Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring

Du musst eine qualitative Inhaltsanalyse durchführen und weißt nicht, wie du dabei vorgehst? In diesem Beitrag und Video zeigen wir dir Schritt für Schritt mit vielen Beispielen, was du dabei beachten musst.

Inhaltsübersicht

Was ist die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring?

Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ist eine Methode, um die Forschungsfrage deiner wissenschaftlichen Arbeit zu beantworten. Deine Daten wertest du strukturiert aus und ordnest sie bestimmten Kategorien zu. Die Daten können Texte, Bilder oder Lieder sein.

Du untersuchst beispielsweise auf welche Art und Weise in einem Medium über ein bestimmtes Thema gesprochen wird. Dadurch gewinnst du neue Erkenntnisse.

Qualitative Inhaltsanalyse – Beispiel
  • Wie wurde auf der Instagram-Seite der Tagesschau über die Corona-Impfungen in den letzten zwei Jahren berichtet?
    Passende Kategorien können sein:
    → negative Informationen
    → positive Informationen
    → beängstigende Informationen
    → sachliche Informationen

Das Gegenstück der qualitativen Inhaltsanalyse ist die quantitative Inhaltsanalyse. Mit ihr untersuchst du eine große Anzahl an Daten. Auf diese Daten werden eine begrenzte Anzahl an Merkmalen angewendet, um die Forschungsfrage zu beantworten.

Wie du eine qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring in 8 Schritten durchführst, zeigen wir dir jetzt!

1. Schritt: Material festlegen

Zunächst solltest du das Material festlegen. Wähle das Material so aus, dass es zu deiner Forschungsfrage passt. Allgemein kannst du Texte sowie audio-visuelles Material auswählen. Beispiele dafür sind:

  • Zeitungsartikel
  • Radio- und Fernsehbeiträge
  • Lieder 
  • Forschungsberichte
  • Social-Media-Beiträge

Qualitative Inhaltsanalyse – Beispiel:
In der Forschung soll herausgefunden werden, wie auf Instagram über das aktuelle Corona-Geschehen berichtet wird. Dafür werden die drei Instagram-Seiten Tagesschau, ZDF heute und Süddeutsche Zeitung ausgewählt.

Nun schaust du unter welchen Bedingungen das Material hergestellt wurde. Du erklärst also, auf welche Weise es entstanden ist. Das kann je nach Datentyp ganz unterschiedlich sein. In diesem Beispiel handelt es sich um tagesaktuelle Beiträge, die auf Instagram veröffentlicht werden. Die Autoren erhalten aktuelle Informationen zum Geschehen, verfassen den Beitrag und veröffentlichen ihn auf Instagram.

Außerdem solltest du die Form des Materials bestimmen. Meist hat das Material eine schriftliche Textform.

2. Richtung der Analyse bestimmen

Jede wissenschaftliche Arbeit hat eine präzise Forschungsfrage, die die Richtung deiner Analyse vorgibt.

In diesem Schritt bestimmst du also, was das Ziel und die Richtung deiner Analyse sind. Folgende Richtungen sind möglich:

  • du analysierst den Text an sich 
  • du untersuchst den soziokulturellen Hintergrund des Textes
  • du fokussierst deine Analyse auf die Zielgruppe
  • du beziehst deine Analyse auf den Autor des Textes
  • du konzentrierst dich auf den Objektbereich, also das allgemeine Thema

Merke: Um die Richtung deiner Analyse zu bestimmen, benötigst du bestehende Theorien und den aktuellen Forschungsstand. Außerdem hilft dir das, deine Analyse besser zu erklären.

Qualitative Inhaltsanalyse – Beispiel:
Es werden die Instagram-Posts über das Corona-Geschehen in den letzten 6 Monaten betrachtet. Dabei konzentriert sich die Forschung auf den Text an sich, denn es soll untersucht werden, wie über das Thema berichtet wird.

3. Form der Inhaltsanalyse wählen

Du kannst zwischen 3 Grundformen der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring wählen. Diese sollte am besten zu deiner Forschungsfrage passen:

  1. Zusammenfassende Inhaltsanalyse – Mayring:
    Dein Material reduzierst du so, dass du eine Übersicht über die wesentlichen Inhalte, in Form von Kurztexten, hast. So bekommst du einen überschaubaren Korpus des Materials. Ein Korpus ist die Sammlung von sprachlichen Daten. Diese Form verwendest du, wenn du den Inhalt des Materials untersuchen möchtest.

    Zusammenfassende Inhaltsanalyse – Beispiel:
    Es werden nur Informationen herausgefiltert, die für die Forschungsfrage wichtig sind. Thematische Abweichungen oder Einschübe, z. B. das Corona-Geschehen in einem anderen Land, werden aus den Daten entfernt. Sie werden dann in der Inhaltsanalyse nicht betrachtet. 

  2. Explizierende Inhaltsanalyse – Mayring:
    Wenn es unverständliche Textstellen gibt, benutzt du zusätzliches Material. Du kannst beispielsweise zusätzliche Literatur, Webseiten oder Lexika verwenden, um Hintergrundinformationen zu erhalten. Damit erklärst du diesen Textabschnitt und schließt Wissenslücken. 

    Explizierende Inhaltsanalyse – Beispiel:
    Wenn über die Inhaltsstoffe von Corona-Impfungen berichtet wird, fehlen den Lesenden meist nähere Informationen dazu. Es wird daher zusätzliches Material herangezogen, z. B. Webseiten, die die Inhaltsstoffe und ihre Auswirkungen näher erklären.

  3. Strukturierende Inhaltsanalyse – Mayring:
    Bei der strukturierenden Inhaltsanalyse nimmst du bestimmte Aspekte aus dem Material heraus. Das Material wird unter vorher festgelegten Kategorien bewertet. Mithilfe dieser Kategorien kannst du dann den gesamten Inhalt des Textes darstellen.

    Strukturierende Inhaltsanalyse – Beispiel:
    Eine Textstelle von der Tagesschau sagt Folgendes: „Auch Wieler warnte: ‘Die Pandemie ist noch nicht vorbei’”. Basierend auf weiteren solcher Daten können nun Kategorien gebildet werden. Das Verb „warnen“ und das Adjektiv „noch nicht vorbei“ klingen negativ. Daraus kann man folgende Kategorie bilden: „negative Informationen“.

Beachte: Kategorien sind auch bei der zusammenfassenden und der explizierenden Inhaltsanalyse wichtig. Du verwendest sie nämlich, um die Textstellen einzuordnen. Der Fokus bei den beiden Formen liegt aber stark auf der inhaltlichen Zusammenfassung oder der Erklärung unverständlicher Textstellen. Die strukturierende Inhaltsanalyse nimmt stärker auf die Kategorien selbst Bezug.

4. Kategoriensystem herausarbeiten

Besonders wichtig für alle Formen der qualitativen Inhaltsanalyse ist das Kategoriensystem. Du ordnest nämlich Daten in Kategorien ein. Dabei kannst du entweder

  • ein bereits bestehendes Kategoriensystem aus der Literatur verwenden (= deduktiv )
    Beispiel:
    Es gibt bereits ein bestehendes Kategoriensystem in der Literatur. Jakobs & Müller (2003) haben eine Studie zum Thema „Meinungen der deutschen Bevölkerung zum Schulsystem in Deutschland“ durchgeführt. Sie haben ein Kategoriensystem herausgearbeitet, das gut zum Thema passt und daher für diese Forschung verwendet wird.
  • oder aus deinen Daten Kategorien bilden (= induktiv )
    Beispiel:
    Es gibt viele Wörter, wie „warnen“, „Lockdown“ oder „besorgniserregend“. Dazu wird eine passende Kategorie gebildet: „beängstigende Informationen“.

Jede Kategorie muss klar formuliert und von den anderen Kategorien abgrenzbar sein, damit du deine Daten besser einordnen kannst.

Qualitative Inhaltsanalyse – Beispiel:
Die Instagram-Beiträge sollen nach bestimmten Kategorien bewertet werden. Dafür wird zuerst ein Kodierleitfaden entwickelt, indem die Kategorien festgelegt werden. Diese Kategorien wurden aus bestehender Literatur herausgearbeitet. Im Kodierleitfaden sind unter anderem Kategorien wie „sachliche Informationen“, „negative Informationen“, „beängstigende Informationen“ oder „positive Informationen“ festgehalten.

Kodierregeln als Orientierung

Kodierregeln dienen als Orientierung für dich. Sie erleichtern dir die Zuordnung deiner Daten zu den jeweiligen Kategorien. Mithilfe der Kodierregeln bekommst du Informationen darüber, wann und warum Textstellen zu einer bestimmten Kategorie gehören und wann zu einer anderen.

  • Alle negativen Adjektive, Nomen und Verben werden der Kategorie „negative Informationen“ zugeordnet.

5. Analyseeinheiten definieren

Für eine genaue Analyse musst du Analyseeinheiten festlegen:

  • Auswertungseinheit:
    Diese Einheit legt fest, welche Texte nacheinander kodiert werden.
    Beispiel:
    Es werden Instagram-Beiträge von drei verschiedenen Nachrichten-Profilen betrachtet. Jeder Instagram-Beitrag entspricht einer Auswertungseinheit.

  • Kodiereinheit:
    Die Kodiereinheit bestimmt, was der kleinste Textbestandteil ist, den du kodieren darfst. Das können beispielsweise einzelne Wörter sein.
    Beispiel:
    Jeder Instagram-Post besteht aus Bildern und einer Bildunterschrift. Auf den Bildern bekommt man bereits sehr kurze Informationen. Das können Stichpunkte oder kurzen Überschriften sein. Als Kodiereinheit, also dem kleinsten Textbestandteil, sind die kurzen Überschriften auf dem ersten Bild der Instagram-Beiträge definiert.

  • Kontexteinheit:
    Diese Einheit bestimmt wiederum, was der größte Textbestandteil ist, den du kodieren darfst. Dazu gehören zum Beispiel mehrere Sätze.
    Beispiel:
    Die Nachrichten-Profile schreiben unter jedem Beitrag einen Text (Bildunterschrift), in dem sie Informationen zum aktuellen Corona-Geschehen geben. Dieser Text ist der größte Teil, den du untersuchst — daher ist er die Kontexteinheit.

Merke: Kodieren bedeutet, dass du die Textstellen bzw. deine Daten bestimmten Kategorien zuordnest.

6. Analyse durchführen

Nachdem du das Kategoriensystem und die Analyseeinheiten bestimmt hast, kodierst du dein Material. Gehe dazu folgendermaßen vor:

  • Suche bestimmte Zitate aus deinen Daten heraus. Dadurch fällt es dir leichter, sie den Kategorien zuzuordnen. Mithilfe solcher Zitate zeigst du dann, welche Textinhalte zu welcher Kategorie gehören und wie diese Textinhalte thematisch voneinander abzugrenzen sind. 
  • Begründe außerdem, warum du diese Textstelle einer bestimmten Kategorie zugeordnet hast.
  • Wenn sich während deiner Analyse das Kategoriensystem verändert, weil du z. B. neue Kategorien hinzufügen musst, wiederholst du den Materialdurchlauf.

Qualitative Inhaltsanalyse – Beispiel:
Die Instagram-Beiträge von allen drei Instagram-Seiten Ende 2020 können eher der Kategorie „beängstigende Informationen“ zugeordnet werden, während sie Mitte 2022 vorwiegend zu der Kategorie „positive Informationen“ gehören.

Mithilfe von bestimmten Transkriptionsprogrammen, wie EasyTranscript, MAXQDA oder ELAN, kannst du ganz einfach dein Material kodieren:

  1. Lade deine Daten in das Programm hoch.
  2. Erstelle farbliche Kodierungen zu jeder Kategorie. Ordne also deinen Kategorien bestimmte Farben zu.
  3. Öffne nun den ersten Text aus deinen Daten und markiere eine passende Textstelle oder ein einzelnes Wort.
  4. Ordne dieser Textstelle eine deiner erstellten Kategorien zu. 

7. Ergebnisse interpretieren

Nun kannst du deine Ergebnisse aus der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring zusammentragen und interpretieren. Greife dabei auf deine Forschungsfrage zurück und beantworte sie.

Qualitative Inhaltsanalyse – Beispiel:

Die Instagram-Beiträge von allen Profilen Ende 2020 lassen sich der Kategorie „beängstigende Informationen“ zuordnen, weil Deutschland noch am Anfang der Pandemie stand und es noch keine Impfungen gegen Corona gab. Seit Mitte 2022 lassen sich immer mehr Beiträge der Kategorie „positive Informationen“ zuordnen. Der Grund dafür liegt in der positiven Pandemie-Entwicklung durch die hohe Anzahl von Impfungen.

8. Gütekriterien überprüfen

Als Letztes überprüfst du, ob deine Analyse auch die Gütekriterien der qualitativen Forschung erfüllt. Diese Gütekriterien sind:

  • Transparenz:
    Deine Forschung muss nachvollziehbar sein. Du beschreibst jeden Schritt, sodass es für Außenstehende verständlich ist.
  • Reichweite:
    Wenn du die qualitative Inhaltsanalyse wiederholst, treten ähnliche Ergebnisse auf. Deine Forschung ist also reproduzierbar.
  • Intersubjektivität:
    Intersubjektivität ist gegeben, wenn du deine Daten und Ergebnisse diskutierst und kritisch reflektierst.

Qualitative Inhaltsanalyse – Beispiel:
Transparenz ist gegeben, weil klar definiert wird, welche Instagram-Seiten betrachtet werden und warum ausgerechnet diese ausgewählt wurden.

Das Gütekriterium Reichweite ist erfüllt, denn ein anderer Forscher erzielt ähnliche Ergebnisse, wenn er genau denselben Kodierleitfaden mit denselben Kategorien für seine Studie anwendet.

Die Studie ist intersubjektiv, weil die Daten und Ergebnisse diskutiert und kritisch reflektiert werden.

Merke: Die intersubjektive Nachvollziehbarkeit spielt hier eine wichtige Rolle. Deine wissenschaftliche Arbeit sollte für jeden einfach zu verstehen sein. Das bedeutet, dass du deine Ergebnisse nicht nur kritisch reflektierst, sondern sie auch für deine Leserschaft ausführlich erklärst und deutlich machst.

Vor- und Nachteile – Qualitative Inhaltsanalyse Mayring

Die folgende Tabelle zeigt dir die Vor- und Nachteile einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring:

Vorteile Nachteile
✓  fester Ablauf für die Auswertung ✗  Qualität der Inhaltsanalyse hängt von den Inhalten der Daten ab
✓  nicht auf Kooperation von Teilnehmern angewiesen

✗  die Frage, warum etwas so ist, kann schwer beantwortet werden

✓  flexible Methode, da sie auf viele verschiedene Inhalte angewendet werden kann ✗  komplett objektive Kodierregeln zu entwickeln, ist unmöglich

Unterschied zur quantitativen Inhaltsanalyse

Neben der qualitativen Inhaltsanalyse gibt es auch die quantitative Inhaltsanalyse. Was der Unterschied zwischen den beiden Methoden ist, siehst du in der folgenden Tabelle:

qualitative Inhaltsanalyse quantitative Inhaltsanalyse
  • wenige Daten
  • viele Daten
  • individuelle Daten detailliert analysieren
  • nur relevante Merkmale betrachten
  • zielt auf Interpretationen ab
  • zielt auf Häufigkeiten ab
  • Beispiel: Kategorienbildung
  • Beispiel: Häufigkeitsanalyse

Qualitative Inhaltsanalyse – häufigste Fragen

  • Was ist eine qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring?
    Die qualitative Inhaltsanalyse ist ein Auswertungsverfahren, mit dem du Daten in Kategorien ordnest, um deine Forschungsfrage zu beantworten.

  • Wie schreibt man eine qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring?
    1. Material festlegen
    2. Richtung der Analyse bestimmen
    3. Form der Inhaltsanalyse wählen 
    4. Kategoriensystem herausarbeiten
    5. Analyseeinheiten bestimmen
    6. Analyse durchführen
    7. Ergebnisse interpretieren
    8. Gütekriterien überprüfen

  • Was sind Kategorien der qualitativen Inhaltsanalyse?
    Kategorien sind bestimmte Kriterien, nach denen du Textstellen einordnest. Sie dienen dazu, den Inhalt der Textstelle zu repräsentieren. Du verwendest Kategorien entweder aus bestehender Literatur oder bildest sie eigenständig aus deinen eigenen Daten.

Qualitative Forschung

Super! Jetzt weißt du, was die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ist und wie du sie durchführst. Willst du mehr über die qualitative Forschung und ihre Methoden wissen? Dann schau dir doch gleich das Video dazu an!

Zum Video: Qualitative Forschung
Zum Video: Qualitative Forschung

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