Prokrastination
Was ist Prokrastination und was hilft dagegen? Das erfährst du hier und im Video.
Inhaltsübersicht
Was ist Prokrastination?
Prokrastination bedeutet, dass wichtige Aufgaben bewusst oder unbewusst aufgeschoben werden, obwohl sie eigentlich erledigt werden müssen. Der Begriff leitet sich vom lateinischen „procrastinare“ ab, was „vertagen“ bedeutet.
Menschen, die prokrastinieren, vermeiden unangenehme Aufgaben und machen stattdessen kurzfristig angenehmere Tätigkeiten. Zum Beispiel räumen sie lieber den Schreibtisch auf, statt an einem wichtigen Projekt zu arbeiten. Oder putzen das Bad, während die Steuererklärung noch herumliegt.
Fast jeder hat schon mal etwas aufgeschoben, in einer Studie von 2019 gaben 98 % der Befragten zu, es manchmal zu tun. Das gewohnheitsmäßige Aufschieben bei Prokrastinierern kann aber so weit gehen, dass berufliche und gesundheitliche Probleme entstehen. Dann wird es problematisch.
Durch das Verschieben von Pflichten entsteht nämlich Stress, denn die eigentliche Aufgabe bleibt unerledigt und der Zeitdruck wird stetig größer. Außerdem haben Betroffene dabei in der Regel ein schlechtes Gewissen, sind also keineswegs faul.
Übrigens: Umgangssprachlich wird das ständige Aufschieben von Aufgaben auch als Aufschieberitis bezeichnet.
Ursachen von Prokrastination
Wenn beim Prokrastinieren unangenehme Aufgaben zugunsten anderer Tätigkeiten aufgeschoben werden, verschafft das kurzfristig ein positives Gefühl. Zum einen, weil die unangenehme Aufgabe vorübergehend wegfällt und zum anderen, weil das Erledigen der angenehmeren Aufgabe zu direkten, positiven Konsequenzen führt.
Zum Beispiel, wenn jemand das Bad putzt. Dann sieht er direkt, dass es danach sauber ist und hat ein kleines Erfolgserlebnis. Später stellen sich dann erst die negativen Konsequenzen des Aufschiebens ein, die eigentliche Aufgabe ist ja noch unerledigt und der Zeitdruck steigt.
Daneben gibt es verschiedene Persönlichkeitsmerkmale, welche die Prokrastination fördern.
Persönlichkeit und Prokrastination
Versagensängste, hohe Erwartungen an sich selbst und unrealistische Ziele verleiten Menschen dazu, Dinge aufzuschieben. Sie fühlen sich dann überfordert und schieben die Aufgabe lieber vor sich her, aus Angst, sie nicht richtig oder nicht gut genug hinzubekommen.
Manche Menschen haben auch Probleme dabei, sich zu konzentrieren. Sie lassen sich dann leicht wieder ablenken, wenn sie an etwas arbeiten oder mit einer Aufgabe anfangen wollen.
Dazu kommt, dass einige einfach generell Schwierigkeiten mit ihrem Zeitmanagement oder der Prioritätensetzung haben. Die Aufschieberitis wird dann schnell zur Gewohnheit.
Aber auch die Aufgabe selbst kann Prokrastination fördern, zum Beispiel wenn eine Aufgabenstellung nicht eindeutig ist, besonders unangenehm oder ohne Fälligkeitsdatum. Dann fehlt der Anreiz, sie zeitnah auszuführen.
Übrigens: Prokrastination selbst ist keine offizielle Krankheit, sie kann aber als Begleiterscheinung von ADHS, Angststörungen oder Depressionen auftreten. Da die Prokrastination selbst die psychische Gesundheit beeinträchtigt, kann sie auch zum Auslöser von psychischen Krankheiten werden.
Folgen von Prokrastination
Prokrastination kann für die Betroffenen schwerwiegende Konsequenzen haben.
Zum einen gibt es gesundheitliche Folgen, sowohl psychische als auch körperliche. Prokrastinierende sind ständig gestresst, weil sie ihre Aufgaben noch vor sich wissen. Innere Unruhe, Anspannung und Schlafstörungen sind somit keine Seltenheit. Auch Herz-Kreislauf-, sowie Magen- und Verdauungsprobleme können sich entwickeln.
Außerdem leiden Betroffene oft unter Selbstzweifeln und Ängsten. Wenn sie deshalb Aufgaben verschieben, führt das dazu, dass Schuldgefühle und Druck ansteigen, was wiederum Selbstzweifel und Versagensängste schürt. So kann ein Teufelskreis entstehen.
Betroffene laufen somit Gefahr, depressiv zu werden oder Angststörungen zu entwickeln.
Darüber hinaus können berufliche Konsequenzen auftreten, etwa dass jemand einen Job nicht bekommt oder ein Studium abbrechen muss. Auch private Beziehungen können durch die Prokrastination beeinträchtigt werden, wenn Verpflichtungen nicht eingehalten oder Freundschaften vernachlässigt werden.
Bei Studierenden oder Schülern, die prokrastinieren, kommt es häufig zum „Bulimielernen“, wenn nur noch wenig Zeit vor der Prüfung bleibt. Dabei werden Inhalte kurzfristig auswendig gelernt und danach schnell wieder vergessen. Der Unterrichtsstoff wird also nicht langfristig im Gedächtnis gespeichert und kann so später nicht angewendet werden.
Was hilft gegen Prokrastination?
Es gibt ein paar Strategien, die dabei helfen können, Aufschieberitis zu vermeiden:
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Aufgaben in kleine Schritte aufteilen: Große Aufgaben können überwältigend wirken. Durch das Zerlegen in kleinere, machbare Teilaufgaben sinkt die Hemmschwelle, mit der Arbeit zu beginnen.
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Prioritäten setzen: So können die wichtigeren Aufgaben zuerst erledigt werden. Es hilft auch, seine To-do-Liste so zu sortieren und dann durchzustreichen, wenn etwas erledigt ist.
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Arbeitszeit begrenzen: Bei der Arbeitszeitrestriktion wird ein festes Zeitfenster festgelegt, in dem gearbeitet werden darf. Dadurch wird die Effektivität erhöht. Die Arbeitszeit wird attraktiver, von „Ich müsste eigentlich ständig“ kann sich die Einstellung zu „Ich darf jetzt“ ändern.
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Pünktlich beginnen: Es hilft, genau festzulegen, wann mit einer Aufgabe begonnen werden soll. Das verhindert, dass sie immer wieder hinausgezögert wird.
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Nach dem Biorhythmus richten: Jeder Mensch hat produktivere Phasen im Tagesverlauf, manche können sich morgens und manche abends besser konzentrieren. Diese Zeiten sollten genutzt werden.
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Realistisch planen: Überambitionierte Ziele führen oft zu Überforderung. Es können zum Beispiel Pufferzeiten eingeplant werden, oder für jede Aufgabe doppelt soviel Zeit, wie anfangs erwartet. Es hilft auch genau zu planen, wann und wo die Aufgaben erledigt werden sollen.
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Ritualtechnik: Ein festes Ritual vor Beginn der Arbeit, wie z. B. ein Kaffee oder ein kurzer Spaziergang, kann den Arbeitsbeginn erleichtern.
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Belohnungssysteme einführen: Kleine Belohnungen nach dem Erledigen von Aufgaben erhöhen die Motivation. Sie können vor dem Arbeitsbeginn festgelegt werden, zum Beispiel eine Süßigkeit oder ein Buch, das man danach lesen darf.
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Ablenkungen minimieren: Eine konzentrierte Arbeitsumgebung ohne unnötige Störungen hilft beim Arbeiten. Zum Beispiel kann der Ton beim Handy während der Arbeit ausgeschaltet werden.
Die Universität Münster hat eine Prokrastinationsambulanz für Betroffene. Dort wird ein Training angeboten, in dem unter anderem die Strukturierung des Arbeitsverhaltens, das Erstellen realistischer Pläne und der Umgang mit Ablenkungsquellen, negativen Gefühlen und Gedanken erlernt werden soll.
Bei ernsthaften psychischen Problemen sollte ein Experte zu Rate gezogen werden. Oft kann eine Therapie helfen.
Es gibt auch eine Telefonseelsorge, die anonym angerufen oder angeschrieben wenden kann. Ihre Nummer lautet: 0800.1110111 oder 0800.1110222
Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen
Wer mal etwas aufschiebt, weil andere Dinge Prioritäten haben, kommt zwar in Zeitdruck, erledigt seine Aufgaben aber einigermaßen. Prokrastinierende erledigen ihre wichtigen Aufgaben allerdings nur auf den letzten Drücker oder gar nicht und sind davor von Schuldgefühlen geplagt.
Prokrastinieren hat auch nichts mit Faulheit zu tun. Jemand, der einfach faul ist, will bewusst keine Anstrengungen unternehmen. Er hat kein schlechtes Gewissen, wenn er nicht an seinen Aufgaben arbeitet. Personen, die prokrastinieren, hingegen schon. Sie müssen auch während ihren Ersatztätigkeiten ständig an die Aufgaben vor ihnen denken.
Ein anderer Begriff ist Task-Paralysis („Aufgabenlähmung“), bei der Aufgaben so überwältigend wirken, dass sie gar nicht erst angefangen werden. Es handelt sich dabei um eine regelrechte Blockade.
Prokrastination — häufigste Fragen
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Was ist Prokrastination?
Prokrastination ist das wiederholte Aufschieben wichtiger Aufgaben und Pflichten zugunsten von Ersatztätigkeiten, obwohl negative Konsequenzen bekannt sind. Der Begriff kommt vom lateinischen „procrastinare“, was „vertagen“ bedeutet. Umgangssprachlich bezeichnet man Prokrastination auch als „Aufschieberitis“. -
Kann Prokrastination zu Depressionen führen?
Das ständige Aufschieben von Aufgaben erzeugt Stress, Schuldgefühle, Angst und vermindertes Selbstwertgefühl. Diese negativen Emotionen können sich verstärken und, wenn sie anhalten, das Risiko für Depressionen erhöhen.
Zeitmanagement
Auch das richtige Zeitmanagement kann helfen, um Aufschiebeverhalten zu vermeiden. Tipps und Methoden dazu findest du hier.