Fin de Siècle
Du möchtest wissen, was die Epoche des Fin de Siècle auszeichnet? In diesem Beitrag und im Video erklären wir dir die wichtigsten politischen und sozialen Hintergründe sowie die prägenden Merkmale dieser Zeit.
Inhaltsübersicht
Fin de Siècle — einfach erklärt
Fin de Siècle ist eine französische Bezeichnung für „Ende des Jahrhunderts“. Der Begriff beschreibt das Lebensgefühl, die Denkweise und Leitmotive der Zeit um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert.
Diese Phase war geprägt von politischen und sozialen Umbrüchen. Außerdem herrschte eine allgemeine Stimmung des Verfalls. Viele Künstler und Autoren nahmen negative Veränderungen in der Kultur wahr und fürchteten, dass dieser Wandel bald die ganze Gesellschaft betreffen würde. Aus ihrer Sicht würde das den Niedergang der Menschheit bedeuten. Ihre Werke waren daher eher pessimistisch.
- Zeitraum:1890–1914
- Einordnung: Überbegriff, Strömungen wie Impressionismus, Symbolismus und die Wiener Moderne fanden gleichzeitig statt
- Geschichte: Industrialisierung, Verstädterung, Wettrüsten, wachsende soziale und politische Spannung
- Weltbild: Endzeitstimmung, Lebensüberdruss, Schönheitskult
- Themen: sozialer Verfall, Niedergang, Aufbruch, Industrialisierung
- Literatur: Epik, Lyrik und Dramatik
- Wichtige Vertreter: Rainer Maria Rilke, Hugo von Hofmannsthal, Oscar Wilde
Fin de Siècle — Epochen
Das Fin de Siècle selbst ist keine einheitliche Literaturepoche im eigentlichen Sinn. Stattdessen beschreibt es ein Lebensgefühl und umfasst mehrere literarische Strömungen. Dazu zählen unter anderem:
- Impressionismus
- Symbolismus
- Ästhetizismus
- Décadence
- Jugendstil
- Wiener Moderne
Fin de Siècle — politische und soziale Hintergründe
Die Zeit des Fin de Siècle war von einem tiefgreifenden politischen und sozialen Wandel geprägt, der Europa grundlegend veränderte. In vielen Ländern scheiterten die traditionellen Monarchien. Stattdessen waren nationalistische und sozialistische Bewegungen auf dem Vormarsch.
Diese politischen Veränderungen entstanden hauptsächlich durch Spannungen zwischen der neuen städtischen Arbeiterklasse, der traditionellen ländlichen Bevölkerung und der Oberschicht: Die Industrialisierung hatte zu einer enormen Verstädterung geführt. Viele Menschen gaben ihre landwirtschaftlichen Berufe auf, um in den neuen Fabriken der wachsenden Städte zu arbeiten. Menschen, die auf dem Land geblieben waren, fühlten sich daher alleingelassen, während die neuen Arbeiter für niedrige Löhne unter schlechten Bedingungen arbeiten mussten. Das führte wiederum zu Spannungen zwischen ihnen und den Fabrikbesitzern.
Zudem entstanden auch internationale Spannungen durch die Entstehung moderner Staaten und das Wettrüsten der europäischen Großmächte. Diese Entwicklungen führten in 1914 schlussendlich zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, der das Ende des Fin de Siècle markierte.
Endzeitmotiv und Lebensüberdruss
Das Endzeitmotiv drückte die Angst vor einem bevorstehenden Untergang und das Gefühl eines nahenden Endes aus. Autoren dieser Epoche kritisierten die moderne Gesellschaft und äußerten ihre Sorgen über den moralischen und sozialen Niedergang. Dieser Niedergang wurde oft in Bildern des körperlichen und geistigen Verfalls dargestellt. Geschichten enthielten detaillierte Beschreibungen von Dekadenz und Exzess. Sie sollten die Leser aufrütteln und zum Nachdenken über den Zustand ihrer Gesellschaft anregen.
Als Lebensüberdruss bezeichnest du eine tiefe Müdigkeit und Unzufriedenheit mit dem Leben. Dieses Gefühl wurde in der Literatur durch Charaktere ausgedrückt, die von Langeweile und Sinnlosigkeit geplagt sind. Sie strebten oft nach extremen Erfahrungen oder verzweifelten angesichts der Sinnlosigkeit ihres Lebens.
Ein Beispiel für diese beiden Motive ist der Roman „Das Bildnis des Dorian Gray“ des irischen Schriftstellers Oscar Wilde. Er handelt von einem jungen Mann, der zwar äußerlich nicht altert, dafür aber innerlich durch seinen Lebensstil zerstört wird. Der Verfall wird durch ein Gemälde von ihm symbolisiert, das mit der Zeit immer mehr entstellt wird, weshalb er es vor der Öffentlichkeit versteckt. Als Anspielung auf das Fin de Siècle drückt Dorian seinen Lebensüberdruss aus, indem er sagt „Ich wollte, es wäre fin du globe“, also nicht das Ende des Jahrhunderts, sondern das Ende der Welt (globe).
Textsorten
Die Literatur dieser Zeit umfasst Werke in allen drei literarischen Gattungen: Epik, Lyrik und Dramatik.
Die Lyrik des Fin de Siècle wird auch als Dekadenzdichtung bezeichnet. Autoren drückten ihre spirituelle Wahrnehmung der Wirklichkeit mithilfe von Symbolen und Metaphern in Gedichten aus. Auch der Ästhetizismus, also die Lehre vom Schönen, spielte eine große Rolle. Hierbei wurde Schönheit als oberstes und wichtigstes Gut betrachtet. Der österreichische Lyriker Rainer Maria Rilke gilt als einer der wichtigsten Vertreter dieser Strömung.
In der Epik spiegelten sich die inneren Konflikte und die Unsicherheiten der Gesellschaft wider. Sie zeichnete sich durch eine kritische Auseinandersetzung mit den sozialen Normen aus. Ein Beispiel dafür ist die Novelle „Leutnant Gustl“ von Arthur Schnitzler. Im Werk äußert sich der österreichische Autor kritisch über die gespaltenen Gesellschaft und das Militär.
Die Dramatik behandelte ebenfalls die Spannungen zwischen Individuum und Gesellschaft. Dabei thematisierte sie häufig die Unfähigkeit der Charaktere, ihre persönlichen Wünsche und gesellschaftlichen Erwartungen in Einklang zu bringen. Die Komödie „Ein idealer Gatte“ von Oscar Wilde handelt beispielsweise von politischen Machenschaften, Erpressung und Liebe in der Londoner Oberschicht.
Stil und Sprache
Die Sprache des Fin de Siècle war oft kunstvoll und reich an Symbolen. Autoren experimentierten mit neuen Stilmitteln und Ausdrucksformen, um die innere Zerrissenheit und die Komplexität der menschlichen Existenz darzustellen. Ebenso spiegelte die oftmals melancholische und düstere Sprache die pessimistischen Ansichten der Autoren wider. Dadurch setzte sich das Fin de Siècle bewusst von der klaren, nüchternen Sprache des vorhergegangenen Realismus ab. Auch der Ästhetizismus spielte eine wichtige Rolle. Hier wurden Schönheit und Ästhetik in den Vordergrund gestellt.
Fin de Siècle — wichtige Vertreter
- Arthur Schnitzler: „Anatol“, „Leutnant Gustl“
- Hugo von Hofmannsthal: „Elektra“, „Jedermann“
- Rainer Maria Rilke: „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“, „Der Panther“
- Heinrich Mann: „Professor Unrat“, „Stürmische Morgen“
- Oscar Wilde: „Das Bildnis des Dorian Gray“, „Ernst sein ist alles oder Bunbury“,
- Thomas Mann: „Der Tod in Venedig“ , „Tristan“
Fin de Siècle — häufigste Fragen
-
Was versteht man unter der Epoche Fin de Siècle?
Das Fin de Siècle beschreibt die Epoche der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Die politischen und sozialen Veränderungen der Zeit inspirierten eine Literatur, die von einer Aufbruchsstimmung, aber auch einem Gefühl des kulturellen Verfalls geprägt war.
-
Was bedeutet Fin de Siècle?
Der Begriff „Fin de Siècle“ kommt aus dem Französischen und bedeutet „Ende des Jahrhunderts“. Er bezieht sich dabei auf die Zeit der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert und fungiert als Überbegriff für mehrere literarische Strömungen dieser Zeit.
-
Wann war das Fin de Siècle?
Das Fin de Siècle beschreibt die Zeit der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Die Epoche begann um 1890 und erstreckte sich bis zum Beginn des 1. Weltkrieges in 1914.
Literatur der Jahrhundertwende
Klasse! Jetzt kennst du dich mit der Epoche des Fin de Siècle aus. Sie stellte sich gegen die Ideale der vorangegangenen Epoche des Realismus. Wenn du wissen willst, was diese Epoche auszeichnet, dann schau dir gleich noch unser Video dazu an.