Elastomere
Wieso sind Gummibänder eigentlich so dehnbar? Diese bestehen aus einem Kunststofftyp namens Elastomer. Und worum es sich bei diesem Material handelt, erfährst du in diesem Artikel. Hier lernst du dessen chemische Struktur, die Eigenschaften und weitere Beispiele aus der Praxis kennen.
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Inhaltsübersicht
Elastomere einfach erklärt
Bei Elastomeren handelt es sich um einen der drei Polymertypen. Derartige Materialien gehören zu den organischen Stoffgruppen, da sie aus langkettigen und vernetzten Makromolekülen auf Kohlenstoffbasis zusammengesetzt sind. Sie bestehen aus einer Vielzahl aneinander gereihten Monomeren, wobei die Molekülketten zusätzlich durch intermolekulare kovalente Bindungen, weitmaschig miteinander verknüpft sind.
Elastomere Struktur
Wie die anderen Typen besteht auch diese Art von Kunststoffen aus langen Molekülketten meist auf Basis des Elementes Kohlenstoff. Genau wie Duroplaste sind Elastomere ebenfalls durch kovalente Bindungen zwischen den einzelnen Molekülen miteinander vernetzt. Nur ist die Dichte der Vernetzungspunkte bei letzteren wesentlich geringer.
Dadurch können sich Teile der Kettenmoleküle zwischen zwei Punkten gegeneinander verdrehen. Da auch dieser Stoff eine Zunahme der Entropie anstrebt, verdrillen sich die Kettensegmente zu einem Polymerknäuel. Übst du nun eine mechanische Belastung auf das Material aus, so entdrillst du die Kettenmoleküle, wodurch sich das Material elastisch dehnt.
Erhöhst du die Dichte an Quervernetzungen, so wird das Elastomer immer härter und steifer und seine maximale Bruchdehnung verringert sich. Ab einem gewissen Punkt verhält sich das Material genauso wie ein Duroplast.
Elastizität
Elastomere reagieren auf eine Zugspannung mit einer Streckung und Entflechtung der Molekülketten. Durch das Ausrichten der Ketten in Richtung der Belastung dehnt sich das Material aus.
Entfernst du die äußere Krafteinwirkung, so beginnen die Moleküle sich zufällig zu drehen. Dabei kehren diese wieder zum, entropisch bevorzugten, knäuelartigen Zustand zurück. Hier ordnen sich die Atome gemäß einer statistisch begründeten Gauß-Verteilung um das Zentrum des Moleküls an. Durch das Relaxieren der Ketten zieht sich das Material makroskopisch wieder zusammen.
Also basiert die Elastizität auf das Strecken der Makromoleküle bei Belastung und das Zusammenziehen dieser bei Entlastung. Da es sich hierbei um einen entropischen Effekt handelt, wird diese Art der Elastizität auch Entropie-Elastizität oder Gummielastizität genannt.
Das Dehnverhalten von Elastomeren beruht also auf einem statisch-dynamischem Gleichgewicht zwischen Entropie und Ordnung. Diese Art von Materialien speichern keine Spannenergie ein, sondern strahlen die durch Verformung zugeführte Energie als Wärme aus und erhöhen stattdessen die innere Ordnung. Für das erneute Zusammenziehen benötigen sie wieder eine Zufuhr von Energie, welche durch Brownsche Molekularbewegung der Umgebungswärme entnommen wird.
Thermische Eigenschaften
Je nach Höhe der Umgebungstemperatur weisen Elastomere unterschiedliche Eigenschaften auf. So sind die für eine Streckung des Materials notwendigen Drehbewegungen der Molekülketten erst oberhalb der Glaspunktes möglich. Darunter fehlt dem Material die nötige thermische Energie, um dieses Verhalten zu ermöglichen.
Unterhalb der Glasübergangstemperatur zeigt ein Elastomer somit ein hartelastisches Verhalten. Hier ist das Material zusätzlich durch schwache physikalische Bindungen, wie etwa Van-der-Waals-Wechselwirkungen oder Wasserstoffbrückenbindungen , engmaschig vernetzt. Es ist somit hart und spröde und verhält sich mechanisch wie ein Duroplast.
Erhitzt du ein Elastomer über seinen Glaspunkt, so zeigt er das für diese Materialien charakteristische, elastische Verhalten. Also ein vollkommen reversibles Strecken durch Entwirren und anschließendes Zusammenziehen durch Verdrehen der Makromoleküle. Besonders interessant ist hierbei, dass die Entropie-Elastizität bei steigender Temperatur weiter zunimmt. Schließlich steht mehr Energie zur Verrichtung von Arbeit zur Verfügung. Somit können die Drehbewegungen schneller und effizienter ausgeführt werden.
Bei weiterer Temperaturzufuhr beginnen sich die kovalenten Bindungen, aufgrund der zu starken atomaren Bewegung, zu trennen und das Material zersetzt sich in seine Grundbestandteile. Elastomere sind daher, im Gegensatz zu Thermoplasten , nicht schmelzbar.
Das passende Elastomer wird mit vorausschauenden Blick auf die Umgebungstemperatur der vorgesehenen Anwendung ausgewählt. Generell wird die chemische Struktur des Kunststoffes so gestaltet, dass er sich bei Einsatztemperatur im thermoelastischen, also im dehnbaren Bereich befindet.
Elastomere Verwendung
Ein derartiges Polymer wird in der Praxis für die Herstellung von Autoreifen genutzt. Als Basis dafür dient häufig der thermoplastische Kunststoff Naturkautschuk . Dieser besteht aus dem Monomer Isopren und wird im Prozess der Vulkanisation chemisch weitmaschig vernetzt. Dadurch erhält er seine elastischen Eigenschaften.
Das Innenleben von Golfbällen wäre ein weiteres Alltagsbeispiel für die Verwendung von Elastomeren. Diese bestehen häufig aus einem Hartgummikern aus Polybutadien. Hitzebeständig ist dieser Kunststoff zwar nur bis etwa 90°C, besitzt dafür aber eine sehr große Dehnbarkeit. Weshalb Golfbälle auch so elastisch sind.
Thermoplastische Elastomere
Genau genommen gehören die thermoplastischen Elastomere, auch Elastoplaste oder Thermoelaste genannt, nicht zur Gruppe der Elastomeren. Diese sind nämlich nicht durch kovalente Bindungen chemisch miteinander vernetzt. Hierbei handelt es sich um elastische Polymerketten, die in ein thermoplastisches Material eingebunden sind. Ein solcher Kunststoff besitzt ein weitmaschiges Netz aus physikalischen Vernetzungspunkten, die thermisch reversibel lösbar sind.
Thermoplastische Elastomere (kurz: TPE) vereinen also die Materialeigenschaften beider Typen. Sie weisen in einem gewissen Temperaturfenster die Entropie-Elastizität auf, können aber zusätzlich in einem physikalischen Prozess, unter Einwirkung von Wärme und Scherkräften, plastisch umgeformt werden.