Target Costing
Dieser Artikel behandelt das Thema Target Costing und wird dir zunächst eine ausführliche Erklärung geben. Anschließend erläutern wir dir die Methode anhand eines anschaulichen Target Costing Beispiels und definieren Vorteile und Einschränkungen.
Schon wieder so viel Text zu lesen, geht das nicht einfacher? Ja, geht es! Unser Video erklärt dir Target Costing in kürzester Zeit!
Inhaltsübersicht
Target Costing Definition
Unter Target Costing (= Zielkostenrechnung) versteht man eine marktorientierte Methode des Zielkostenmanagement. Ein Unternehmen bestimmt die zulässigen Zielkosten eines Produkts oder einer Dienstleistung anhand der Zahlungsbereitschaft des Kunden. Target Costing zielt auf die Frage „Was darf ein Produkt kosten?“ ab.
Target Costing einfach erklärt
Einfach erklärt handelt es sich beim Target Costing um eine markt- und kundenorientierte Entwicklung von Produkten. Der Fokus eines Unternehmens liegt hierbei auf der Zahlungsbereitschaft der Kunden. Den Betrag, den sie höchstens zahlen möchten, beeinflusst maßgeblich die maximal erlaubten Kosten (=Zielkosten) eines Produkts. Bei klassischen Modellen leitet man die Preise unter anderem von denjenigen Kosten ab, die bei der Produktion tatsächlich anfallen.
Bei der Zielkostenrechnung hingegen geht ein Unternehmen in der umgekehrten Reihenfolge vor und orientiert sich beim Festlegen der Kosten am Marktwettbewerb. Anstatt sich zu fragen, was die Herstellung eines Produktes oder was eine Dienstleistung kostet, greift man auf die Leitfrage „Was darf die Produktion/ Dienstleistung kosten?“ zurück. Daraus ergibt sich dann ein vorgegebenes Budget bzw. ein Kostenrahmen, der nicht überschritten werden darf. Außerdem wird deutlich, in welchen Bereichen oder Prozessen eventuell noch gezielt Einsparungen vorgenommen werden müssen. Die Produkt- und Dienstleistungspreise werden also anhand des optimalen Marktpreises gesetzt. Es handelt sich folglich eher um Kostenmanagement, als um Kostenrechnung.
Target Costing Grundkonzept
Der Kerngedanke von Target Costing ist es, sich bereits im Vorhinein mit den maximalen Kosten zu beschäftigen und möglichst früh im Produktlebenszyklus marktorientiert einzugreifen. Die meisten Unternehmen führen zunächst eine Marktanalyse
durch, um Kostentreiber zu identifizieren und um den idealen wettbewerbsfähigen Marktpreis herauszufinden. Im nächsten Schritt wird mit der retrograden Kalkulation
festgelegt, wie viel ein Produkt bzw. eine Dienstleistung schlussendlich kosten darf. Diesen ermittelten Betrag nennt man Zielpreis (=target price).
Das Unternehmen zieht vom Preis (den sie aus der Marktanalyse erhalten) den Gewinn ab, den sie mit dem Produkt oder Dienstleistung erreichen wollen (=target profit).
Durch diesen Schritt erhält man die erlaubten Kosten (=allowable costs). Das Ziel des Unternehmens ist es nun, sich an diesen angestrebten Kosten zu orientieren und sie nicht zu überschreiten. Diese Kosten werden im nächsten Schritt mit den Standardkosten (=drifting costs) verglichen. Bei drifting costs handelt es sich um Kosten, die vom Unternehmen selbst prognostiziert werden und stellen die Kosten bei einer derzeitigen Fertigung dar. Die Standard kosten sind oftmals höher als die zuvor errechneten Kosten. Ist die Differenz zwischen diesen Zahlen zu groß, wägt das Unternehmen ab, ob das Gut überhaupt produziert werden soll. Wenn sie sich für die Produktion entscheiden, bestimmt das Unternehmen die Zielkosten für die einzelnen Abläufe und Prozesse. Diese Kostenobergrenzen müssen von den jeweiligen Abteilungen eingehalten werden, sodass das Unternehmen den angestrebten Gewinn auch tatsächlich erzielen kann. Die Zielkosten sind in der Regel sehr niedrig, dass sie nur mit äußerster Anstrengung realisiert werden können.
Beim Target Costing wird schon zu Beginn des Produktlebenszyklus vermittelt, dass Kosten zu reduzieren sind. Das Unternehmen versucht bereits in der Produktentwicklungsphase einen Einfluss auf die Kosten auszuüben und Kostengestaltungsmaßnahmen strukturiert durchzuführen. Die einzelnen Abteilungen und Mitarbeiter erhalten frühzeitig bindende Kostenvorgaben. Je eher diese Zielvorgaben vorliegen, desto besser können diese angestrebt und realisiert werden. Des Weiteren werden beim Target Costing Entscheidungen je nach Präferenzen des Kunden gefällt. Durch das Abfragen von wichtigen Eigenschaften, die ein Produkt besitzen sollte, berücksichtigt ein Unternehmen die Wünsche des Kunden.
Zielkostenbestimmung
Der erste Schritt stellt die Zielkostenbestimmung oder -findung dar, bei welcher die Gesamtkosten eines Produktes festgelegt werden. Ein Unternehmen ermittelt mithilfe von Marktforschungen den Marktpreis eines Produkts und erhält den geplanten Verkaufspreis (target price). Wie zuvor bereits beschrieben, wird nun vom Zielpreis der angestrebte Gewinn abgezogen, und die erlaubten Kosten werden mit den Standardkosten abgeglichen. Das Unternehmen legt dadurch die Zielkosten (target costs) fest, die von ihm realisiert werden können. Die Differenz, die zwischen den Standard- und Zielkosten vorliegt, versucht ein Unternehmen durch Kostensenkungen zu beseitigen. Als Ziel wird gesetzt, dass target costs und allowable costs zum Schluss übereinstimmen.
In der Theorie existieren verschiedene Verfahren und Schemas, die zur Bestimmung der Zielkosten herangezogen werden können.
Market into Company: Zunächst wird der Zielpreis ermittelt, der sich stark am Markt orientiert. Ein Unternehmen setzt die Zielkosten mit den erlaubten Kosten gleich und „zieht“ quasi den Markt in das Unternehmen.
Out of Company: Bei diesem Verfahren leitet man die Zielkosten aus den technischen Faktoren des eigenen Unternehmens her. Dementsprechend ähneln sich Zielkosten und Standardkosten.
Into and out of a Company: Hier handelt es sich um eine Kombination aus Market into Company und Out of Company. Durch das Betrachten der Marktpreise und der technischen Faktoren eines Unternehmens werden die Zielkosten festgelegt. Der daraus resultierende Anpassungsprozess kann sich jedoch als zu aufwändig erweisen und somit zu keinem Erfolg führen.
Out of Competitor: Bei diesem Verfahren spielen die Kosten der Konkurrenz eine zentrale Rolle. Das Unternehmen möchte ähnliche Preise ansetzen oder sogar die Preise der Konkurrenz unterbieten.
Out of Standard Costs: Hier werden die Zielkosten anhand von Erfahrungen, den prognostizierten Standardkosten oder Ist-Kosten bisheriger Produkte ermittelt.
Out of Value Chain: Bei dieser Strategie untersucht ein Unternehmen die Standardkosten entlang der Wertschöpfungskette. Dadurch zeigen sich Möglichkeiten zur potenziellen Kostenreduktion, die effektiv ausgeschöpft werden können.
Zielkostenspaltung
In der zweiten Phase überträgt ein Unternehmen die zuvor errechneten Gesamtkosten auf die einzelnen Teilschritte und Funktionen der Produktion. Die gesamten Zielkosten werden also in anteilige Zielkosten der einzelnen Komponente heruntergebrochen. Dieser Schritt dient einem Unternehmen unter anderem als Orientierungsstütze, um in der nächsten Phase die gesetzten Zielkosten effektiv zu erreichen. Man erhält einen realistischen Überblick über die einzelnen Funktionsbereiche und die Ressourcen, die für die Produktion in Anspruch genommen werden. Das Ziel liegt darin, dass jeder der einzelnen Funktionen anteilig so viel kostet, wie sie auch schlussendlich zum Kundenutzen beiträgt.
Zielkostenerreichung
Die dritte Phase der Zielkostenrechnung wird Zielkostenerreichung genannt. Diese trägt maßgeblich zum Erfolg des Target Costings bei. In diesem Schritt versucht das Unternehmen, mit seiner Produktentwicklung und -produktion die beschlossenen Zielkosten zu erreichen. Die einzelnen Komponenten müssen entweder geändert, überarbeitet oder so neu entwickelt werden, dass sie die Kostenobergrenzen einhalten können. Dafür benötigt ein Unternehmen verschiedene Methoden und Instrumente zur Verwirklichung der Ziele. Diese Hilfsmittel, die ein Unternehmen in den verschiedenen Teilschritten heranzieht und einsetzt, können in drei Gruppen untergliedert werden: technologische, produkt-/prozessbedingte oder organisatorische Ansätze.
Target Costing Beispiel
Betrachten wir die ganze Theorie doch einmal anhand eines Target Costing Beispiels. Stell dir vor, du bist der Inhaber oder die Inhaberin einer riesigen Restaurantkette und möchtest deiner hungrigen Kundschaft nun ein zusätzliches Gericht anbieten: leckere Bio-Burger mit bestem Fleisch vom Bauer deines Vertrauens.
Der Zielpreis, den dir deine Marketing-Abteilung durch eine ausführliche Marktanalyse und Kundenbefragung ermittelt, liegt bei 10€. Du möchtest eine Gewinnspanne von 10% erzielen. Dies wären pro Einheit also 1€, sodass du für deine allowable costs 9€ einkalkulierst. Aus eigenen Erfahrungen und nach Absprache mit deiner Produktion erhälts du Standardkosten in Höhe von 12€. Somit musst du nach dem Prinzip des Target Costings deine Kosten von 12€ auf 9€ senken. Du musst also versuchen, 3€ einzusparen.
Zielpreis (target price) | 10,00 € |
---|---|
- Zielgewinn (target profile) | 1,00 € |
: zulässige Kosten (allowable costs) | 9,00 € |
- Standartkosten (drifting costs) | -12,00 € |
: Kostenreduktionsbedarf | -3,00 € |
Deine Marketing-Abteilung hat bei der Kundenbefragung außerdem die Kriterien zusammengetragen, die deine Kunden bei Burgern besonders schätzen:
Funktionen | Gewichtung in % |
---|---|
F1: Geschmack | 40% |
F2: Herkunft Bio-Fleisch | 30% |
F3: Aussehen | 15% |
F4: Größe | 15% |
Die einzelnen Komponenten des Burgers, die einen Einfluss auf die jeweiligen Kriterien haben, werden folgendermaßen verteilt:
Beitrag zur Funktionserfüllung in % | ||||
---|---|---|---|---|
Komponente | F1 | F2 | F3 | F4 |
K1: Fleisch | 70% | 100% | 20% | 40% |
K2: Burgerbun | 15% | 0% | 50% | 40% |
K3: Gemüse | 15% | 0% | 30% | 20% |
100% | 100% | 100% | 100% |
Man kann der Tabelle nun entnehmen, dass beispielsweise das Fleisch zu 70% der Funktion 1 „Geschmack“ beiträgt.
Target Costing Formel: Funktionsteilgewicht
Welchen genauen Anteil die einzelnen Komponenten zum Kundennutzen beitragen, errechnet man mit der folgenden Formel für das Funktionsteilgewicht:
Für die Komponente Fleisch ergibt sich folgendes Teilgewicht:
Funktionsteilgewicht in % | |||||
---|---|---|---|---|---|
F1 | F2 | F3 | F4 | Summe | |
Gewichtung | 40% | 30% | 15% | 15% | 100% |
Komponente | |||||
K1: Fleisch | 28% | 30% | 3% | 6% | 67% |
K2: Burgerbun | 6% | 0% | 7,5% | 6% | 19,5% |
K3: Gemüse | 6% | 0% | 4,5% | 3% | 13,5% |
100% |
Den Werten kann man entnehmen, dass das Fleisch insgesamt zu 67%, das Bürgerbrötchen zu 19,5% und das Gemüse zu 13,5% des Kundennutzens beiträgt.
Zielkostenindex berechnen
Nachdem wir nun die jeweiligen Anteile berechnet haben, wenden wir uns nun den Kosten zu, die die einzelne Komponente vorweisen dürfen. Dafür wird die Formel des Zielkostenindex verwendet:
Die einzelnen Zutaten deines Burgers verursachen unterschiedlich hohe Kosten, die in folgender Tabelle sowohl prozentual als auch in Euro ausgedrückt aufgelistet sind.
Komponente | Kostenanteil (aktuelle Kosten) | |
---|---|---|
in % | in Euro | |
K1: Fleisch | 60% | 7,20 € |
K2: Burgerbun | 15% | 1,80 € |
K3: Gemüse | 25% | 3,00 € |
100% | 12,00 € |
Nun berechnen wir mithilfe aller einzelnen Informationen den Zielkostenindex der jeweiligen Komponente:
Komponente | Funktionsteilgewicht | Kostenanteile in % | Zielkostenindex |
---|---|---|---|
K1: Fleisch | 67% | 60% | 1,12 |
K2: Burgerbun | 19,5% | 15% | 1,3 |
K3: Gemüse | 13,5% | 25% | 0,54 |
100% | 100% |
Anhand des Zielkostenindex kannst du als Unternehmer nun feststellen, ob ein Bedarf an Kostenreduktion (Zielkostenindex < 1), ein idealer Wert (Zielkostenindex = 1) oder vergleichsweise geringe Kosten (Zielkostenindex > 1) vorliegen. . Da du die Kosten für deinen Burger senken möchtest, stellst du fest, dass bei der Komponente „Gemüse“ nach Möglichkeiten zur Kostenreduktion gesucht werden sollte.
Target Costing Vorteile und Einschränkungen
Das Prinzip des Target Costings bringt zahlreiche Vorteile mit sich, hat aber natürlich auch einige Einschränkungen, die im Folgenden jeweils knapp erläutert werden.
Vorteile der Zielkostenrechnung
Die Zielkostenrechnung hilft einem Unternehmen, seine Kosten an den Kunden und an den Markt auszulegen. Durch die Implementierung von Target Costing kann ein Unternehmen seine Ausgaben deutlich senken, da die Kosten im Idealfall immer wieder reduziert, optimiert und angepasst werden sollen. Unter anderem führt das Beeinflussen der Kostenstruktur zu Beginn des Produktlebenszyklus dazu, dass frühzeitig potenziell große Möglichkeiten zur Kostenreduktion wahrgenommen werden können, die die Qualität des Produkts nicht automatisch trüben müssen. Außerdem setzen Unternehmen durch die kundenorientierte Herangehensweise einen Fokus auf die Eigenschaften eines Produktes, die den Nachfragern wichtig sind. Bei denjenigen Aspekten jedoch, die ein Kunde als weniger wichtig einstuft, werden dann Einsparungen vorgenommen.
Einschränkungen
In der Theorie funktioniert Target Costing natürlich einwandfrei. Das Konzept weist jedoch einige Einschränkungen auf. Zunächst stellt sich die Frage, wie genau und zuverlässig der Marktpreis definiert werden kann. Vor allem bei innovativen Produkten bleibt diese Frage oft offen. Des Weiteren geht man beispielsweise davon aus, dass in der zweiten Phase der Zielkostenspaltung zuverlässige Daten vorliegen. In der Praxis sind diese jedoch selten eindeutig, sodass die Annahme nicht sehr realistisch ist. Außerdem kann ein Unternehmen nicht immer die Zielkosten ohne Weiteres kalkulieren. Auch muss darauf geachtet werden, dass das Einsparen von Kosten nicht überhandnimmt. Betreibt man exzessives Outsourcing und lagert dabei auch entscheidende Arbeitsbereiche aus, um Kosten zu reduzieren, kann dies fatal enden. Außerdem verlangt Target Costing eine präzise Planung, die einen enorm hohen Aufwand benötigt. Je komplexer und schwieriger das Produkt, desto aufwendiger ist der gesamte Planungsprozess.