Physiologische und ökologische Potenz
Was die physiologische und die ökologische Potenz sind und wie sich die beiden Arten voneinander unterscheiden, erfährst du in diesem Beitrag und in unserem Video !
Inhaltsübersicht
Physiologische Potenz und ökologische Potenz einfach erklärt
Eine Tier- oder Pflanzenart kann nur unter bestimmten Umweltbedingungen überleben. Die einzelnen Umweltfaktoren, zum Beispiel die Temperatur oder das Wasservorkommen, müssen also bestimmten Werten entsprechen, damit sich ein Lebewesen wohlfühlt. Nur dann kann es sich auch fortpflanzen und so seine Art weiter existieren.
Die physiologische und ökologische Potenz ist die Fähigkeit einer Art, Schwankungen von Umweltfaktoren innerhalb eines Toleranzbereiches standzuhalten. Der Toleranzbereich beschreibt, wie stark ein Umweltfaktor ausgeprägt sein darf, damit die Art noch überleben kann. Hierbei unterscheidest du zwischen der physiologischen und der ökologischen Potenz.
- Die physiologische Potenz betrachtet dabei den Wertebereich, den ein bestimmter Umweltfaktor annehmen muss, damit ein Individuum grundsätzlich überleben kann. Der Einfluss von konkurrierenden Arten oder anderen Umweltfaktoren wird ausgeblendet.
- Bei der ökologischen Potenz werden zusätzlich die Konkurrenten der Art hinzugenommen. Du schaust dir also an, welche Ausprägungen die Umweltfaktoren unter tatsächlichen Lebensbedingungen haben können.
Physiologische Potenz
Die Potenz ist in der Ökologie die Fähigkeit einer Art, sich trotz unterschiedlichen Umweltfaktoren, wie der Temperatur oder der Sonneneinstrahlung, auszubreiten und zu überleben. Du unterscheidest zwischen der physiologischen und der ökologischen Potenz.
Die physiologische Potenz betrachtet die optimalen Lebensbedingungen einer Art. Du erforschst also, wie ein Umweltfaktor ausgeprägt sein muss, dass ein Tier oder eine Pflanze grundsätzlich überleben kann. Alle Konkurrenten der Art ignorierst du. Andere Umweltfaktoren nimmst du als gleichbleibend an, du setzt deinen Fokus nämlich immer nur auf einen Faktor.
Die folgenden Umweltfaktoren kannst du beispielsweise untersuchen:
- Temperatur
- Nahrung
- Sonneneinstrahlung
- Wassermenge
- Wassertiefe
- pH-Wert
Du kannst zum Beispiel die physiologische Potenz des Löwenzahns in Bezug auf die Temperatur betrachten. Dafür überprüfst du, wann es der Pflanze zu kalt oder zu heiß ist und bei welcher Temperatur sie sich am wohlsten fühlt.
Die physiologische Potenz (auch physiologische Toleranz) legt dar, welche Ausprägungen ein bestimmter Umweltfaktor annehmen darf, damit eine bestimmte Tier- oder Pflanzenart überleben und sich fortpflanzen kann. Alle anderen Umweltbedingungen, insbesondere der Einfluss konkurrierender Arten, werden ausgeblendet bzw. als konstant angenommen.
Ökologische Potenz
Bei der ökologischen Potenz beziehst du neben der Ausprägung des Umweltfaktors auch die Konkurrenten der Art mit ein. Hier betrachtest du also die tatsächlichen Lebensbedingungen einer Art.
Beim Löwenzahn schaust du dir jetzt also zum Beispiel nicht nur an, unter welchen Temperaturen er überleben kann. Du beobachtest auch, ob und wie andere Pflanzen seine Ausbreitung beeinflussen.
Die ökologische Potenz (auch ökologische Toleranz) betrachtet die Ausprägung eines Umweltfaktors, unter der sich eine Art verbreiten kann, im tatsächlichen Ökosystem. Es wird somit auch der Einfluss konkurrierender Arten mit einbezogen.
Toleranzkurve
Jede Tier- oder Pflanzenart braucht gewisse Umweltbedingungen, um überleben und sich fortpflanzen zu können. Wie stark ein bestimmter Umweltfaktor ausgeprägt ist, kannst du mit der Toleranzkurve darstellen.
Die Toleranzkurve (auch Gedeihkurve) wird durch eine Glockenkurve (Gauß’sche Normalverteilung ) dargestellt. Dabei schaust du dir auf der x-Achse an, welche Werte ein bestimmter Umweltfaktor annehmen darf, damit eine Art überleben und sich fortpflanzen kann. Ein Umweltfaktor ist beispielsweise die Temperatur und eine Art der Löwenzahn. Die y-Achse zeigt dir, wie gut sich die Art ausbreiten kann. Du sprichst auch von der Vitalität.
Je breiter die Kurve, desto größer ist der Toleranzbereich, also die Ausprägungsstärke eines bestimmten Faktors, bei der eine Art überleben kann. Je größer der Toleranzbereich ist, desto unempfindlicher ist wiederum eine Art. Das beweist nämlich, dass sie auch unter extrem unterschiedlichen Umweltbedingungen überleben kann.
Bereiche der Toleranzkurve
Die Toleranzkurve kannst du in unterschiedliche Bereiche unterteilen.
Toleranzbereich: Die Fläche innerhalb der Toleranzkurve ist der Toleranzbereich. In diesem Bereich nimmt der Umweltfaktor Werte an, bei denen das Lebewesen grundsätzlich überlebensfähig ist.
Pessimum: Begrenzt wird der Toleranzbereich durch die Pessima. In den beiden Bereichen ist das Überleben gerade schon (Minimum) oder gerade noch (Maxima) möglich. Hier können sich die Individuen aber nicht fortpflanzen. Nimmt der Umweltfaktor einen Wert außerhalb dieser Grenze an, sterben die Lebewesen der Art.
Optimum: Im Existenzoptimum nimmt der Umweltfaktor den bestmöglichen Wert für die Art an. Deswegen sind hier Fortpflanzung und Wachstum am größten.
Präferendum: Das Optimum ist vom Präferenzbereich umgeben. Das ist die Ausprägung eines Umweltfaktors, bei der sich eine bestimmte Art wohlfühlt. Hier breiten sich die Lebewesen in einer arttypischen Geschwindigkeit aus.
Pejus: Die Übergangsbereiche zwischen Pessima und Präferendum nennst du Pejus. Hier ist die Art zwar überlebensfähig, pflanzt sich aber kaum fort.
Toleranzkurven der physiologischen und der ökologischen Potenz
Bei einer Toleranzkurve ohne Berücksichtigung der Konkurrenz sprichst du von der physiologischen Potenz. Betrachtest du allerdings die ökologische Potenz, nimmst du den Einfluss einer konkurrierenden Art hinzu.
Die Konkurrenz schränkt die Überlebens- und Fortpflanzungsfähigkeit der Lebewesen ein. Es ergibt sich also ein kleinerer Existenzbereich, in dem sich die Art unter den tatsächlichen Umständen fortpflanzen und überleben kann. Deswegen ist die ökologische Potenz geringer als die physiologische Potenz.
Dabei unterscheidest du auch zwischen dem physiologischen und dem ökologischen Optimum. Das physiologische Optimum entspricht dem idealen konkurrenzlosen Lebensraum. Das ökologische Optimum beschreibt den tatsächlichen optimalen Lebensraum (Biotop ). Durch den Einfluss der Konkurrenten können die beiden Optima deutlich voneinander abweichen.
Je konkurrenzschwächer eine Art ist, desto größer ist der Unterschied zwischen den beiden Potenzen. Bei konkurrenzstarken Arten sind die ökologische Potenz und die physiologische Potenz fast identisch. Der Grund dafür ist, dass schwächere Arten von dominanteren Arten verdrängt werden (Konkurrenzausschlussprinzip ).
Euryök und Stenök
Die Begriffe Euryök und Stenök verwendest du, um die Größe des Toleranzbereichs zu beschreiben. Arten, die einen weiten Toleranzbereich und eine hohe ökologische Potenz haben, sind euryök. Haben Arten einen engen Toleranzbereich, also eine niedrige ökologische Potenz, heißen sie stenök.
Lebewesen wie Möwen, Lachse oder Aale sind eurypotent (Euryökie/Eurypotenz). Das bedeutet, dass sie Schwankungen verschiedener Umweltfaktoren sehr gut ertragen.
Organismen, die empfindlich gegenüber Schwankungen der Umweltfaktoren sind, sind stenopotent (Stenökie/Stenopotenz). Zu ihnen gehören zum Beispiel Koalas, Bachforellen oder Heringe. Weil sie so sensibel auf die Veränderung einer bestimmten Bedingung reagieren, nennst du sie auch Zeigerarten. Sie zeigen dir nämlich, wenn sich ein bestimmter Umweltfaktor auch nur leicht verändert.
Achtung: Die ökologischen Potenzen verschiedener Individuen einer Art können voneinander abweichen. Sie reagieren also auf Schwankungen eines Umweltfaktors unterschiedlich. Gründe dafür sind:
- Zufallsschwankungen
- Genetische Unterschiede
- Anpassung an Umweltbedingungen in ihrem Lebensraum (Akklimatisation)
Physiologische und ökologische Potenz — häufigste Fragen
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Was ist der Unterschied zwischen der ökologischen und der physiologischen Potenz?
Die ökologische Potenz ist die Fähigkeit einer Art, in einem bestimmten natürlichen Umfeld zu überleben. Die physiologische Potenz ist dagegen der maximale Toleranzbereich einer Art in einem Umfeld ohne Konkurrenz.
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Was ist die Toleranzkurve in Biologie?
Die Toleranzkurve zeigt im Toleranzbereich die Intensität der Lebendigkeit einer Art Lebewesen, je nach Veränderung und Ausprägung des Umweltfaktors. Die ökologische Potenz spiegelt wiederum den Bereich wider, in dem sich eine Art in natürlichem Umfeld fortpflanzen, entwickeln und überleben kann.
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Was ist der Toleranzbereich bei der Toleranzkurve in der Ökologie?
Der Toleranzbereich ist die Spanne eines Umweltfaktors zwischen dem Minimum, der Untergrenze, und dem Maximum, der Obergrenze. In diesem Bereich kann eine bestimmte Art auch langfristig überleben. Wo der jeweilige Toleranzbereich liegt, ist je nach Art von Lebewesen zum größten Teil erblich festgelegt.
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Was ist der Unterschied zwischen dem ökologischen und physiologischen Optimum?
Das physiologische Optimum ist der optimale Lebensraum für eine Art ohne Beeinflussung durch Konkurrenz. Das ökologische Optimum entspricht dagegen den optimalen Lebensbedingungen für eine Art unter Einfluss von abiotischen Faktoren (z.B. Temperatur) und biotischen Faktoren (Konkurrenz). Das Gegenteil des ökologischen Optimums ist das ökologische Pessimum.
Ökologische Nische
Die ökologische und die physiologische Potenz zeigen dir also, unter welchen Umweltbedingungen ein Tier oder eine Pflanze überleben und sich fortpflanzen kann. Diese Lebensansprüche fasst du als ökologische Nische zusammen. Alles Wichtige zu diesem Thema findest du in unserem Video dazu. Bis gleich!