Erzählform
Was ist eine Erzählform und welche gibt es? Hier erfährst du alles über den Ich-Erzähler und den Er-/Sie-Erzähler.
Inhaltsübersicht
Erzählform — einfach erklärt
Erzählformen bestimmen, wie eine Geschichte erzählt wird. Dabei unterscheidest du grundsätzlich zwischen zwei Arten:
- Ich-Erzähler
- Er-/Sie-Erzähler
Der Ich-Erzähler spricht direkt aus seiner eigenen Perspektive und verwendet oft „Ich“. Im Gegensatz dazu beschreibt der Er-/Sie-Erzähler die Handlung aus einer externen Perspektive und verwendet die dritte Person.
Du kannst die Erzählformen auch noch weiter in die Erzählperspektiven unterteilen. Hier unterscheidest du zwischen vier Kategorien:
- Auktorialer Erzähler
- Personaler Erzähler
- Neutraler Erzähler
- Ich-Erzähler
Die Innensicht und die Außensicht stehen in enger Verbindung mit der Erzählform und Erzählperspektive. Wenn der Erzähler Einblicke in die Gedanken und die Gefühle der Figuren gibt, sprichst du von der Innensicht. Sollte er aber nur das äußere Geschehen beschreiben, dann handelt es sich um die Außensicht.
Er-/Sie-Erzähler
Der Er-/Sie-Erzähler schildert die Handlung in der dritten Person. Das bedeutet, dass der Erzähler selbst nicht Teil der Geschichte ist. Stattdessen beobachtet und beschreibt er die Ereignisse von außen. Du unterscheidest dabei zwischen dem auktorialen, dem personalen und dem neutralen Erzähler.
Auktorialer Erzähler
Der auktoriale Erzähler wird häufig als allwissender Erzähler bezeichnet. Er hat einen vollständigen Überblick über die gesamte Handlung und kennt die Gedanken, Gefühle und Absichten aller Figuren. Du erkennst ihn daran, dass er von jeder Figur in der 3. Person erzählt.
Beispiel:
„Die Sonne thronte hoch am Himmel, als Anna und Leon den steilen Anstieg in Angriff nahmen. Anna kämpfte gegen ihre Erschöpfung, während Leon versuchte, seine aufkommende Angst zu unterdrücken. Beide fragten sich, ob sie es bis zum Gipfel schaffen würden, doch keiner von ihnen wusste, dass das ihre geringste Sorge bleiben sollte.“
Im Beispiel hat der auktoriale Erzähler Einblicke in die Gedanken und Gefühle beider Figuren (Innensicht) und Überblick über die Handlung (Außensicht). So erhält der Leser einen umfassenden Einblick in die Geschichte, die inneren Konflikte und Motivationen der Charaktere.
Personaler Erzähler
Im Gegensatz dazu steht der personale Erzähler. Er/Sie erzählt die Geschichte aus der Sicht einer oder weniger Figuren. Dadurch bleibt die Außensicht deutlich eingeschränkt. Der personale Erzähler kann nur das wiedergeben, was die ausgewählte Figur selbst erlebt, denkt und fühlt. Das macht er ebenfalls in der 3. Person, aber nur aus einer Sicht.
Beispiel
„Der Mond thronte hoch am Himmel, als Anna den steilen Anstieg in Angriff nahmen. Sie versuchte, den Atem ruhig zu halten, während ihre Schritte dumpf auf dem steinigen Pfad widerhallten. Jeder Schritt ließ ihre Unsicherheit wachsen, doch sie sprach es nicht aus.“
Hier erfährst du nur das, was Anna sieht und denkt (Innensicht), ohne in eine Ich-Perspektive zu wechseln. Der Erzähler berichtet weiterhin nur aus der dritten Person. Diese Perspektive schafft eine starke Nähe zur Figur, da der Leser die Geschichte durch die Augen dieser Figur erlebt.
Neutraler Erzähler
Der neutrale Erzähler beschreibt die Handlung rein objektiv und berichtet nur, was von außen beobachtbar ist. Er ist ähnlich wie eine Kamera, die alles aufzeichnet, ohne zu bewerten oder zu interpretieren. Der Erzähler spricht von den Figuren dabei immer in der 3. Person.
Beispiel:
„Der Mond thronte hoch am Himmel, als die Gruppe den steilen Anstieg in Angriff nahm. Sie wechselten keine Worte, und ihre Schritte hallten dumpf auf dem steinigen Pfad wider. Ab und zu war das Knirschen von Steinen zu hören, die unter ihren Füßen wegrollten.“
Der Erzähler bleibt im Beispiel vollkommen neutral und beschreibt nur das äußere Geschehen (Außensicht). Er gibt dem Leser keinen Einblick in die inneren Gedanken und Gefühle der Figuren. Diese Art der Erzählung lässt dem Leser viel Raum für eigene Interpretationen, da er nicht durch die Gedanken und Meinungen der Figuren beeinflusst wird.
Ich-Erzähler
Im Gegensatz zum Er-/Sie-Erzähler beschreibt der Ich-Erzähler die Geschichte aus der Ich-Perspektive. Dabei ist er selbst ein Teil der Handlung. Der Ich-Erzähler ist oft stark mit den Ereignissen verbunden, was die Erzählung subjektiv macht. Deshalb erzählt der Ich-Erzähler immer aus der Innensicht. Weiterhin unterscheidest du zwischen dem erlebenden Ich und dem erzählenden Ich.
Erlebendes Ich
Der erlebende Ich-Erzähler berichtet die Ereignisse in Echtzeit. So als würde die Handlung jetzt gerade geschehen. Auf diese Weise gibt es eine intensivere und direkte Verbindung zum Erzähler. Seine Sicht ist auf sich selbst eingeschränkt, weshalb du ihn auch personaler Ich-Erzähler nennst. Er verwendet dabei beim Erzählen immer nur die 1. Person.
Beispiel:
„Ich fühle das Adrenalin in meinen Adern, während ich durch den dichten Wald renne. Die Bäume ziehen als unscharfe Schatten an mir vorbei, und ich höre nur meinen eigenen Atem. Jeder Schritt ist ein Kampf gegen die Erschöpfung, aber ich weiß, dass ich nicht aufgeben darf. Noch nicht.“
Die Handlung wird dir hier im Moment des Erlebens geschildert. Dadurch erlebst du als Leser die unmittelbare Reaktion des Erzählers. Diese Form lässt weniger Raum für Reflexion oder Distanz, da der Erzähler und der Leser das Geschehen gleichzeitig erleben.
Erzählendes Ich
Ein erzählender Ich-Erzähler blickt auf die Geschichte zurück und erzählt sie aus einer späteren Perspektive. So kann er auch Kommentare und Deutungen aus der Zukunft einbauen. Da er bereits weiß, was passiert, nennst du ihn auch auktoriales Ich. Auch hier spricht der Erzähler nur in der 1. Person.
Beispiel:
„Wenn ich zurückdenke, spüre ich immer noch das Adrenalin in meinen Adern, als ich durch den dichten Wald rannte. Die Bäume zogen als unscharfe Schatten und mein Atem war das Einzige, was ich hörte. Jeder Schritt war ein Kampf gegen die Erschöpfung, aber ich wusste, dass ich nicht aufgeben durfte. Noch nicht.“
Im Beispiel wird deutlich, dass der Erzähler auf das Geschehene zurückblickt. Diese Erzählweise bietet oft mehr Reflexion und Einsicht, da der Erzähler das Geschehen im Nachhinein nochmal bewerten kann.
Figuren-/Gedankenrede und Erzählerbericht
In vielen Texten spielen bei der Erzählform auch die Figuren- und Gedankenrede sowie der Erzählerbericht eine wichtige Rolle. Sie bestimmen, wie direkt die Figuren zu Wort kommen und wie ihre Gedanken vermittelt werden.
Figurenrede
Die Figurenrede umfasst die direkte und indirekte Rede der Figuren.
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Direkte Rede:
Hier sprechen die Figuren selbst, was durch Anführungszeichen deutlich wird. Die Figur wird unmittelbar zitiert, was die Szene lebendiger und direkter macht.
→ Beispiel: „Ich kann das einfach nicht glauben!“
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Indirekte Rede:
Im Gegensatz dazu werden in der indirekten Rede die Worte der Figuren aus Sicht des Erzählers wiedergegeben. Da der Inhalt durch die Perspektive des Erzählers gefiltert wird, wirkt die indirekte Rede etwas distanzierter und formeller.
→ Beispiel: „Er sagte, dass er es einfach nicht glauben könne“.
Gedankenrede
Die Gedankenrede ähnelt der Figurenrede, konzentriert sich jedoch auf die inneren Überlegungen und Gefühle der Figuren. Du unterscheidest zwischen der indirekten und der erlebten Gedankenrede.
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Indirekte Gedankenrede: Die Gedanken einer Figur werden hier über den Erzähler wiedergegeben. So werden die Überlegungen der Figur aus einer gewissen Distanz wiedergegeben und bleiben dennoch in der inneren Perspektive.
→ Beispiel: „Marie ging langsam durch den Park. Sie fragte sich, warum sie sich so unruhig fühlte.“
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Erlebte Gedankenrede:
Bei der erlebten Gedankenrede werden die Gedanken der Figur direkt wiedergegeben. Diese Erzählweise bietet eine sofortige Einsicht in die Überlegungen der Figur und lässt den Leser näher an die innere Welt des Erzählers gelangen.
→ Beispiel: „Marie ging langsam durch den Park. Der Tag war so ruhig, doch warum fühlte sie sich so unruhig?“
Erzählbericht
Der Erzählbericht ist der Teil der Erzählung, in dem der Erzähler das Geschehen beschreibt. Hier sprechen oder denken die Figuren jedoch nicht. Im Erzählbericht unterscheidest du außerdem zwischen der zeitlichen Erzählweise und der zeitlosen Erzählweise.
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Zeitliche Erzählweise: Das Geschehen folgt hier einem klaren zeitlichen Ablauf.
→ Beispiel: „Er trat aus dem Haus, schloss die Tür hinter sich und machte sich auf den Weg zur Arbeit.“
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Zeitlose Erzählweise: Hier hingegen beschreibt der Erzähler das Geschehen ohne eine feste Abfolge. Stattdessen gibt es eine Art zusammenfassenden Bericht.
→ Beispiel: „Jeden Morgen ging er denselben Weg zur Arbeit und grüßte die Nachbarn.“
Erzählform — Übersicht
Damit du bei den verschiedenen Formen nicht durcheinander kommst, haben wir hier eine Übersicht über alle Erzählformen und Erzählperspektiven für dich:
Erzählform | Erzählperspektive | Figurenrede | Gedankenrede | Erzählbericht |
Er-Sie-/Erzähler |
Zeitliche Erzählweise |
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Ich-Erzähler | Indirekte Rede | Indirekte Gedankenrede | Zeitlose Erzählweise |
Erzählform — häufigste Fragen
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Was für Erzählformen gibt es?
Es gibt hauptsächlich zwei Erzählformen: den Ich-Erzähler, der aus der Ich-Perspektive berichtet, und den Er-/Sie-Erzähler, der die Handlung von außen beschreibt.
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Was ist die Er-/Sie-Erzählform?
Die Er-/Sie-Erzählform beschreibt die Handlung aus der Außenperspektive, wobei der Erzähler nicht Teil der Geschichte ist und die Figuren in der dritten Person („er“ oder „sie“) erwähnt.
Erzählperspektiven
Jetzt, da du die verschiedenen Erzählformen kennst, kannst du dir hier im Video die Erzählperspektiven nochmal genauer ansehen.