Artbildung
Bei der Artbildung spaltet sich eine Art in zwei oder mehrere Tochterarten auf. Wie das funktioniert, erfährst du hier.
Inhaltsübersicht
Artbildung einfach erklärt
Auf unserer Erde gibt es Millionen verschiedener Tier- und Pflanzenarten und es kommen immer wieder neue hinzu. Aber wie entstehen neue Arten?
Wichtig ist, dass sich neue Arten immer nur aus bestehenden Arten bilden können. Die wesentliche Voraussetzung für Artbildung ist die „Auftrennung“ einer Ursprungsart in zwei oder mehr Teilpopulationen. Zum Beispiel könnte ein Fluss eine Fuchspopulation trennen.
Die Teilpopulationen entwickeln sich unabhängig voneinander, bis sie sich nicht mehr miteinander fortpflanzen können (reproduktive Isolation). Ab dem Zeitpunkt haben sich neue Arten gebildet. Die Artentstehung kann vor allem über drei Wege ablaufen:
- die allopatrische Artbildung,
- die sympatrische Artbildung,
- und die parapatrische Artbildung
Die Artbildung (Speziation) ist ein Vorgang, bei dem sich eine Art in zwei oder mehr Tochterarten aufspaltet. Zwischen ihnen findet kein Genfluss mehr statt.
Artbildung durch Isolation
Die Voraussetzung, damit sich neue Arten bilden können, ist also die Auftrennung einer Ursprungspopulation in zwei oder mehr Teilpopulationen. Schauen wir uns zunächst aber einmal an, was Arten in der Biologie überhaupt sind.
Eine Art in der Biologie ist eine Gruppe von Populationen, die eine Fortpflanzungsgemeinschaft bildet. Sie können sich also untereinander fortpflanzen und fruchtbare Nachkommen gebären: Das funktioniert jedoch nicht jedoch mit Mitgliedern anderer Arten.
Betrachten wir nun allgemein, wie Artbildung funktioniert:
Schritt 1: Artgleiche Lebewesen können ihre Gene bei der Fortpflanzung untereinander austauschen. Das bezeichnest du auch als Genfluss. Das ist möglich, da Populationen einer Art ähnliche Genpools besitzen. Du kannst dir vorstellen, dass im Genpool sozusagen alle Gene einer Population „umher schwimmen“.
Beispiel: Eine Vogelpopulation lebt auf einer Insel. Die Vögel haben eine blaue Federfarbe. Die Erbanlagen für die blaue Federfarbe schwimmen also im Genpool.
Schritt 2: Durch die Auftrennung einer Population (Stammpopulation) in Teilpopulationen kann also der Genaustausch eingeschränkt oder ganz unterbrochen werden. Die Trennung (Isolation) voneinander kann zum Beispiel räumlich erfolgen.
Ein Sturm weht nun einen Teil der Vogelpopulation auf eine andere Insel.
Schritt 3: In beiden Populationen treten spontane Änderungen im genetischen Material (Mutationen ) auf. Durch die Trennung können die Mutationen nicht mehr untereinander ausgetauscht werden.
In einer Teilpopulation entsteht zum Beispiel eine Genvariante für braune Federn, in der anderen eine für grüne Federn.
Schritt 4: Die beiden Genpools der Populationen können sich nun durch unterschiedliche Umweltbedingungen (Selektionsfaktoren ) wie Nahrung oder Temperatur weiterentwickeln. Am besten angepasste Lebewesen können ihre Gene am erfolgreichsten an ihre Nachkommen weitergeben.
Die Vögel mit der grünen Federfarbe leben auf einer Insel mit viel Regen, die deshalb sehr grün ist. Sie können sich daher zum Beispiel besser im Gras tarnen und sind dadurch vor Fressfeinden gut geschützt. Die Vögel mit der braunen Federfarbe leben auf einer trockenen, sehr kahlen Insel. Sie können sich dadurch auch besser in ihrem Lebensraum tarnen. Die Vögel mit den braunen und grünen Federn haben jeweils einen Vorteil gegenüber den Vögeln mit den blauen Federn.
Schritt 5: Haben sich die getrennten Populationen soweit voneinander weg entwickelt, dass sie sich nicht mehr miteinander kreuzen können, sind neue Arten entstanden (genetische / reproduktive Isolation).
Eine neu entstandene Vogelart hat also braune Federn, die andere grüne Federn. Die Vögel aus den zwei neuen Arten können keine Nachkommen miteinander zeugen.
Allopatrische Artbildung
Eine Form der Artbildung ist die allopatrische Artbildung (Allopatrie). Hier wird eine Population durch eine räumliche Trennung aufgespalten. Das nennst du auch Separation oder geographische Isolation. Es handelt sich hierbei wahrscheinlich um die häufigste Form der Artentstehung.
Die geographischen Barrieren können sich zum Beispiel bilden durch:
- Kontinentaldrift: Gräben und Gebirge entstehen
- Klimawandel: Anstieg des Meeresspiegels, Austrocknen von Seen
- Zufällige Naturereignisse: Stürme, Überschwemmungen
Dadurch kommt es zur Aufspaltung einer Population in Teilpopulationen. Beide Teilpopulationen entwickeln sich nun zum Beispiel durch Mutationen und Selektion (natürliche Auslese durch die Umwelt) unterschiedlich voneinander. Irgendwann ist schließlich keine Fortpflanzung mehr zwischen den Teilpopulationen möglich (reproduktive Isolation). Auch wenn die geographische Barriere wieder wegfällt, können sich die neu entstandenen Arten nicht wieder kreuzen.
Beispiel Darwinfinken: Durch einen Sturm wurden einige Vögel einer Finkenart auf die Galapagosinseln verweht. Die Finken auf den unterschiedlichen Inseln entwickelten sich alle unterschiedlich voneinander, da sie sich zum Beispiel von unterschiedlichen Nahrungsquellen ernähren.
Wir haben auch ein separates Video zur allopatrischen Artbildung für dich vorbereitet! Schau jetzt vorbei, um sie Schritt für Schritt anhand von Beispielen nachzuvollziehen.
Sympatrische Artbildung
Im Gegensatz zur allopatrischen Artbildung findet bei der sympatrischen Artbildung keine Trennung durch eine geographische Barriere statt. Das bedeutet, dass die Ursprungsart in einem Gebiet lebt und die neuen Arten im gleichen Gebiet entstehen.
Die sympatrische Artbildung ist relativ selten in der Natur beobachtbar und kommt vor allem bei Pflanzen vor. Aber wie können Arten reproduktiv voneinander isoliert sein, obwohl sie jederzeit die Möglichkeit hätten sich zu begegnen und miteinander zu kreuzen?
Am häufigsten erfolgt die sympatrische Artbildung durch eine Polyploidie. Darunter verstehst du die Vervielfältigung des kompletten Chromosomensatzes durch eine Genomutation . Das führt dazu, dass keine Fortpflanzung zwischen der genetisch veränderten Art mit der ursprünglichen Art mehr möglich ist oder entstehende Nachkommen unfruchtbar sind.
Neben der Polyploidie (genetische Isolation) können auch verschiedene Lebens- und Verhaltensweisen zur Bildung neuer Arten beitragen. Einzelne Lebewesen passen sich zum Beispiel unterschiedlich an sich ändernde Lebensbedingungen wie Kälte oder mehr Niederschlag an als andere. Du möchtest noch weitere Ursachen der sympatrischen Artbildung erfahren und Beispiele kennenlernen? Dann schau dir unbedingt unser separates Video dazu an!
Parapatrische Artbildung
Die Parapatrische Artbildung findet statt, wenn Teilpopulationen geographisch aneinandergrenzende Gebiete – sogenannte Verbreitungsgebiete – besiedeln. Sie sind also räumlich nicht vollständig getrennt, leben aber auch nicht im gleichen Gebiet. Die Parapatrische Artbildung wird deshalb häufig als „Mittelweg“ zwischen den allopatrischen und sympatrischen Artbildungsprozessen bezeichnet.
Bei der parapatrischen Artbildung gehst du von einer Ursprungspopulation aus, die in einem relativ großen Gebiet vorkommt. Zum Beispiel eine Population aus Echsen. Auf einer Seite des Gebiets sind viele dunkle Felsen, auf der anderen Seite viele helle Felsen.
Es herrschen also unterschiedliche Umweltbedingungen. Dadurch kommt es zu einer sogenannten disruptiven („aufspaltenden“) Selektion. Hier haben also extreme Varianten Selektionsvorteile, während die Durchschnittsform benachteiligt ist. Dunkle Echsen sind also in einem Bereich besser an die dunklen Felsen angepasst, während helle Echsen besser an die hellen Felsen angepasst sind. Das führt dazu, dass in einem Gebiet vorwiegend dunkle Echsen und im anderen vorwiegend helle Echsen vorkommen.
Zunächst existiert noch eine Hybridzone. Das ist ein Überlappungsgebiet, in dem sich beide Teilpopulationen paaren können. Im Laufe der Zeit können sich daraus verschiedene Echsenarten entwickeln.
Evolutionsfaktoren
Du siehst also, dass nicht nur eine Trennung (Isolation) allein eine Entstehung neuer Arten oder einen Artwandel bewirkt. Sondern das funktioniert erst durch das Zusammenspiel aller Evolutionsfaktoren. Du zählst nach der synthetischen Evolutionstheorie diese fünf Mechanismen zu den Evolutionsfaktoren:
Wir haben ein separates Video zu den Evolutionsfaktoren für dich vorbereitet. Schau es dir jetzt an, um ihr Zusammenspiel nachzuvollziehen!