Klassifikation der Schriften nach DIN 16518
Die DIN 16518 ist eine Norm zur Einteilung von Schriften. Nach welchen Kriterien das passiert, welche Schriftgruppen es gibt und wie sie sich voneinander unterscheiden erklären wir dir hier.
Inhaltsübersicht
Was ist die DIN 16518?
Die DIN 16518 ist eine Norm zur Einteilung von Schriften. Sie gliedert Schriftarten in verschiedene Gruppen, basierend auf ihrem Aussehen und historischen Ursprüngen. Die Einteilung hilft dabei, Schriften besser zu verstehen und gezielt für verschiedene Zwecke auszuwählen. Insgesamt unterscheidet die Norm elf Gruppen.
Die Norm ist unter Typographen aus mehreren Gründen umstritten. Trotzdem ist sie häufig Teil von grafischen Ausbildungen und Studiengängen und wird daher weiterhin im Design verwendet. Einen allgemein gültigen Standard gibt es für Schriftklassifikation aber nicht.
Die Gruppen 1 bis 4 umfassen die klassischen Antiqua-Schriften, die sich besonders durch ihre Serifen auszeichnen. Sie werden vor allem nach der Epoche sortiert, in der ihr Stil entstand.
Gruppe 1 ist die Venezianische Renaissance-Antiqua. Sie stammen aus dem 15. Jahrhundert und zeichnen sich durch eine leichte Neigung der Achsen und stark ausgeprägte Serifen aus. Ein Beispiel hierfür ist die Schriftart Centaur.
In der Gruppe 2 befindet sich die Französische Renaissance-Antiqua. Sie hat ebenfalls Serifen, aber die Achsen der Buchstaben sind fast vertikal. Sie wirken dadurch ruhiger und ausgeglichener als die venezianischen Schriften. Eine bekannte Schrift ist die Garamond.
Gruppe 3 umfasst die Barock-Antiqua. Barocke Antiqua-Schriften haben kontrastreiche Strichstärken. Die Serifen sind sehr scharf und geradlinig. Ein Beispiel für sie hast du bestimmt schon mal gesehen: die Times New Roman.
Gruppe 4 enthält die Klassizistische Antiqua. Sie entstanden im 18. Jahrhundert und haben sehr starke Kontraste zwischen dünnen und dicken Linien. Die Serifen sind fein und betonen die klare, geometrische Form der Buchstaben. Ein Beispiel an dem du das gut erkennen kannst ist die Bodoni.
Moderne Antiqua-Schriften
Die Gruppen 5 bis 7 beinhalten moderne Antiquaschriften. Sie werden in erster Linie nach ihrem Aussehen unterteilt.
Gruppe 5 enthält die Serifenbetonte Linear-Antiqua. Hierbei handelt es sich um Schriften, die kaum Kontraste in der Strichstärke haben, aber ausgeprägte Serifen besitzen. Die Schriften sind besonders auffällig und wirken oft etwas robuster, wie etwa die Rockwell.
Gruppe 6 umfasst die Serifenlose Linear-Antiqua, auch bekannt als Grotesk. Sie zeichnen sich durch ihre Einfachheit aus, da sie keine Serifen und eine einheitliche Strichstärke haben. Sie wirken modern und schlicht, ideal für Logos oder Überschriften. Ein Beispiel ist die Futura.
Gruppe 7 besteht aus den Antiqua-Varianten. Zu der Gruppe gehören alle Antiquaschriften, die sich nicht in die ersten sechs Gruppen einordnen lassen. Dementsprechend finden sich hier sehr unterschiedliche Schriftarten, die oft für dekorative Zwecke genutzt werden. Die Jokerman fällt zum Beispiel in diese Kategorie.
Dekorative und handschriftliche Schriften
Die letzten vier Gruppen umfassen dekorative und handschriftlich wirkende Schriften, die oft für spezielle Zwecke eingesetzt werden. Sie sind die am gröbsten definierten Gruppen, wodurch ihre Schriftarten sich stärker unterscheiden und oft nur aufgrund genereller Charakteristiken in die gleiche Gruppe eingeordnet werden.
Gruppe 8 umfasst die Schreibschriften. Sie orientieren sich an handgeschriebenen Schreibschriften und vermitteln eine persönliche Note. Sie wirken verspielt und lebendig und werden oft wegen ihrer Ästhetik genutzt. Für Fließtexte eignen sie sich aber nur bedingt. Ein Beispiel für sie ist die Brush Script.
Gruppe 9 enthält die handschriftliche Antiqua. Wie der Name schon sagt, hat sie ebenfalls einen handschriftlichen Charakter, basiert aber im Gegensatz zu den Schreibschriften auf der Antiqua. Ihre Buchstaben werden lediglich so angepasst, dass sie an eine Handschrift erinnern. Auch hier erhält die Schrift dadurch einen persönlichen Charakter, allerdings ist sie im Vergleich zur Schreibschrift etwas besser lesbar, da ihre Buchstaben im Gegensatz zu ihr oft nicht miteinander verbunden sind, was du gut bei der Bradley Hand sehen kannst.
Gruppe 10 sammelt die Gebrochenen Schriften. Sie zeichnen sich durch ihre gebrochenen, kantigen Formen aus. Sie wurden früher oft für historische Drucke verwendet und vermitteln einen mittelalterlichen Eindruck. Heute werden sie eher selten genutzt, da sie einerseits schwer zu lesen sind und andererseits oft veraltet wirken. Ein gutes Beispiel für sie ist die Rotunda Veneta.
Die Gruppe 11 umfasst alle Nicht-lateinischen Schriften. Hier werden alle Schriften zusammengefasst, die nicht auf dem lateinischen Alphabet basieren, wie etwa kyrillische oder arabische Schriften. Allerdings wird sie deswegen auch oft kritisiert, da die Definition der Gruppe so vage ist, dass sie keine internationale Relevanz hat. Mit der Adobe Text Pro lassen sich einige von ihnen darstellen.
Die DIN 16518 ist wie bereits erwähnt keineswegs ein universell gültiges System zur Schriftklassifikation und bis heute unter Typographen und Designern kontrovers. Hier sind einige der Hauptkritikpunkte:
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Veraltete Struktur und Klassifikation: Die DIN 16518 spiegelt die Schriftklassifikationen und Typografiestile des frühen 20. Jahrhunderts wider, weshalb sie für die heutige Typografie oft nicht mehr zeitgemäß ist. Neue Entwicklungen wie Humanist- und Geometrische Groteskschriften oder digital beeinflusste Schriftstile sind kaum abgedeckt.
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Unklare Abgrenzungen zwischen Kategorien: Die Grenzen zwischen den Klassifikationsgruppen sind oft unscharf. Beispielsweise ist die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Antiqua-Gruppen nicht immer eindeutig und führt zu Unsicherheiten bei der Einordnung.
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Fehlende Berücksichtigung moderner Schriftarten: Moderne Schriftarten wie Display-Schriften, experimentelle Schriftstile und variable Fonts fallen häufig durch das Raster der DIN-Klassifikation, da sie den traditionellen Kategorien nicht entsprechen.
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Eingeschränkte internationale Anwendbarkeit: Die DIN 16518 ist stark auf den deutschen Sprachraum und dessen Schrifttradition ausgelegt und wird international weniger anerkannt. Im globalen Kontext hat sich der Klassifikationsansatz der britischen Association Typographique Internationale (ATypI) durchgesetzt, der international flexibler nutzbar ist.
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Fehlende Typen für serifenlose Schriften: Für serifenlose Schriften (Grotesk) gibt es in der DIN 16518 nur wenige Kategorien. Die Vielfalt an Groteskschriften, die seit dem 20. Jahrhundert entstanden ist, wird hier nicht ausreichend repräsentiert. Es fehlen spezifischere Unterteilungen wie geometrische, humanistische und neo-groteske Stile.
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Komplexität und mangelnde Benutzerfreundlichkeit: Die Kategorien sind oft so detailliert und kleinteilig, dass die Anwendung für Nicht-Experten schwierig ist. Dies kann die Norm für Designer oder andere Personen, die sich nicht intensiv mit Schriftklassifikation beschäftigen, unpraktisch machen.
Schriftanwendung
Jetzt weißt du, wie Schriften nach der DIN 16518 klassifiziert werden und welche Unterschiede es gibt. Wenn du wissen willst, wie du Schriften anwendest, dann schau dir gleich unser nächstes Video an!