Vektorraum
In diesem Beitrag erklären wir den Begriff Vektorraum und wie du beweisen kannst, dass eine Menge einen Vektorraum definiert. Zudem stellen wir eine Reihe von Beispielen für Vektorräume vor und klären die Begriffe Basis und Dimension eines Vektorraums.
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Inhaltsübersicht
Vektorraum einfach erklärt
Ein Vektorraum ist eine Menge, deren Elemente addiert und mit Skalaren multipliziert werden können. Die Elemente eines Vektorraums werden Vektoren genannt. Das Ergebnis der Vektoraddition und Skalarmultiplikation muss stets wieder ein Vektor sein und die Skalare müssen aus einem Körper stammen. Deshalb spricht man auch vom Vektorraum über dem Körper . Häufig handelt es sich dabei um den Körper der reellen oder komplexen Zahlen . Darüber hinaus muss ein Vektorraum eine Reihe von Bedingungen, die sogenannten Vektorraumaxiome, erfüllen.
Vektorraum Definition
Eine Menge ist ein Vektorraum, wenn es eine Verknüpfung und eine Verknüpfung bzgl. einem Körper gibt. Die erste Verknüpfung wird Vektoraddition und die zweite Skalarmultiplikation genannt. Zudem müssen diese für alle und die folgenden Vektorraumaxiome erfüllen:
bzgl. der Vektoraddition:
V1: (Assoziativgesetz)
V2: Es existiert ein neutrales Element mit
V3: Es existiert zu jedem ein inverses Element mit
V4: (Kommutativgesetz)
bzgl. der Skalarmultiplikation:
S1: (Distributivgesetz)
S2:
S3:
S4: Für das Einselement gilt:
Vektorraum beweisen
Um zu zeigen, dass eine Menge zusammen mit ihren Verknüpfungen und einen Vektorraum bildet, müssen folglich alle Vektorraumaxiome nachgeprüft werden. Dabei ist zu beachten, dass für Elemente des Körpers und für die Elemente in definiert ist. Das heißt die beiden Vorschriften können sich durchaus unterscheiden. Gleiches gilt auch für und .
Koordinatenraum
Der wohl bekannteste Vektorraum ist der Koordinatenraum. Sei ein Körper und eine natürliche Zahl. Dann ist der Koordinatenraum definiert als die Menge aller -Tupel mit Einträgen aus :
.
Dabei ist die Vektoraddition für zwei Vektoren und aus folgendermaßen definiert:
mit als Addition im Körper .
Die Skalarmultiplikation ist für als
festgelegt. Dabei stellt die Multiplikation im Körper dar.
Beispielsweise ist die euklidische Ebene ein solcher Koordinatenraum.
Wir wollen nun im Folgenden zeigen, dass es sich beim Koordinatenraum tatsächlich um einen Vektorraum handelt, indem wir die Vektorraumaxiome prüfen. Hierfür seien Elemente aus und und aus .
Axiome der Vektoraddition:
Zuerst müssen wir das Assoziativgesetz V1 zeigen. Wir betrachten daher und führen die Vektoraddition entsprechend ihrer Definition aus:
.
Da in jedem Körper das Assoziativgesetz gilt, können wir nun entsprechend Umklammern und erhalten:
.
Damit wurde V1 bewiesen.
Für V2 müssen wir zeigen, dass ein sogenanntes neutrales Element bezüglich der Addition im Vektorraum existiert. In diesem Fall ist es das -Tupel, welches in jedem Eintrag das Nullelement des Körpers stehen hat:
Wir müssen jedoch noch zeigen, dass es sich bei diesem Element tatsächlich um das neutrale Element von handelt. Wir betrachten dafür
Da das Nullelement, also das neutrale Element der Addition in darstellt, gilt für alle und deshalb
Völlig analog begründet sich auch , womit V2 bewiesen ist.
Für V3 müssen wir zeigen, dass jeder Vektor ein inverses Element im Vektorraum besitzt. Daher betrachten wir einen beliebigen Vektor , dessen Einträge bekanntermaßen alle aus dem Körper stammen. Nun wissen wir zudem, dass zu jedem Element aus einem Körper ein additives Inverses in diesem Körper existiert. Somit gibt es für jedes der ein additives Inverses , sodass
gilt. Aus diesem Grund definieren wir das inverse Element in als
.
Denn damit ist
erfüllt. Analog gilt auch und somit V3.
Zum letzten Punkt der Vektoraddition V4: Die Kommutativität zwischen zwei Elementen und aus ist aufgrund der in geltenden Kommutativität
gegeben. Somit ist auch V4 erfüllt.
Axiome der Skalarmultiplikation
Im ersten Axiom S1 zeigen wir das Distributivgesetz. Hierfür berechnen wir
.
Im Körper ist das Distributivgesetz erfüllt, weshalb für und alle in gilt
Setzen wir das nun für jeden Eintrag oben ein, erhalten wir
und somit das Distributivgesetz.
Nun zum Axiom S2. Ähnlich zu S1 nutzt man hier aus, dass im Körper gilt
Mit dieser Eigenschaft ergibt sich folglich:
.
S3 ist aufgrund der Assoziativität bzgl. im Körper , erfüllt. Denn es gilt:
.
Schließlich beweisen wir das letzte Vektorraumaxiom S4. Hierbei zeigen wir, dass das Einselement des Körpers auch in der Skalarmultiplikation des Vektorraums ein neutrales Element darstellt. Nun, da das neutrale Element der Multiplikation ist, d.h. für alle , gilt:
Somit haben wir bewiesen, dass der Koordinatenraum ein Vektorraum ist.
Polynomräume
Ein weiteres sehr bekanntes Beispiel für einen Vektorraum ist die Menge der Polynome mit Koeffizienten aus einem Körper :
Das heißt jedes Polynom wird durch die Folge ihrer Koeffizienten charakterisiert. Dabei gilt für ein Polynom vom Grad , dass die Folge der Koeffizienten ab dem -ten Folgenglied nur aus Nullelementen besteht, d.h. .
Die Vektoraddition entspricht in diesem Fall der üblichen Addition von Polynomen, d.h. für zwei Polynome und aus gilt
.
Die Skalarmultiplikation ist ebenfalls nicht überraschend für als
definiert. Wir möchten auch für den Polynomraum zeigen, dass es sich tatsächlich um einen Vektorraum handelt, indem wir die Vektorraumaxiome prüfen.
Axiome der Vektoraddition
Es seien und Polynome aus und und aus .
V1: Das Assoziativgesetz ist aufgrund der bereits geltenden Assoziativität im Körper erfüllt. Daher gilt
.
V2: Das neutrale Element entspricht dem Nullpolynom, d.h. jenem Polynom, das durch die Nullfolge charakterisiert ist. Denn damit gilt
,
genauso wie .
V3: Zu jedem Polynom existiert ein inverses Element , welches durch die additiven Inversen der Koeffizienten im Körper definiert ist. D.h. mit für alle . Denn so ist die Eigenschaft
erfüllt.
V4: Das Kommutativgesetz ist ebenfalls aufgrund der in geltenden Kommutativität gegeben. Demnach gilt
.
Axiome der Skalarmultiplikation
S1: Das Distributivgesetz gilt erneut aus dem Grund, dass die Distributivität in erfüllt ist und somit:
.
S2: Da die gewünschte Eigenschaft in gilt, erhalten wir auch im Polynomraum
S3: besitzt die Assoziativität auch bzgl. der in definierten Mutiplikation. Diese wenden wir an, um S3 zu zeigen:
S4: Wir berechnen die Skalarmultiplikation , wobei das neutrale Element der Multiplikation in darstellt:
Damit sind schließlich alle Vektorraumaxiome erfüllt.
Funktionenräume
Eine weitere große Gruppe von Vektorräumen sind die Funktionenräume. Um einen Funktionenraum definieren zu können, benötigen wir einen Körper , einen Vektorraum über diesen Körper und eine beliebige Menge . Dann entspricht der Funktionenraum der Menge aller Funktionen
.
Die Vektoraddition für den Funktionenraum muss demnach zwei Funktionen, die von nach abbilden, erneut auf eine Funktion mit Definitionsmenge und Zielmenge abbilden.
Deshalb definieren wir , als die Funktion mit der Abbildungsvorschrift:
.
Mit als die auf definierte Vektoraddition und und als Elemente in , liegt das Bild von in und ist demnach wohldefiniert.
Analog definieren wir auch die Skalarmultiplikation von . Für und ist die Funktion, welche alle folgendermaßen abbildet:
.
Basis und Dimension eines Vektorraums
In diesem Abschnitt erklären wir dir, was es mit der Basis und der Dimension eines Vektorraums auf sich hat.
Basis
Vektoren eines Vektorraums über bilden eine Basis, wenn sie linear unabhängig sind und den gesamten Vektorraum aufspannen. Damit ist gemeint, dass jedes Element des Vektorraums als eine Linearkombination
der Basisvektoren mit Koeffizienten aus im Vektorraum dargestellt werden kann.
Beispielsweise sind die Vektoren
eine sogenannte Standardbasis der Euklidischen Ebene . Denn sie sind linear unabhängig und jeder Vektor kann einfach mit und als Linearkombination
im Vektorraum dargestellt werden. Tatsächlich handelt es sich bei dieser Basis sogar um eine sogenannte Orthonormalbasis .
Dimension
Als Dimension bezeichnet man die Anzahl der Basisvektoren einer Basis des Vektorraums. Tatsächlich muss diese Anzahl nicht wie im obigen Beispiel immer endlich sein. Betrachten wir noch einmal den Polynomraum , also die Menge aller Polynome mit Koeffizienten aus . Für diesen Vektorraum stellt
eine Basis des Vektorraums dar. Diese Menge ist unendlich, weshalb auch die Dimension des Polynomraums unendlich ist.
Vektorräume mit zusätzlicher Struktur
Oftmals reichen die Vektoraddition und Skalarmultiplikation nicht aus und man möchte mehr Struktur auf dem Vektorraum haben, beispielsweise um Abstände zwischen zwei Elementen betrachten zu können. Es folgt eine Reihe von Vektorräumen mit solch zusätzlicher Struktur.
Normierter Raum
Das ist ein Vektorraum, dessen Vektoren eine Länge, die sogenannte Norm, besitzen.
Prähilbertraum
Ein Prähilbertraum ist ein Vektorraum über den reellen oder komplexen Zahlen mit einer zusätzlichen Verknüpfung, die das Betrachten von Längen und Winkeln im Vektorraum ermöglicht.
Euklidischer Vektorraum
Der euklidische Vektorraum entspricht dem Prähilbertraum über . Die zusätzliche Verknüpfung ist in diesem Fall das Skalarprodukt.
Unitärer Vektorraum
Dieser ist ebenfalls ein Spezialfall des Prähilbertraums, hier mit . Die zusätzliche Verknüpfung entspricht dem Skalarprodukt in .