Aggression
Aggression und Gewalt sind so alt wie die Menschheit selbst. Hier und in unserem Video erfährst du, wie Aggression entsteht und wie sie sich äußern kann.
Inhaltsübersicht
Was ist Aggression?
Aggression bezeichnet Verhalten, das darauf abzielt, jemandem Schaden zuzufügen. Sie ist oft mit negativen Emotionen wie Wut oder Frustration verbunden, die sich gegen die eigene Person oder andere Personen richten kann.
Aggression dient als verbale oder physische Abreaktion — zum Beispiel in Form von Beleidigungen, Gewalt oder auch negativen Selbstgesprächen und selbstverletzendem Verhalten.
Aggression [lat. aggredi = angreifen] bezeichnet „eine Handlung, deren Zielreaktion die Verletzung eines Organismus (oder Organismus-Ersatzes) ist“ (Dollard et al., 1939).
In Form von Vandalismus kann sich Aggression auch gegen Gegenstände richten. Als weiterer Organismus-Ersatz können auch ganze Gruppen Ziel der Aggression sein.
Aggression ist immer zielgerichtet. Eine Verletzung, die aus Versehen geschieht, bezeichnest du also nicht als Aggression.
Feindselige Aggression
… wird meist durch Wut ausgelöst. Als Reaktion auf eine Situation ist feindselige Aggression meist impulsiv. Deswegen wird sie manchmal auch als heiße Aggression bezeichnet.
Beispiel: Beim Aussteigen aus dem Bus rempelt Peter aus Versehen Lisa an. Sie dreht sich wütend um und schubst Peter absichtlich zu Boden.
Instrumentelle Aggression
… verfolgt ein höheres Ziel. Dabei wird die Schädigung einer Person oder Gruppe in Kauf genommen. Du nennst sie auch kalte Aggression. Denn der Aggressor handelt nicht aus heißer Wut, sondern kalkulierter.
Beispiel: Bei einer Demonstration wollen die Demonstranten bis ins Rathaus vordringen. Die Polizei hat den Bereich abgesperrt. Ein Demonstrant beginnt, Steine zu werfen, um die Polizei zurückzudrängen.
Physische Aggression
… wird oft synonym mit Gewalt verwendet. Sie umfasst alles von der Androhung von Gewalt bis hin zur tatsächlichen physischen Schädigung einer Person oder eines Gegenstandes. Das kann zum Beispiel durch Schubsen, Schlagen oder Treten geschehen.
Verbale Aggression
… bezeichnest du oft auch als psychische Gewalt. Der Aggressor beleidigt, beschimpft oder bedroht sein Opfer. Insbesondere wiederkehrende verbale Aggression (Mobbing) kann starke psychische Schäden verursachen.
Offene Aggression
… kannst du auch als direkte Aggression bezeichnen. Der Aggressor geht offen gegen sein Opfer vor, zum Beispiel mit Beleidigungen oder Gewalt.
Verdeckte Aggression
… meint häufig nur Aggressions-Fantasien. Es kann sich aber auch um indirekte Aggression handeln. Durch das Verbreiten von Gerüchten wird zum Beispiel der Ruf einer Person geschädigt. Passiv-aggressive Menschen nutzen häufig Vorwürfe und Schuldzuweisungen, um ihre Ziele zu erreichen.
Weitere Formen
- Aggressionen können außerdem von der Gesellschaft missbilligt (z. B. Körperverletzung) oder gebilligt (z. B. Selbstverteidigung) werden.
- Bei selbstverletzendem Verhalten sprichst du von nach innen gerichteter Aggression.
- „Cute aggression“ bezeichnet das Gefühl, etwas geradezu erdrücken zu wollen, weil es so süß ist. Viele Menschen berichten dieses Bedürfnis beim Betrachten besonders süßer (Tier-)Babys.
Wie entsteht Aggression?
Aggression tritt bei Menschen selten plötzlich auf, sondern sie spitzt sich zu. Wie genau Aggression entsteht, siehst du hier.
Auslöser für Aggression können zum Beispiel Provokationen sein. Darauf folgt eine Eskalationsphase, in der die innere Anspannung immer weiter steigt. Der Betroffene fühlt sich aufgeregt und beginnt, die Kontrolle zu verlieren. Es kommt zum Ausbruch der Aggression.
Allerdings muss nicht jeder potenzielle Auslöser auch zu aggressivem Verhalten führen. Um das zu erklären, haben Psychologen die verschiedensten Theorien zu Aggression und Bewältigungsstrategien entworfen.
Psychologische Theorien
Aus heutiger Sicht ist wahrscheinlich, dass Aggressionen durch die Kombination verschiedener Theorien erklärt werden können. Teilweise ist Aggression genetisch bedingt, teilweise erlernt.
Zusätzliche Faktoren sind …
- Persönlichkeitsmerkmale wie Narzissmus,
- psychische Aspekte wie Müdigkeit,
- verstärkende Substanzen wie Alkohol
- und äußere Einflüsse wie große Hitze.
Die genauen Vorgänge der Aggression sind so komplex, dass sie bis heute nicht entschlüsselt wurden.
Schau dir hier die Beginne der Aggressionsforschung an. Bedenke allerdings, dass du die Theorien heute nicht mehr einzeln anwenden würdest.
Instinkt-/ Triebtheorien
Grundannahme: Es gibt eine spezifische Aggressionsenergie, die sich aufstaut und entlädt. Sie bildet sich immer wieder neu.
- Burk (1897) nennt diese Energie Kampftrieb, Adler (1908) Aggressionstrieb und Spielrein (1911) Destruktionstrieb.
- 1920 entwickelt Sigmund Freud
eine Theorie:
- Eros (Lebenstrieb) und Thanatos (Todestrieb) stehen sich gegenüber.
- Auch der Todestrieb muss erfüllt werden. Er wird nach außen gewendet: So kommt es zu Fremdaggression statt tödlicher Selbstaggression.
Lösungsansatz: Kanalisieren der Aggression z. B. durch Kampfsport (denn Unterdrücken führt zum unkontrollierten Ausbruch). Die Katharsishypothese besagt, dass angestaute Aggression ausgelassen werden muss, damit zukünftiges Aggressionsverhalten verringert wird.
➜ Aber: Menschen gelten heute nicht mehr als rein triebgesteuert.
Frustrations-Aggressions Theorie
Grundannahme: „Aggression ist immer eine Folge von Frustration“ und „Frustration führt immer zu einer Form von Aggression“ (Dollard und Miller, 1939).
Lösungsansatz: Bestimmte Quellen der Frustration meiden und großes Aggressionspotential lieber in kleinen Aggressionen ausleben; z. B. kompetitive Spiele vermeiden.
➜ Aber: Frustration gilt heute nur noch als ein Auslöser von Aggression.
Biologische Aggressionstheorien
Grundannahme: Aggression ist genetisch bedingt.
- Evolutionstheorie : Aggression als Ergebnis natürlicher Selektion
- Verhaltensgenetik: Aggression als genetisch beeinflusstes Verhalten
- Hormonelle Bedingtheit der Aggression (Testosteron, Cortisol)
➜ Annahme: Männer sind von Natur aus aggressiver als Frauen — Falsch!
Wahrscheinlicher: in der Sozialisation
von Jungen ist Aggression eher geduldet als bei Mädchen
➜ Mädchen richten ihre Aggression eher gegen sich selbst (Alkohol- und Drogenmissbrauch, Magersucht, Selbstverletzung, Suizidversuche)
Lösungsansatz: Abreagieren durch körperliche Betätigung oder ausagieren aggressiver Fantasien in den Medien; z. B. durch Computerspiele
➜ Aber: Aggressionsverhalten kann genetische Ursachen haben. Die biologischen Faktoren sind aber nur Faktoren neben vielen.
Lernpsychologische Ansätze
Grundannahme: Aggression ist ein erlerntes Verhalten und resultiert oft aus fehlerhaften Verknüpfungen. Das heißt, aggressives Verhalten wird vermehrt gezeigt, weil es mit positiven Folgen verbunden wird.
-
Lernen am Modell
(Bandura, 1965): Kinder ahmen Verhalten nach, wenn es positive Folgen hat und übernehmen es nicht, wenn es negative Folgen hat.
- Klassische Konditionierung (Pawlow, 1918): Verhalten kann durch Bestrafung und Belohnung verändert werden.
Lösungsansatz: Verhalten umlernen durch Loben und Ignorieren (operante Konditionierung); Vorbilder nutzen, die prosoziales Verhalten statt Aggression zeigen; z. B. Gewaltdarstellungen im Fernsehen vermeiden
Aktuelle Aggressionsforschung
Ein Hauptgebiet der aktuellen Forschung zu Aggression ist die Forschung zu Gewalt. Besonders bei spezifischen Formen der Gewalt liegt hier oft ein großer Forschungsbedarf vor. Beispielsweise gab es bis 1990 keine Untersuchungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern als Unterform sexueller Gewalt.
Gerade für die Gewaltprävention ist eine ausdifferenzierte Aggressionsforschung jedoch wichtig. Zu vielen spezifischen Forschungsgebieten wird heute auch interdisziplinär geforscht.
Das sind zum Beispiel:
- Gewalt in den Medien
- Gewalt gegen Ausländer
- Kinder– und Jugendkriminalität
- Gewalt in der Familie
- sexualisierte Gewalt
- Gewalt am Arbeitsplatz
- Terrorismus und Krieg
- …
Neben der Prävention bringt die Aggressionsforschung auch wichtige Erkenntnisse für die therapeutische Arbeit mit Tätern und Opfern.
Aggression — häufigste Fragen
-
Was ist Aggression?
Aggression beschreibt in der Psychologie Verhalten, das darauf abzielt, einer Person oder einem Gegenstand Schaden zuzufügen. Es ist immer zielgerichtet und meistens mit negativen Emotionen wie Wut und Frustration verbunden.
-
Was steckt hinter Aggression?
Aggression spitzt sich meist zu. Ereignisse wie Ärger, Frustration, Beleidigung, Zurückweisung, Überforderung oder Normverletzung können Auslöser sein. Unzureichende Emotionskontrolle führt zum Ausbruch der Aggression.
-
Ist Aggression angeboren oder erlernt?
Während biologische Aggressionstheorien von einer genetischen Voraussetzung für Aggression ausgehen, sehen moderne Theorien die Ursachen stärker in der Umwelt. Aggression wird durch Erfahrungen erlernt und von anderen übernommen.
Choleriker
Die Theorie hinter aggressivem Verhalten kennst du jetzt. Aber manche Menschen scheinen einfach ständig jähzornig und unberechenbar zu sein. Hier erfährst du wertvolle Tipps für den Umgang mit einem Choleriker.