Kurvenintegral
In diesem Artikel wollen wir dir vor allem zeigen, was ein Kurvenintegral ist und wie du es berechnen kannst. Als Grundlage hierfür erläutern wir zunächst die Begriffe Weg und Kurve. Außerdem erklären wir dir, wie man zur Berechnungsformel von Kurvenintegralen gelangt und gehen auf wichtige Eigenschaften von Kurvenintegralen ein. Zwei Berechnungsbeispiele dienen der Veranschaulichung der theoretischen Überlegungen.
Noch anschaulicher und einprägsamer ist unser Video zum Thema Kurvenintegral.
Inhaltsübersicht
Kurvenintegral einfach erklärt
Aus der Schule ist dir sicher das gewöhnliche Integral über eine Funktion bekannt.
Die Definitionsmenge der Funktion ist eine Teilmenge der reellen Zahlen. Zur Berechnung des Integrals kannst du dir vorstellen, dass du alle Funktionswerte zwischen den Grenzen und aufsummierst.
Man kann allerdings auch über Funktionen integrieren, die eine Teilmenge des als Definitionsmenge besitzen.
Hier können aber nicht einfach zwei Integralgrenzen angegeben werden. Stattdessen muss eine Teilmenge von als Integrationsbereich angegeben werden. Falls man hierfür eine sogenannte Kurve auswählt, so heißt das betrachtete Integral Kurvenintegral.
Beispielsweise kann der Definitionsbereich der ganze sein und die betrachtete Kurve ein Kreis in der Ebene sein. Dann kannst du dir vorstellen, dass zur Berechnung des Kurvenintegrals alle Funktionswerte entlang des Kreises aufsummiert werden müssen.
Weg
Ein Weg ist eine stetige Abbildung eines reellen Intervalls in den mit :
Dabei nennt man das Bild die Spur des Weges und die Abbildungsvorschrift heißt Parametrisierung des Weges. Die folgenden beiden Wege besitzen die selbe Spur.
Sie stellt den Einheitshalbkreis in der oberen Halbebene dar.
Kurve
Die Spur eines Weges wird als Kurve bezeichnet. Somit stellen und die Parametrisierung der gleichen Kurve dar.
Kurvenintegral 1. Art
Kurvenintegrale 1. Art sind Kurvenintegrale einer skalaren Funktion . Eine solche Funktion wird auch Skalarfeld genannt. Sie ordnet jedem Wert eine reelle Zahl zu.
Ist die Teilmenge offen und die Parametrisierung einer stückweise stetig differenzierbaren Kurve. Dann heißt
das Kurvenintegral 1. Art von längs der Kurve . Häufig wird für ein Kurvenintegral auch der Begriff des Linienintegrals verwendet. Auch der Begriff Wegintegral ist hierfür üblich. Allerdings können verschiedene Wege möglicherweise auch nur unterschiedliche Parametrisierungen ein und derselben Kurve beschreiben, wie oben bereits dargelegt wurde.
Anschauliche Deutung bzw. Herleitung
Aus der Schule dürfte die Deutung von Integralen als Summe über unendlich feine Rechtecke bekannt sein. Dabei stellt der Funktionswert an der betrachteten Stelle die Höhe eines solchen Rechtecks dar. Der Breite des Rechtecks entspricht eine kleine Strecke des Bereichs über den integriert wird. Beim Kurven- oder Linienintegral ist dieser Bereich eben eine Kurve. Diese wird mithilfe der Variablen parametrisiert, die zwischen den Grenzen und läuft. Nun wollen wir versuchen, die Länge eines kleinen Kurvenstücks näherungsweise zu bestimmen. Dazu teilen wir das Parametrisierungsintervall in Stücke ein:
Um die Länge des Kurvenstücks zwischen und zu nähern, betrachten wir einfach die Länge der Geraden durch diese zwei Punkte:
Nun lässt sich diese Gleichung nach dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung auch folgendermaßen ausdrücken:
Hierbei gilt .
Bildet man nun über all diese kleinen Kurvenstücke die Riemann-Summe und geht über zu einer unendlich feinen Zerlegung ( und ), so erhält man das Kurvenintegral 1. Art.
Kurvenintegral berechnen 1. Art
Zur Berechnung eines Kurvenintegrals 1. Art kann man sich folgende Vorgehensweise merken:
- Die Kurve parametrisieren und in einsetzen
– mit
– - Das skalare Bogenelement bestimmen
- In das Integral mit den Grenzen und einsetzen und ausrechnen
Kurvenintegral Beispiel 1. Art
Das eben beschriebene Vorgehen, mit dem man ein Kurvenintegral berechnen kann, soll nun an einem Beispiel verdeutlicht werden. Hierzu wollen wir das Kurven- bzw. Linienintegral der Funktion entlang des Kreises um den Ursprung mir Radius berechnen.
Kurvenintegral Kreis:
-
Kreis parametrisieren: mit
In einsetzen: - Bogenelement berechnen:
- Mit den Grenzen und einsetzen und berechnen:
Kurvenintegral 2. Art
Beim Kurvenintegral 1. Art haben wir über eine skalarwertige Funktion integriert. Beim Kurvenintegral 2. Art integriert man nun über eine vektorwertige Funktion. Eine solche Funktion wird auch Vektorfeld genannt. Sie bildet von einer Teilmenge des in den ab.
Für ein solches stetiges Vektorfeld und eine stückweise stetig differenzierbare Kurve heißt
das Kurvenintegral 2. Art von längs der Kurve .
Kurvenintegral berechnen 2. Art
Falls man ein Kurvenintegral 2. Art berechnen will, bietet sich folgende Vorgehensweise an.
- Die Kurve parametrisieren und in einsetzen
– mit
– - Das vektorielle Bogenelement bestimmen
- In das Integral mit den Grenzen und einsetzen und ausrechnen
Kurvenintegral Beispiel 2. Art
Auch für das Kurvenintegral 2. Art wollen wir an dieser Stelle eine Besipielrechnung angeben.
Wir betrachten die Funktion
.
Diese soll entlang der Kurve mit der Parametrisierung
mit
integriert werden.
- Da die Parametrisierung bereits gegeben ist, müssen wir diese nur noch in die Funktion einsetzen:
- Nun berechnen wir das vektorielle Bogenelement:
- Zuletzt setzen wir diese Ergebnisse mit den Grenzen und in ein:
Eigenschaften des Kurvenintegrals
Im folgenden sollen noch ein paar wichtige Infos zu Kurvenintegralen gegeben werden.
1. Hauptsatz für Kurvenintegrale
Falls zu dem Vektorfeld eine Funktion existiert, sodass der Gradient von ist, so nennt man ein Gradientenfeld oder konservativ.
Ist ein Gradientenfeld auf dem Gebiet mit einer Stammfunktion , so gilt für jede stückweise stetig differenzierbare Kurve in , mit dem Startpunkt und dem Endpunkt
Das heißt, dass das Kurvenintegral über Gradientenfelder nur vom Start- und Endpunkt der Kurve abhängt. Der genaue Verlauf der Kurve ist irrelevant.
Rechenregeln
Wenn und gleicher Art sind, und Urbilder gleicher Dimension besitzen und ist, dann gilt:
- für (Linearität)
- für (Zerlegungsadditivität)
Kurvenintegrale über geschlossene Kurven
Falls die Kurve, entlang der man integrieren soll, geschlossen ist, wird das durch einen Kreis im Integralzeichen verdeutlicht. Also kann man für geschlossene Kurven statt auch schreiben. Ist das Vektorfeld ein Gradientenfeld, so ist das Integral entlang einer geschlossenen Kurve stets Null. Das ergibt sich direkt aus dem 1. Hauptsatz für Kurvenintegrale.
Komplexes Kurvenintegral
Der Begriff des Kurvenintegrals lässt sich auch auf das Komplexe übertragen:
Sei ein Gebiet, stetig und ein stückweise stetig differenzierbarer Weg. Dann ist
das komplexe Kurvenintegral von entlang der von beschriebenen Kurve.