Die synthetische Evolutionstheorie ist die am besten begründete Evolutionstheorie, um Artwandel und Artentstehung zu erklären. Was ihre Grundlagen und Kernaussagen sind, erklären wir dir hier.
Synthetische Evolutionstheorie einfach erklärt
Unsere Erde weist eine ungeheure Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten auf. Aber wie können sich Arten eigentlich verändern bzw. neue Arten entstehen?
Die modernste und heute am besten gesichertste Antwort darauf gibt uns die synthetische Evolutionstheorie. Sie basiert auf Darwins Evolutionstheorie und wurde/wird durch Erkenntnisse aus der klassischen und modernen Genetik (Molekular- und Populationsgenetik), Ökologie und Systematik erweitert. Die synthetische Theorie der Evolution ist also eine Synthese/Kombination verschiedener Forschungsfelder. Vor allem Ernst Mayr und Theodosius Dobzhansky gelten als Begründer dieser Evolutionstheorie.
Zentraler Bestandteil der synthetischen Evolutionstheorie sind fünf Mechanismen – die Evolutionsfaktoren. Sie können den Genpool (= Gesamtheit aller Gene / Genvarianten) von Populationen verändern. Dadurch kannst du die Entstehung neuer Arten sowie die (genetische) Vielfalt innerhalb der Arten erklären.
Die synthetische Evolutionstheorie (auch: moderne Synthese) vereinigt die Evolutionstheorie Darwins mit Erkenntnissen aus verschiedenen Teilbereichen wie der klassischen und modernen Genetik oder der Ökologie. Häufig wird die synthetische Theorie mit dem Neodarwinismus gleichgesetzt, was aber nicht korrekt ist.
Synthetische Evolutionstheorie Darwin
Die synthetische Evolutionstheorie basiert auf den Erkenntnissen des Biologen Charles Darwin. In seiner Evolutionstheorie (Selektionstheorie) beschreibt Darwin die Evolution als langsamen, allmählichen (graduellen) Prozess. Die „Triebkraft“ der Artwandlung ist laut der darwinschen Evolutionstheorie die Selektion bzw. natürliche Auslese.
Das bedeutet, dass sich die am besten angepassten Individuen mit vorteilhaften Merkmalsausprägungen gegen weniger gut angepasste Individuen mit unvorteilhaften Merkmalsausprägungen durchsetzen. Diese Beobachtungen hat Darwin vor allem während seiner Reise auf den Galapagos Inseln gemacht. Die Inselgruppe wurde erst recht spät entdeckt und die Tiere konnten sich deshalb ohne den Einfluss des Menschen entwickeln.
Unter anderem fand er heraus, dass die Schnabelform der dort lebenden Finkenarten („Darwin Finken“) jeweils an ihre Ernährungsform angepasst ist. Um Insekten zu fangen und zu fressen, ist ein feiner, dünner Schnabel vorteilhaft. Um Nüsse zu knacken hingegen ein kräftiger, dicker Schnabel.
Die Grundlagen der Charles Darwin Theorie sind:
- Überproduktion von Nachkommen: Alle Lebewesen produzieren mehr Nachkommen, als zur Erhaltung der Art notwendig wären. Die Gesamtpopulation bleibt aber langfristig gleich.
- Variabilität: Die „Mitglieder“ einer Population sind untereinander nicht gleich, sondern unterscheiden sich in ihrem Aussehen.
- Selektion: Lebewesen, die besser an ihre Umwelt angepasst sind, überleben häufiger als nicht so gut angepasste („Survival of the Fittest“). Sie können sich deshalb auch häufiger fortpflanzen und ihre Erbanlagen an die Nachkommen weitergeben. Das bezeichnest du als hohe biologische Fitness.
- Artwandel: Im Laufe der Zeit kann die immer bessere Angepasstheit der Lebewesen einer Population zu einem Wandel der Arten führen.
Übrigens hat auch der Biologe Russel Wallance zeitgleich zu Charles Darwins Evolutionstheorie das Konzept der natürlichen Selektion entwickelt.
Synthetische Evolutionstheorie Populationsgenetik
Wie Merkmalsausprägungen an Nachkommen vererbt werden konnten, wusste Darwin nicht. Das erklärten erst die Vererbungsregeln von Gregor Mendel. Die sogenannten Mendelschen Regeln führten unter anderem zu neuen Erkenntnissen im Bereich der Populationsgenetik – also der Analyse von Vererbungsvorgängen in Populationen. Das brachte die Evolutionsforschung enorm weiter.
Unter Populationen verstehst du eine Gruppe von Individuen einer Art, die den gleichen Lebensraum haben und sich miteinander fortpflanzen können. Also zum Beispiel eine Vogelart auf einer Insel.
Aus populationsgenetischer Sicht tritt Evolution dann auf, wenn sich die Allelhäufigkeiten (Allelfrequenzen) im Genpool einer Population ändern. Die Zusammensetzung im Genpool muss sich also ändern, damit neue Arten entstehen können.
Du kannst dir vorstellen, dass im Genpool sozusagen alle Gene einer Population „umher schwimmen“. Ein Gen, zum Beispiel für die Federfarbe eines Vogels, kann dabei in verschiedenen Zustandsformen (Allelen ) vorkommen. So sorgt ein Allel für die Ausbildung einer roten Federfarbe, ein anderes für eine gelbe Federfarbe. Die ausgeprägten Merkmale – also hier die Federfarbe – nennst du dann Phänotyp .
Aber wie kann sich die Häufigkeit der einzelnen Allele überhaupt ändern? Hierfür sind laut der synthetischen / modernen Evolutionstheorie fünf sogenannte Evolutionsfaktoren verantwortlich. Sie gelten als zentrale Mechanismen der Evolution.
Evolutionsfaktoren
Unter Evolutionsfaktoren verstehst du also Mechanismen, welche die genetische Struktur einer Population bzw. die Allelhäufigkeiten im Genpool verändern können.
Die fünf Evolutionsfaktoren als zentraler Bestandteil der synthetischen Evolutionstheorie sind:
- Mutation : liefert verändertes genetisches Material (Gene ); erfolgt zufällig
- Rekombination : Neukombination der Gene auf unterschiedliche Weise; Entstehung neuer Genotypen und Phänotypen; erfolgt zufällig
Mutation und Rekombination erzeugen damit genetische Variabilität (Vielfalt) in einer Population.
- Selektion : gerichtete Auslese („Filterung“) von Merkmalen der Individuen anhand ihrer Angepasstheit an die Umwelt
- Gendrift : Änderung der Allelhäufigkeit im Genpool einer Population durch Zufallsereignisse wie Vulkanausbrüche oder Überschwemmungen
- Isolation: Trennung einer Population in Teilpopulationen (z.B. durch einen Fluss); zwischen den Teilpopulationen ist keine Fortpflanzung mehr möglich
Bleibt die Trennung für längere Zeit bestehen, können so neue Arten entstehen (sympatrische und allopatrische Artbildung).
Du kannst also festhalten: Populationen evolvieren (entwickeln sich), wenn Individuen mit verschiedenen genetischen Zusammensetzungen (Genotypen
) unterschiedliche Fortpflanzungs- und Überlebensstrategien haben.
Weitere Evolutionstheorien
Neben der synthetischen Evolutionstheorie haben sich im Laufe der Zeit viele weitere Evolutionstheorien entwickelt. Beispiele dafür sind die Evolutionstheorien von Lamarck oder Cuvier. Alle Theorien beinhalten unterschiedliche Ansätze, um die Entstehung neuer Arten und den Artwandel zu erklären.