Visuelle Wahrnehmung

Ohne visuelle Wahrnehmung könntest du weder lesen noch schreiben. Wie sie funktioniert und warum du sie brauchst, erfährst du in diesem Beitrag und in unserem Video !

Inhaltsübersicht

Was ist visuelle Wahrnehmung?

Die visuelle Wahrnehmung beschreibt, wie unser Gehirn die Umwelt mithilfe der Augen interpretiert: In unserer Umgebung nehmen wir zahlreiche optische Reize auf. Diese Informationen werden dann im Gehirn weiterverarbeitet. Daraus entsteht schlussendlich das Bild, das wir sehen.

Hört sich anstrengend an, ist es aber nicht. Die visuelle Wahrnehmung passiert nämlich hauptsächlich unterbewusst, da wir sie ständig brauchen. Zum Beispiel hilft sie uns beim Lernen in der Schule oder bei der Orientierung im Alltag. Nur dank ihr können wir Bewegungen gezielt ausführen. Deswegen würde ein Leben ohne sie ganz anders verlaufen.

Sehen oder visuelles Wahrnehmen — Was ist der Unterschied?

Sehen“ ist das Ergebnis der visuellen Wahrnehmung. Zuerst nehmen die Augen Informationen auf und im nächsten Schritt wandelt das Gehirn sie in Bilder um. Diese Bilder sind dann das, was wir als „Sehen“ bezeichnen.

Wie funktioniert visuelle Wahrnehmung im Auge?

Schauen wir uns nun einmal genauer an, wie visuelles Wahrnehmen bei Menschen funktioniert: Trifft Licht auf einen Gegenstand, wird das Licht „gestreut“. Das heißt, es reflektiert in alle Richtungen. Ein Teil dieser Lichtstrahlen erreicht unser Auge.

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Visuelle Wahrnehmung im Auge

Die Pupille bündelt dann die Strahlen und schickt sie auf die Netzhaut. Dort befinden sich sogenannte LichtsinneszellenZapfen und Stäbchen. Sie entscheiden darüber, ob der Gegenstand als hell oder dunkel wahrgenommen wird und welche Farbe er hat. Die restliche Auswertung der Informationen findet allerdings im Gehirn statt.

Wie funktioniert visuelle Wahrnehmung im Gehirn?

Im nächsten Schritt leiten die Sehnerven die Informationen durch die „Sehnervenkreuzung“. Du unterscheidest dabei zwischen folgenden Nerven:

  • kreuzende Sehnerven: Sie gehen vom linken Auge in die rechte Gehirnhälfte, bzw. vom rechten Auge in die linke Gehirnhälfte.
  • nicht kreuzende Sehnerven: Sie bleiben auf ihrer jeweiligen Seite.

Gut zu wissen: Experten gehen davon aus, dass die Kreuzung die Sinneswahrnehmung verbessern soll.

Am Ende erreichen alle Sehnerven die primäre Sehrinde im hinteren Teil des Gehirns, den sogenannten Okzipitallappen. Er wird auch Sehzentrum genannt, denn hier fließen alle Sehnerven hin. Dort sortiert das Gehirn die Informationen und leitet sie zum Parietal- und zum Temporallappen weiter. Die beiden Gehirnareale sind verantwortlich für die Auswertung der Informationen, die das Auge aufgenommen hat. 

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Visuelle Wahrnehmung im Gehirn

Der Parietallappen verarbeitet die visuelle Wahrnehmung von Bewegungen und Positionen, während der Temporallappen die visuelle Wahrnehmung von Farben, Mustern und Formen koordiniert. 

Die Kombination aller Informationen sorgt für ein dauerhaft flüssiges Bild. Der gesamte Prozess, vom Lichteinfall bis zur Auswertung im Gehirn, geschieht dabei im Bruchteil einer Sekunde.

Merke: Visuelle Wahrnehmung ist ein unterbewusster Prozess, der Schritt für Schritt die Informationen unser Umgebung in brauchbare Informationen aufschlüsselt.

Beispiele für visuelle Wahrnehmung

Was wir als „Sehen“ bezeichnen, ist in Wahrheit ein komplexer Prozess. Denn wenn wir etwas sehen, läuft in unserem Gehirn unterbewusst eine Kette von Einordnungsprozessen ab:

  • Was sehe ich?
  • Welche Farbe?
  • Wie viele?

Die Antworten auf diese und noch viele weitere Fragen ergeben zusammen das Bild, welches wir vor Augen haben. Die folgenden Beispiele werden das nochmal verdeutlichen!

Visuelle Wahrnehmung eines Gegenstandes

Du bist draußen und vor dir liegt ein Basketball. Wenn du ihn genau beobachtest, kannst du mindestens 10 verschiedene Aspekte visueller Wahrnehmung bestimmen:

  1. Licht und Kontraste: Der Ball wirft einen Schatten auf seinen Untergrund. Er grenzt sich also deutlich von seiner Umgebung ab und du kannst ihn als ein Objekt wahrnehmen.
  2. Farbe: Der Ball ist Orange und hat ein paar schwarze Rillen.
  3. Form: Der Ball ist rund.
  4. Größe: Der Durchmesser beträgt ca. 25cm.
  5. Position: Der Ball liegt ca. einen Meter vor dir.
  6. Dimensionen: Der Ball ist kein Kreis, sondern eine Kugel. Er ist also dreidimensional.
  7. Bewegung: Der Ball liegt still, aber du kannst dir vorstellen, was passiert, wenn du den Ball bewegst.
  8. Verwendung: Der Ball wird zum Basketballspielen verwendet. Du wirfst ihn.
  9. Persönliche Beziehung: Der Ball sieht aus wie andere Bälle, die du zum Basketball spielen verwendet hast.
  10. Benennung: Der Ball ist ein Basketball.

Du kannst diese Liste beliebig lang weiterführen. Der Ball kann dreckig sein, neben einem anderen Ball liegen, ein Name steht auf dem Ball, also gehört er womöglich Person X…. All diese Schritte passieren automatisch und sind wichtig, um sich in der Welt zurechtzufinden.

Das Gleiche machen wir unterbewusst auch bei anderen Personen. Wir brauchen visuelle Wahrnehmung, um Menschen voneinander zu unterscheiden und sie zu erkennen.

Visuelle Wahrnehmung im Straßenverkehr

Wie wichtig visuelle Wahrnehmung im Alltag ist, zeigt das nächste Beispiel:

Du bist als Fahrradfahrer im Straßenverkehr unterwegs und befindest dich kurz vor einer viel befahrenen Kreuzung. Die visuelle Wahrnehmung ermöglicht es dir, einen Großteil der Gefahren frühzeitig zu erkennen und so dein Verhalten anzupassen.

Ist die Ampel in der Ferne schon lange „grün“, ist es wahrscheinlich, dass sie bald auf „rot“ wechselt. Also fährst du vorsichtig heran. Vor dir bremst jetzt ein Auto. Du nimmst wahr, dass der Abstand immer kürzer wird. Du bremst also auch ab.

Visuelle Wahrnehmung bei Kindern

Visuelle Wahrnehmung ist ein wichtiger Bestandteil der Kindheit. Denn Kinder benötigen visuelle Wahrnehmung, um sich mit ihrer Umwelt vertraut zu machen und von ihr zu lernen.

Allerdings ist die Sehschärfe eines Kindes bei der Geburt deutlich schlechter als bei Erwachsenen. Die visuelle Wahrnehmung entwickelt sich erst mit der Zeit:

  • Bei der Geburt: Sehvermögen unscharf und nur 20 – 30 Zentimeter Reichweite
  • Nach 4 Monaten: Wiedererkennen von Gegenständen
  • Nach 6 Monaten: Wahrnehmung von Kontrasten
  • Nach etwa 8 Monaten: Wahrnehmung der Umgebung fast wie Erwachsene
  • Nach etwa 7 Jahren: Sehschärfe vollständig ausgeprägt

Deshalb nutzen Neugeborene hauptsächlich ihre Hände, um Informationen über ihre Umwelt zu erhalten.

Was ist Visuomotorik?

Die Visuomotorik verknüpft visuelle Wahrnehmung mit unserer Motorik. Denn um eine Bewegung gezielt auszuführen, müssen wir sie in der Regel mit unseren Augen steuern. Das heißt, wenn wir nach etwas greifen, müssen wir den Gegenstand zuerst visualisieren, um unsere Bewegung darauf anzupassen. Deshalb bezeichnet man Visuomotorik auch als AugeHandKoordination.

Gerade für Neugeborene ist das wichtig. Denn mit ihren Händen ertasten sie die Umgebung. So zählen beispielsweise Greifen oder Daumenlutschen zu wichtigen Lernprozessen.

Welchen Einfluss hat visuelle Wahrnehmung auf die Kindesentwicklung?

Visuelle Wahrnehmung und Visuomotorik sind wichtige Bestandteile der Entwicklung von Kindern. Sie lernen auf diese Weise, ihren Alltag selbstständig zu bewältigen und sich im Leben zu orientieren.

Doch das gilt nicht nur für Neugeborene. In jedem Lebensalter profitieren wir von einer guten visuellen Wahrnehmung, ob in der Schule, auf der Arbeit oder im Alltag. Sie ist eins der wichtigsten Werkzeuge, um sich im Leben zurechtzufinden.

Visuelle Wahrnehmungsstörungen

Visuelles Wahrnehmen ist insgesamt sehr wichtig für unser Leben und unsere Entwicklung. Darum liegt es nahe, dass eine Wahrnehmungsstörung  schlimme Folgen mit sich bringen kann.

Ursachen einer visuellen Wahrnehmungsstörung

Die Gründe für eine visuelle Wahrnehmungsstörung können vielfältig sein. Am häufigsten ist ein schlechtes Sehvermögen Schuld an der Störung. Denn wer schlechter sieht, nimmt weniger Informationen auf.

Das Gleiche gilt auch für die Motorik. Denn auf sie sind Kinder in den ersten Monaten sogar stärker angewiesen als auf das Sehen.

Allerdings kann jede Fehlfunktion im Wahrnehmungsprozess zu einer Störung führen. Ein geschädigter Sehnerv oder Verletzungen im Gehirn durch einen Schlaganfall sind nur ein paar Beispiele. Klar ist: Nicht nur Kinder sind betroffen. Auch Erwachsene können bei bestimmten gesundheitlichen Beschwerden eine Wahrnehmungsstörung entwickeln.

Anzeichen für eine visuelle Wahrnehmungsstörung

Oft fällt eine solche Störung erst nach der Einschulung auf. Die Kinder finden sich dann nämlich plötzlich in einer Umgebung mit viel mehr Eindrücken wieder. Sie lesen, schreiben, rechnen und müssen Bewegungen im Sportunterricht koordinieren. Für manche Kinder sind es zu viele visuelle Signale auf einmal. Kinder mit Wahrnehmungsstörungen verlieren dann schnell die Lust am Lernen. 

Häufige Anzeichen bei Kindern sind:

  • Augenbrennen und vermehrtes Augenreiben
  • Nase beim Lesen nah am Text
  • Gebeugte Körperhaltung beim Bearbeiten von Aufgaben
  • Probleme mit gegensätzlichen Eigenschaften (groß – klein; alt – jung)
  • Unsaubere Handschrift

Folgen einer visuellen Wahrnehmungsstörung

Die Auswirkungen einer solchen Störung sind individuell. Typische Folgen im Alltag betroffener Menschen sind in der Regel:

  • Schwierigkeiten in Mathe
  • Schlechter Orientierungssinn sowie eine Rechts-Links-Schwäche
  • Leseschwächen, denn Buchstaben können nicht gut auseinandergehalten werden
  • Viele Flüchtigkeitsfehler

Diese Folgen beeinträchtigen die schulische und persönliche Entwicklung eines Menschen nachhaltig. Insbesondere Kindern fehlt eine wichtige Grundlage für ihr späteres Leben.

Wie fördere ich die visuelle Wahrnehmung?

Visuelle Wahrnehmungsstörungen solltet du nicht unterschätzen. Umso wichtiger ist es, die Anzeichen frühzeitig zu erkennen. Je früher du dein visuelles Wahrnehmen förderst, desto besser können die Folgen abgeschwächt werden.

Bei Verdacht solltest du sofort zum Arzt gehen, bzw. auffälligen Personen einen Arztbesuch empfehlen. Häufig reicht ein einfacher Sehtest nämlich nicht aus, um eine Störung festzustellen. Daher sind spezielle Untersuchungen nötig. Im Falle einer Erkrankung gibt es zum Glück zahlreiche Therapiemöglichkeiten. Unabhängig vom Alter lassen sich visuelle Wahrnehmungsstörungen gut behandeln.

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Förderung der visuellen Wahrnehmung

Für Kinder werden häufig pädagogische Maßnahmen eingesetzt. Konkret kann das heißen, dass Eltern ihre Kinder vermehrt in den Haushalt einbeziehen. Außerdem ist es hilfreich, ihre Selbstständigkeit zu fördern. Die Kinder sollen sich beispielsweise alleine anziehen, mit Messer und Gabel essen oder selbst die Zähne putzen.

Spielen ist genauso wichtig. Fangen, Werfen, Memory — all diese Aktivitäten beanspruchen die visuelle Wahrnehmung stark. Hier ist außerdem der Spaßfaktor von großer Bedeutung: Denn so sind die Kinder motivierter und das Gehirn deshalb aufnahmefähiger.

Visuelles Training für Erwachsene

Die Behandlung von Erwachsenen Menschen funktioniert ähnlich. Gehirnjogging ist dabei die beliebteste Methode, um die visuelle Wahrnehmung zu fördern. Sortieren, Puzzeln oder Texte nach Fehlern absuchen trainiert viele Aspekte der visuellen Wahrnehmung unterbewusst.

In klassischen Gehirnjoggingaufgaben musst du Formen erkennen, Unterschiede feststellen und deine Hände koordinieren. Selbst bei schweren Wahrnehmungsstörungen werden so große Erfolge erzielt.

Jeder Mensch kann und sollte seine visuelle Wahrnehmung trainieren. Wie du gelernt hast, funktioniert es dabei am besten, wenn du Spaß an den Aufgaben hast. Auf Dauer wird deine visuelle Wahrnehmung so schneller und vielfältiger. In jedem Lebensbereich profitierst du langfristig von einem Training, auch wenn es sich manchmal nicht wie ein Training anfühlt.

Visuelle Wahrnehmung — häufigste Fragen

  • Wie fördere ich die visuelle Wahrnehmung?
    Folgende Aktivitäten fördern die visuelle Wahrnehmung:
    1. Puzzeln
    2. Entfernungen einschätzen
    3. Malen
    4. Memory
    5. Mit Lego spielen
    6. Wasser in ein Glas gießen
    7. Fangen und Werfen
    8. Mit Messer und Gabel essen
      
  • Woher kommen visuelle Wahrnehmungsstörungen?
    Eine Verletzung der Sehnerven oder Schäden durch Schlaganfälle im Gehirn sind übliche Ursachen einer visuellen Wahrnehmungsstörung. Auch ein schlechtes Sehvermögen kann Schuld sein. Denn je weniger wir sehen, desto weniger Informationen verarbeitet das Gehirn.

Wahrnehmungsstörungen

Jetzt weißt du alles über die visuelle Wahrnehmung. Sie ist jedoch nur eine Form der Wahrnehmung. Genauso gibt es auch mehrere Formen von Wahrnehmungsstörungen. Wenn du mehr darüber lernen möchtest, dann klick hier.  

Zum Video: Wahrnehmungsstörung
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