Ist eine lebenslange Freiheitsstrafe wirklich ein Leben lang? Im Artikel und im Video erklären wir dir, wie lange lebenslänglich in Deutschland ist und welche Verbrechen mit lebenslanger Haft bestraft werden.
Lebenslange Freiheitsstrafe — Bedeutung
Eine lebenslange Freiheitsstrafe ist eine auf unbestimmte Zeit verhängte Haftstrafe. In vielen Ländern, in denen es keine Todesstrafe gibt, ist sie die höchste Strafe im Strafrecht. So auch bei uns in Deutschland.
Im deutschen Strafrecht gibt es zwei Arten von Freiheitsstrafen: die zeitige und die lebenslange Freiheitsstrafe. Im Gegensatz zur zeitigen Freiheitsstrafe ist die lebenslange Freiheitsstrafe von unbestimmter Dauer. Sie kann aber nach 15 Jahren unter gewissen Bedingungen zur Bewährung ausgesetzt werden (§ 57a Strafgesetzbuch) — zum Beispiel dann, wenn vom Häftling keine Gefahr mehr für andere Menschen ausgeht.
Fälle, in denen laut Strafgesetzbuch zwingend eine lebenslange Haft verhängt wird, sind zum Beispiel Mord oder besonders schwere Fälle des Totschlags.
Merke: Unter „lebenslange Freiheitsstrafe“ verstehst du einen Freiheitsentzug auf unbestimmte Zeit, mindestens aber für 15 Jahre. Der Rest der Strafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden. Umgangssprachlich bezeichnest du die lebenslange Freiheitsstrafe auch einfach als lebenslänglich („Er hat lebenslänglich bekommen.“).
In welchen Fällen droht eine lebenslange Freiheitsstrafe?
In welchen Fällen eine lebenslange Haft verhängt wird, ist in Deutschland im Strafgesetzbuch (StGB) und im Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) geregelt. Dabei lassen sich drei Kategorien unterscheiden:
1. Fälle, die zwingend eine lebenslange Haftstrafe fordern
Hier siehst du ein paar Beispiele:
- Mord (§ 211 StGB)
- besonders schwere Fälle des Totschlags (§ 212 Absatz 2 StGB)
- Völkermord (§ 6 Absatz 1 VStGB)
2. Fälle, die entweder mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft werden
Solche Fälle sind zum Beispiel:
- Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB)
- sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge (§ 178 StGB)
- Kriegsverbrechen gegen Personen in Form der Geiselnahme mit Todesfolge (§ 8 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2 VStGB)
3. Fälle, in denen entweder eine lebenslange Haft oder eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren verhängt wird
In diese Kategorie fallen beispielsweise:
- besonders schwere Fälle des Landesverrats (§ 94 Absatz 2 StGB)
- besonders schwere Fälle von friedensgefährdenden Beziehungen (§ 100 Absatz 2 StGB)
Ist ein Straftäter noch minderjährig, wird er in der Regel nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. In diesem Fall kann keine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt werden. Die Höchststrafe im Jugendstrafrecht beträgt in Deutschland 10 Jahre.
Jetzt kennst du viele Beispiele für Fälle, in denen eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt werden kann. Aber wie lange ist eigentlich lebenslänglich in Deutschland?
Wie lange ist lebenslänglich?
Bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe gibt es in Deutschland keine zeitliche Obergrenze. Grundsätzlich kann sie also tatsächlich ein Leben lang sein.
Im Jahr 1977 hat das Bundesverfassungsgericht allerdings entschieden, dass jeder Gefangene zumindest die Chance haben muss, wieder freizukommen. Nur dann ist der Strafvollzug menschenwürdig. Daraufhin wurde der Paragraph 57a im Strafgesetzbuch (§ 57a StGB) eingeführt. Laut diesem setzt das Gericht den Rest einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn:
-
der Täter bereits 15 Jahre der Strafe
abgesessen hat
Zu den 15 Jahren zählt auch die Zeit dazu, die der Täter in der Untersuchungshaft verbracht hat. -
keine „besondere Schwere der Schuld“ des Verurteilten vorliegt
Was das bedeutet, erklären wir dir gleich. -
dadurch nicht die Sicherheit der Allgemeinheit gefährdet wird
Hier stellt sich das Gericht die Frage, ob der Verurteilte wohl wieder Verbrechen begehen wird, falls er frei kommt. Wenn das als eher unwahrscheinlich eingeschätzt wird, gefährdet er die Sicherheit der Allgemeinheit nicht mehr. Das beurteilen die Richter anhand von Gutachten , die von sogenannten Sachverständigen erstellt werden. Zudem müssen sie das Gebot der Verhältnismäßigkeit befolgen. - und der Verurteilte einwilligt.
Die Dauer der Bewährungszeit beträgt dann 5 Jahre.
Übrigens: Aus anderen Ländern kennst du vielleicht Urteile wie „zweimal lebenslänglich wegen dreifachen Mordes“. In Deutschland gibt es solche Urteile nicht. Die lebenslange Freiheitsstrafe ist bereits die Höchststrafe in Deutschland, sie kann also nur einmal verhängt werden. Stattdessen wird hier bei besonders schweren Verbrechen der Urteilszusatz „besondere Schwere der Schuld“ angewandt. Schau dir gleich an, was das bedeutet!
Besondere Schwere der Schuld
Der Urteilszusatz „besondere Schwere der Schuld“ kann angewandt werden, wenn:
- die Tat besonders verwerflich war,
- der Täter äußerst grausam und brutal vorgegangen ist und/oder
- das Opfer großen Qualen ausgesetzt hat.
Liegt eine besondere Schwere der Schuld vor, wird die Haftstrafe auf keinen Fall nach 15 Jahren beendet.
Hat der Täter dann 15 Jahre in Haft verbracht, entscheidet die Strafvollzugskammer, welches Strafmaß er noch zusätzlich absitzen muss. Dafür gibt es keine zeitliche Obergrenze. Meistens verhängen die Gerichte aber nicht mehr als 10 weitere Jahre.
Merke: Wird in Deutschland eine „lebenslange Haft“ verhängt, ist diese in Extremfällen meist maximal 25 Jahre lang. Wird danach eine Sicherungsverwahrung angeordnet, bleibt ein Straftäter sogar nach Haftende eingesperrt. Das ist keine Freiheitsstrafe mehr, sondern eine „Maßregel der Besserung und Sicherung“.
Freiheitsstrafe — Geschichte
Die Freiheitsstrafe im Strafvollzug ist noch nicht besonders alt. Früher wandte man zur Bestrafung drastischere Maßnahmen wie etwa Folter, Verbannung oder sogar Tötung an. Eingesperrt wurde ein Täter dann nur, bis seine Strafe vollstreckt wurde. Auf Deutschem Gebiet galt im Mittelalter und bis ins 16. Jahrhundert hinein das „Allgemeine Recht“, das sich aus dem römischen Recht entwickelte. Freiheitsstrafen kamen darin nur sehr selten vor. Stattdessen wurden meistens Leibesstrafen (z. B. Auspeitschen oder Verstümmelung) oder Todesstrafen verhängt.
Zu lebenslanger Haft verurteilte man damals nur Täter, die eigentlich hingerichtet werden sollten, jedoch vom jeweiligen Machthaber begnadigt wurden. Aber auch Menschen, die bei der Inquisition aus Angst vor dem Tod ihren Glauben widerriefen, wurden mit lebenslanger Haft bestraft.
Um 1600 führte man schließlich die Klostergefängnisse ein. Als Folge der Reformation beschloss man jedoch, dass man Katholiken und Protestanten nicht in dieselbe Zelle sperren konnte. Daraufhin entstanden die ersten Stadtgefängnisse und Zuchthäuser.
Tatbestand
Jetzt weißt du, was lebenslange Haft in Deutschland bedeutet und wie viele Jahre „lebenslänglich“ sind. Damit eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt werden kann, muss ein entsprechender Tatbestand vorliegen. Schau dir unser Video an, um mehr darüber zu erfahren!