DDR Literatur
Du möchtest wissen, was die DDR Literatur ausmacht? Hier und im Video erklären wir dir die wichtigsten Merkmale und die bedeutendsten Autoren der Epoche.
Inhaltsübersicht
DDR Literatur einfach erklärt
Als DDR Literatur bezeichnest du alle Werke, die in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zwischen 1949 und 1990 entstanden sind. Diese Werke setzen sich mit den politischen, sozialen und kulturellen Entwicklungen der DDR auseinander. So schrieben die Autoren oft über das alltägliche Leben, die eingeschränkten Rechte der Bürger und die ständige Überwachung durch den Staat.
Zudem mussten alle Autoren der DDR in ihren Werken eine bestimmte Stilrichtung befolgen: den „sozialistischen Realismus“. Das heißt, sie sollten den Sozialismus positiv darstellen und die Ideale des sozialistischen Staates unterstützen. Manche Schriftsteller widersetzten sich dieser Vorschrift und setzten sich kritisch mit den gesellschaftlichen Bedingungen auseinander. Der Staat reagierte darauf mit Zensur, Auftrittsverboten oder sogar Einreiseverboten.
Die DDR Literatur ist eine Literaturepoche, die in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) von 1949 bis 1990 existierte. Sie umfasst Werke, die unter dem Einfluss des sozialistischen Systems entstanden und sich oft kritisch mit diesem auseinandersetzten. Autoren mussten mit Zensur und staatlicher Kontrolle umgehen, was ihre künstlerische Freiheit stark einschränkte.
- Zeitraum: 1949 — 1990
- Einordnung: zwischen Trümmerliteratur und Neue Subjektivität
- Geschichte: Gründung der DDR, sozialistische Gesellschaft, staatliche Kontrolle und Zensur, Auswanderung in BRD, Berliner Mauer
- Weltbild: Sozialismus, Kritik am Regime, Suche nach Freiheit und Demokratie
- Themen: Aufbau des Sozialismus, Alltag in der DDR, politische und soziale Kritik, Flucht und Ausreise, Sehnsucht nach Freiheit
- Literatur: Aufbauromane, Ankunftsromane, Lyrik, Prosa, Dramatik
- Wichtige Vertreter: Bertold Brecht, Christa Wolf, Heiner Müller, Stefan Heym, Volker Braun
DDR Literatur — historischer Hintergrund
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt: eine amerikanische, eine britische, eine französische und eine sowjetische Zone. Die DDR wurde am 7. Oktober 1949 in der sowjetischen Besatzungszone gegründet. Der neue Staat war stark vom Sozialismus und Kollektivismus geprägt. Da beide Ideale im starken Kontrast zum Faschismus der Nationalsozialisten standen, fanden sie zu Beginn der DDR große Zustimmung. Viele Autoren unterstützten daher in ihren Werken den Sozialismus.
Der Sozialismus ist eine Ideologie, bei dem alle Menschen gleich sein sollen und ihnen alles gemeinsam gehört. Der Kollektivismus geht in eine ähnliche Richtung und besagt, dass die Gemeinschaft wichtiger ist als der Einzelne. Das Wohl aller steht im Vordergrund und jeder soll zum Wohl der Gemeinschaft beitragen.
Doch das Leben in der DDR war stark von staatlicher Überwachung und eingeschränkten Rechten geprägt. Die Stasi (Ministerium für Staatssicherheit), die 1950 gegründet wurde, entlarvte Personen, die sich kritisch gegenüber dem Sozialismus äußerten. Damit griff der Staat in viele Lebensbereiche der Menschen ein: Kunst, Schule, Beruf, Freizeitgestaltung und auch in das Privatleben.
Viele Menschen lebten aufgrund der fehlenden persönlichen Freiheiten in Angst und Frust. Nur diejenigen, die der sozialistischen Ideologie folgten und den Staat sowie die Politik nicht kritisierten, konnten ein relativ friedliches Leben führen. Solche Themen wurden daher oft in der DDR Literatur aufgegriffen und zum Teil auch kritisiert.
Viele Menschen versuchten aufgrund der Überwachung und dem Mangel an Freiheit die DDR zu verlassen und in den Westen auszuwandern. Um diese Fluchtbewegungen zu stoppen, wurde am 13. August 1961 die Berliner Mauer errichtet.
DDR Literatur — Phasen
Die Themen und der Stil der DDR Literatur haben sich im Laufe der Zeit verändert. Daher kannst du die Literaturepoche in mehrere Phasen unterteilen:
- Aufbauliteratur (1950-1961)
- Ankunftsliteratur (1961-1971)
- Liberalismus (1971-1976)
- Kritik & Untergrundliteratur (1976-1989)
Jede der Phasen beschäftigt sich mit verschiedenen historischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Veränderungen.
Aufbauliteratur (1950-1961)
Die erste Phase der DDR-Literatur ist die Aufbauliteratur. Die Werke aus dieser Zeit idealisierten den Sozialismus und behandelten Themen wie den vergangenen Krieg und den Antifaschismus. Damit sollten die Autoren beim Aufbau des Sozialismus helfen und die Bevölkerung optimistisch stimmen. Wichtige Werke dieser Phase sind die sogenannten Aufbauromane, in denen die Arbeiter als Helden dargestellt werden. Die Romane sollten die Leser ermutigen, sich für den Sozialismus einzusetzen.
Bekanntes Werk: Ein bekanntes Werk dieser Zeit ist Anna Seghers‘ „Die Entscheidung“. Darin geht es um den Aufbau eines Stahlwerks nach dem Zweiten Weltkrieg und den damit verbundenen Herausforderungen. Die Protagonisten arbeiten unermüdlich zusammen, um eine neue Welt aufzubauen. Damit soll der Roman bei den Lesern Begeisterung für den sozialistischen Aufbau erzeugen und Hoffnung auf eine bessere Zukunft machen.
Die Aufbauliteratur beschäftigte sich viel mit den Arbeitern und der Industrie. Um die Werke realistischer zu gestalten, wurde 1959 auf einer Konferenz in Bitterfeld der „Bitterfelder Weg“ ins Leben gerufen. Damit sollte die Lücke zwischen Kunst und Volk geschlossen werden. Sie forderte die Künstler auf, in Betriebe zu gehen und die Arbeitswelt in ihren Werken zu beschreiben. Der Bitterfelder Weg wurde jedoch 1965 aufgegeben, da er nicht den gewünschten Erfolg brachte.
Ankunftsliteratur (1961-1971)
In den 1960er Jahren entwickelte sich die sogenannte Ankunftsliteratur. Sie entstand in Zusammenhang mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 und befasste sich mit den Erlebnissen und Problemen der Menschen in der sozialistischen Gesellschaft. Die Autoren setzten sich kritisch, aber versöhnlich mit dem Leben im Sozialismus auseinander.
In dieser Phase entstand auch die literarische Form des Ankunftsromans. Darin zeigten die Autoren, wie Menschen ihren Platz in der sozialistischen Gesellschaft fanden und welche Herausforderungen sie dabei bewältigen mussten.
Bekanntes Werk: Zum Beispiel zählt Christa Wolfs Roman „Der geteilte Himmel“ zu den klassischen Werken der Ankunftsliteratur. In dem Buch wird die Geschichte der jungen Frau Rita erzählt, deren große Liebe nach Westberlin zieht. Denn ihr Partner verlor den Glauben an den Sozialismus. Rita geht ihm nach, um ihn zur Rückkehr zu bewegen. Schließlich fährt sie alleine in den Osten zurück, weil sie sich im Westen nicht wohlfühlt. Denn sie fühlt sich im sozialistischen System zu Hause.
Liberalisierung (1971 – 1976)
Die Phase der Liberalisierung startete mit der Ablösung des Staatsoberhaupts Walter Ulbricht durch Erich Honecker. Er führte ein Liberalisierungsprogramm für die gesamte Kunst und Kultur ein. Schriftsteller erhielten damit mehr Freiheit, solange ihre Werke den Sozialismus nicht infrage stellten und die Ideale des Sozialismus weiterhin präsent waren.
Autoren griffen nun Themen wie das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft auf. Sie nutzten ihre neu gewonnenen Freiheiten, um die Spannungen und Konflikte zwischen individuellen Wünschen und den Anforderungen des sozialistischen Staates darzustellen.
Bekanntes Werk: Ein typisches Werk aus der Phase der Liberalisierung ist der Roman „Die neuen Leiden des jungen W.“. Der Autor Ulrich Plenzdorf nutzte darin die neue schriftstellerische Freiheit und kritisierte die gesellschaftlichen Umstände. Denn die machten es Jugendlichen schwer, sich zu entfalten. Im Roman lässt Plenzdorf die 17-jährige Hauptfigur rebellieren, indem sie aus seinem Heimatort flüchtet und nach Berlin zieht.
Kritik & Untergrundliteratur (1976 – 1989)
Die letzte Phase der DDR Literatur war geprägt von zunehmender Unzufriedenheit im Volk mit dem politischen System. Das spiegelte sich auch in der Literatur wider, die immer kritischer wurde. Viele dieser kritischen Werke konnten nicht offiziell in der DDR veröffentlicht werden und wurden daher heimlich im Untergrund verbreitet oder in Westdeutschland veröffentlicht.
Die DDR-Regierung reagierte darauf mit verschärfter Kulturpolitik und wurde intoleranter. Es folgten Zensur, Auftrittsverbote und sogar Rückreiseverbote für kritische Künstler. Ein bekanntes Beispiel ist der Liedermacher Wolf Biermann, der 1976 nach einem Auftritt in der BRD nicht in die DDR zurückkehren durfte.
Viele Schriftsteller verließen die DDR, um ihre Meinungen frei äußern zu können. Diejenigen, die in der DDR blieben, mussten ihre Kritik oft in Mehrdeutigkeit, Metaphern und verschlüsselten Botschaften verstecken, um der Zensur zu entgehen.
Bekanntes Werk: Volker Braun thematisierte in seinen Werken ebenfalls die Einschränkungen und den Druck, unter dem die Menschen in der DDR lebten. Sein Roman „Unvollendete Geschichte“ beschreibt die Geschichte einer Frau, die zwischen der sozialistischen Gesellschaft und ihren eigenen Gefühlen steht. Denn sie verliebt sich in einen Mann, der dem System abgeschworen hat. Braun kritisiert damit die, dass der Staat die ursprünglichen Versprechen nicht einhält — nämlich bessere Lebensbedingungen zu schaffen. Außerdem setzt er sich kritisch mit der staatlichen Kontrolle und die fehlende persönliche Freiheit in der DDR auseinander.
Merkmale & Themen der DDR Literatur
Die DDR-Literatur zeichnet sich durch spezifische Merkmale und Themen aus, die eng mit der Geschichte der DDR verbunden sind.
Das zentrale Merkmal der DDR-Literatur war der sozialistische Realismus. Diese künstlerische Richtung wurde von der Regierung vorgeschrieben und verlangte, dass die Literatur die sozialistische Gesellschaft positiv darstellt. Merkmale des sozialistischen Realismus waren:
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Sozialistischer Held: Die Hauptfiguren waren oft Arbeiter oder Bauern, die als Helden der sozialistischen Gesellschaft dargestellt wurden.
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Realistische Darstellung der Wirklichkeit: Die Werke sollten das tägliche Leben und die Arbeit der Menschen in der DDR realistisch zeigen.
- Festigung der sozialistischen Ideologie: Die Literatur der DDR versuchte, die sozialistischen Gedanken in der Bevölkerung zu stärken, indem die Hauptfiguren der Werke beispielsweise die Erlösung im Sozialismus fanden oder sich für die Gesellschaft einsetzten.
Um die Literatur einer breiten Bevölkerung zugänglich zu machen, nutzte die DDR Literatur außerdem eine einfache und direkte Sprache. Komplexe Sätze und Fachbegriffe wurden vermieden, damit die Geschichten leicht verständlich sind und eine große Leserschaft erreichen.
Zu den wichtigsten Genres der DDR-Literatur zählen dabei die Lyrik, Dramatik und die Dokumentarliteratur. Letzteres bezeichnet Werke, die auf realen Ereignissen basieren und oft eine politische Botschaft enthalten.
Wichtige Autoren & Werke der DDR Literatur
Die DDR-Literatur wurde von zahlreichen Autoren geprägt, die eine Vielzahl bedeutender Werke hervorgebracht haben. Hier sind einige der wichtigsten Werke:
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Aufbauliteratur:
- „Menschen an unserer Seite“ von Eduard Claudius
- „Die Entscheidung“ von Anna Seghers
- „Ole Bienkopp“ von Erwin Strittmatter
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Ankunftsliteratur:
- „Der geteilte Himmel“ von Christa Wolf
- „Spur der Steine“ von Erik Neutsch
- „Ankunft im Alltag“ von Brigitte Reimann
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Liberalismus:
- „Nachdenken über Christa T.“ von Christa Wolf
- „Die neuen Leiden des jungen W.“ von Ulrich Plenzdorf
- „Hinze und Kunze“ von Volker Braun
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Kritik & Untergrundliteratur:
- „Die Umsiedlerin“ von Heiner Müller
- „Unvollendete Geschichte“ von Volker Braun
- „Jakob der Lügner“ von Jurek Becker
DDR Literatur — häufigste Fragen
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Was versteht man unter DDR-Literatur?
Unter DDR-Literatur versteht man die literarischen Werke, die zwischen 1949 und 1990 in der Deutschen Demokratischen Republik entstanden sind. Diese Literatur spiegelt die politischen, sozialen und kulturellen Entwicklungen der DDR wider und thematisiert häufig den sozialistischen Aufbau und die staatliche Kontrolle.
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Welche Autoren gehören zur DDR-Literatur?
Zur DDR-Literatur gehören Autoren wie Christa Wolf, Heiner Müller, Anna Seghers, Erwin Strittmatter, Erik Neutsch und Volker Braun. Diese Schriftsteller prägten die verschiedenen Phasen der DDR-Literatur und setzten sich mit den gesellschaftlichen und politischen Bedingungen ihrer Zeit auseinander.
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Welche Autoren waren in der DDR verboten?
In der DDR waren mehrere Autoren aufgrund ihrer kritischen Haltung gegenüber dem Regime verboten. Dazu gehören Wolf Biermann, der 1976 ausgebürgert wurde, sowie Heiner Müller und Jurek Becker, deren Werke teilweise zensiert oder im Untergrund veröffentlicht wurden.
Postmoderne
Nach der „DDR Literatur“ gab es die Literaturepoche der „Postmoderne“ von 1990 bis 2010. Welche Merkmale diese Epoche auszeichnen und ihre typischen Vertreter, zeigen wir dir in unserem Video!