden:

  • Finanzierungsvorteil: Diversifikation von Unternehmen bedeutet, dass diese weniger abhängig von Marktschwankungen eines einzelnen Gutes sind. So kommt ein geringeres Insolvenzrisiko und damit niedrigere Fremdkapitalkosten zustande. Steigen die Weltmarktpreise für Meeresfische wäre MareFood im Einproduktzustand stark betroffen. Werden zusätzlich Geflügelgerichte produziert, ist diese Abhängigkeit weniger stark ausgeprägt. Demnach sinkt das Insolvenzrisiko.
  • Kosteneinsparung bei verwandter Produktion: Weisen die im Unternehmensverbund produzierten Güter starke Ähnlichkeiten auf und benötigen sie verwandte oder gleiche Anlagen und Herstellungsprozesse, so können Kosten reduziert werden. MareFood ist in der Lage Kühlanlagen und Verarbeitungsmaschinen in der Produktion doppelt zu nutzen.
  • Kostenersparnisse des dispositiven Faktors: Die Bereiche der Verwaltung,  der Geschäftsleitung und des Marketings sind größtenteils produktübergreifend einsetzbar. Mitarbeitern der betriebsinternen Marketingabteilung von MareFood fällt es leicht, eingespielte Prozesse und ihr Know-How auf den neuen Produkttyp anzuwenden.

Economies of Scope sollten nicht mit den Economies of Scale  oder den Economies of Density verwechselt werden. Während bei ersteren die unternehmerischen Vorteile durch den Produktionsverbund mehrerer Güter entstehen, gründen die Vorteile der Economies of Scale in der hohen Stückzahlproduktion einzelner Güter. Bei den Economies of Density entstehen die Vorteile aus der örtlichen Ballung mehrerer Unternehmen der gleichen Branche.

Arten von Verbundeffekten

Grundsätzlich werden Economies of Scope bzw. Verbundeffekte in Bündelungs- und Verkettungseffekte unterteilt. 

Economies of Scope - Verbundvorteile - Verbundeffekte - Unterschied zwischen Bündelungseffekten und Verkettungseffekten
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Unterschied zwischen Bündelungseffekten und Verkettungseffekten

Bündelungseffekte

Ein erster Fall für Verbundvorteile durch Bündelung tritt bei der Herstellung von Kuppelprodukten auf. Diese Art von Produkten sind bei der Herstellung miteinander verknüpft. Wird eines der Güter erzeugt, entsteht dabei das andere und umgekehrt. Können diese Nebenprodukte weiterverwendet oder abgesetzt werden, so können Kosten gesenkt bzw. der Umsatz erhöht werden. Kuppelprodukte treten vor allem bei chemischen Produktionsprozessen wie der Benzingewinnung auf. In Raffinerien wird aus Rohöl Benzin und Flüssiggas gewonnen. Dabei ensteht jedoch das Nebenprodukt Schweröl, das wiederum als Schiffstreibstoff und Schmieröl abgesetzt werden kann.

Economies of Scope können auch durch komplementäre Produktionsprozesse verschiedener Produkte erzeugt werden. Ein gutes Beispiel für Komplementarität in der Produktion sind Mischkulturen in der Agrarwirtschaft. Der gleichzeitige Anbau mehrerer Nutzpflanzen auf der gleichen Fläche bringt Vorteile, wie eine höhere Schädlingsresistenz, Erosions- und Windschutz sowie eine gleichmäßigere Ausnutzung des Bodens mit sich. 

Die Produktionsfaktoren (Arbeit, Boden, Kapital) eines Unternehmens,  sind in der Regel nicht strikt auf ein Produkt festgelegt und können daher in den Herstellungsprozessen mehrerer Güter zugleich eingesetzt werden. Hierbei treten sachliche Bündelungseffekte auf, da Produkte auf gleichen Anlagen gefertigt werden können oder verwandter Entwicklungsarbeit und Technologien bedürfen. Auf diese Weise können Maschinenkapazitäten vollständig genutzt und Fixkostendegression  erreicht werden, da die von der Produktionsmenge unabhängigen Kosten auf eine höhere Zahl an Kostenträgern aufteilbar ist.

Räumliche Bündelungseffekte lassen sich aktivieren, falls räumliche Nähe von Unternehmensaktivitäten von Nutzen ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sich z.B. aus der für unterschiedliche Produkte gemeinsam genutzten Infrastruktur oder Energiebereitstellung Vorteile ergeben.

Vorteile, die durch eine gleichzeitige Durchführung von Produktionsaktivitäten erzielt werden, bezeichnet man als  zeitliche Bündelungseffekte. Beispiel hierfür wäre der simultane Verkauf von Smartphones und Mobilfunkverträgen. Hier werden Vertrieb und Kundenberatung zweier Produkte gleichzeitig durchgeführt und so Kosten eingespart.

Verkettungseffekte

Der Verkettungseffekt beschreibt die vertikale Verkettung der Wertschöpfungsstufen. Er beschreibt also nicht Vorteile aus der zusätzlichen Herstellung von Produkte der gleichen Ebene der Wertschöpfungskette , sondern durch die Erhöhung der Fertigungstiefe , also der Steigerung des Eigenfertigungsanteils am Herstellungsprozess von Gütern. Unternehmen führen also Teilprozesse und -funktionen bei der Produktion ihrer Güter oder Dienstleistungen selbst durch. Wie bei den Bündelungseffekten lassen sich sachliche, räumliche und zeitliche Verkettungseffekte unterscheiden, nur wird eben nun anstelle eines weiteren Produkts eine vor- oder nachgelagerte Produktionsstufe zusätzlich hergestellt.

Beispiel: Economies of Scope

Die Punkte des Plans von MareFood lassen sich relativ einfach den zugehörigen Verbundeffektarten zuordnen: 

  1. Geflügel- und Fischprodukte können aufgrund der hohen vorhandenen Kühlkapazitäten gemeinsam gelagert werden und Verschiedene Anlagen eignen sich sowohl für die Fisch- als auch für die Geflügelverarbeitung.
    -> Sachlicher Bündelungsvorteil: Gleiche Anlagen können für die Produktion eines weiteren Erzeugnisses genutzt und besser ausgelastet werden.
  2. Verwaltungs- und Marketingabteilungen bedürfen nur einer geringfügigen personellen Erweiterung, zudem sind bestehende Transportmittel und -wege für die neuen Waren nutzbar.
    -> Räumlicher Bündelungsvorteil: Produktionsinterne und unternehmensübergreifende Logistik kann für beide Produkte genutzt werden.
  3. Der Verkauf der beiden Fertigprodukte an Großhändler soll nun simultan erfolgen.
    -> Zeitlicher Bündelungsvorteil: Durch die gekoppelten Vertragsabschlüsse können Vertriebskosten eingespart werden.
  4. In einer ungenutzten Lagerhalle soll in Zukunft die Verpackungsherstellung für beide Fertiggerichte erfolgen, ein Produktionschritt, den gegenwärtig noch ein Zulieferer ausführt.
    -> Verkettungseffekt: Durch die Übernahme vorgelagerter Stationen der Wertschöpfungskette ergeben sich Kosteneinsparungen.
  5. Mit Aufnahme der Geflügelverarbeitung sollen nun die Ausschüsse beider Herstellungsprozesse an Tierfuttererzeuger weiterverkauft werden.
    -> Sachlicher Bündelungsvorteil: Bei den Ausschüssen handelt es sich um ein Nebenprodukt der Herstellung der Fertiggerichte und damit um ein wirtschaftlich verwertbares Kuppelprodukt.

Grad der Verbundvorteile

Es lässt sich nicht nur die Existenz und Art eines Verbundeffektes feststellen, sondern auch dessen Ausprägungsgrad. Hierfür ist eine tiefgreifende Analyse der Kostenstruktur im Unternehmen erforderlich. Es müssen die Produktionskosten für die ausschließliche Produktion eines Gutes mit den Kosten der Herstellung mehrerer Güter verglichen werden. 

Für das Beispiel MareFood müssen also zunächst die Kosten KFisch der reinen Produktion von Fischgerichten und anschließend die der reinen Produktion von Geflügelgerichten KGeflügel bestimmt werden. Weiterhin werden die Kosten KVerbund ermittelt, die bei einer gemeinsamen Produktion von Fisch- und Geflügelgerichten entstehen. Die Kosten bei einseitiger Produktion von Fischgerichten und einseitiger Herstellung von Geflügelgerichten werden addiert und die Kosten bei gemeinsamer Erzeugung abgezogen. Das Ergebnis wird durch die Kosten der gemeinsamen Produktion geteilt, um eine Verhältnis zu erhalten. Bestehen Verbundvorteile, ergibt sich eine Zahl größer als Null. Je größer diese Zahl, desto stärker sind die Verbundvorteile.

\frac{K_{Fisch} \ + \ K_{Gefl\"{u}gel} \ - \ K_{Verbund}}{K_{Verbund}} \ \ \ > \ 0, \ \ Verbundvorteile \ existieren

MareFood führt nun eine ausführliche Kostenrechnung für die Produkte durch und erhält folgende Zahlen:

K_{Fisch} = 1.650.000
K_{Gefl\"{u}gel} = 2.125.000
K_{Verbund} = 3.350.000

\frac{1.650.000 + 2.125.000 - 3.350.000}{3.350.000} = 0,13

Da der Ergebniswert 0,13 größer Null ist, kann MareFood davon ausgehen, dass durch die Aufnahme der Geflügelgerichte Verbundvorteile für das Unternehmen entstehen.

Verbundnachteile (diseconomies of scope)

Nicht jede Produktkombination erzeugt im Verbund positive Effekte. Führt eine Güterkombination in der Produktion zu gleichen Kosten, ist es irrelevant, ob ein Unternehmen mehrere Produkte herstellt oder mehrere Unternehmen sich auf jeweils ein Gut beschränken. Es entsteht weder ein Verbundvorteil noch einen Verbundnachteil. Von einem Verbundnachteil (diseconomies of scope) wird dann ausgegangen, wenn innerhalb eines Produktionsverbunds Konflikte bestehen. Die Herstellung eines Gutes steht also im Widerspruch zur Produktion eines anderen. Ein Mehrproduktunternehmen hätte in diesem Fall höhere Kosten als Einzelproduktunternehmen. Steigen beispielsweise durch die Produktion mehrerer Güter die Kosten der Koordination und der Verwaltung stark an, so deutet dies auf Verbundnachteile hin.

Zusammenfassung
  • Economies of Scope treten auf, wenn die gebündelte Herstellung Kostenvorteile gegenüber der getrennten Produktion aufweist
  • Verbundvorteile entstehen bei der Produktion von komplementären Gütern
  • Unterschied zwischen Verbundeffekt und Skaleneffekt: Der Verbundeffekt entsteht durch die gemeinsame Herstellung verschiedener Produkte, während der Skaleneffekt bei Erhöhung der Stückzahl eines einzelnen Produktes auftritt

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