Mit dem Fortschritt der Technologie wird das Phänomen Uncanny Valley immer relevanter. Was sich genau dahinter verbirgt, erklären wir dir hier im Beitrag und im Video.

Inhaltsübersicht

Uncanny Valley — einfach erklärt

Das „Uncanny Valley“ beschreibt eine Kurve der menschlichen Reaktion: Je mehr eine künstliche Figur einem Menschen ähnelt, desto positiver ist deine Reaktion — bis zu einem gewissen Punkt. Wenn die Figur fast, aber nicht ganz menschlich aussieht, fühlst du dich nämlich unwohl.

Dieser plötzliche Abfall deiner positiven Gefühle sieht auf einer Grafik aus wie ein Tal, daher der Name „Uncanny Valley“, zu Deutsch „unheimliches Tal“.

Wo tritt der Effekt auf?

Das Phänomen begegnet dir in verschiedenen Bereichen, wie zum Beispiel in der Robotik, in Videospielen, in animierten Filmen und sogar in der Kunst. Überall dort, wo versucht wird, menschenähnliche Figuren zu schaffen, kann das Uncanny Valley auftreten. 

Gut zu wissen: Der Begriff „Uncanny Valley“ wurde erstmals 1970 von Masahiro Mori, einem japanischen Robotiker, verwendet.

Uncanny Valley Effekt

Das Diagramm zum Uncanny Valley stellt die Beziehung zwischen der menschlichen Ähnlichkeit künstlicher Wesen und der emotionalen Reaktion des menschlichen Betrachters dar. Es lässt sich in mehrere Stufen unterteilen:

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Uncanny Valley Diagramm nach Masahiro Mori

Stufe 1: Cartoonhafte Figuren
Ganz links im Diagramm stehen einfache, cartoonartige Figuren, wie z. B. „Micky Maus“. Diese Figuren sind sympathisch, weil sie deutlich von echten Menschen unterscheidbar sind. Deshalb empfindest du keine Irritation, wenn du sie ansiehst

Stufe 2: Menschliche Ähnlichkeit steigt
Folgst du dem Graphen weiter nach rechts, steigt die menschliche Ähnlichkeit und damit auch die positive emotionale Reaktion. Cartoonhafte Figuren, wie die realistischeren 3D-Zeichentrickcharaktere in „Toy Story“, sind hier angesiedelt. Sie sind menschenähnlich, aber deutlich genug vereinfacht, sodass kein Unbehagen entsteht.

Stufe 3: Das Tal
An diesem Punkt erreicht die menschliche Ähnlichkeit eine Schwelle, an der die künstlichen Wesen fast menschlich aussehen. Vielleicht denkst du jetzt an die hyperrealistischen, computergenerierten Charaktere in neueren Filmen oder an hoch entwickelte Roboter mit künstlicher Haut.

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Humanoider Roboter mit künstlicher Haut

Sie sehen fast aus wie echte Menschen, aber irgendetwas ist komisch. Ihre Bewegungen sind nicht ganz flüssig, die Augen nicht ganz lebendig. Hier fühlst du dich unbehaglich — das ist der tiefste Punkt des Tals.

Stufe 4: Der Aufstieg
Wenn die künstlichen Wesen noch realistischer werden und kaum noch von echten Menschen zu unterscheiden sind, fühlt sich der Betrachter wieder wohler. Hier lassen die negativen Gefühle nach, und die Akzeptanz steigt. Denke an Spezialeffekte in Filmen, die echte Schauspieler nahezu perfekt digital nachbilden. Ein Beispiel dafür wären die Figuren aus dem Film „Avatar“.

Stufe 5: Nicht unterscheidbar vom Menschen
Ganz rechts im Diagramm, wenn die künstlichen Wesen nicht mehr von echten Menschen zu unterscheiden sind, ist die emotionale Reaktion wieder vollständig positiv. Grund dafür ist, dass das Gehirn sie als menschlich akzeptiert.

Bewegte und unbewegte Objekte

Im Uncanny Valley Diagramm sind die Graphen für bewegte und unbewegte Objekte unterschiedlich, weil Bewegung die menschliche Wahrnehmung stark beeinflusst. Bei unbewegten Objekten wie Statuen reagieren Menschen hauptsächlich auf das Aussehen. Sie können zwar unheimlich sein, aber ohne Bewegung ist dieser Effekt meist schwächer.

Im Gegensatz dazu achten Menschen bei bewegten Objekten darauf, wie sie sich bewegen. Wenn etwas fast menschlich aussieht, aber sich nicht ganz natürlich bewegt, fällt uns das sofort auf und wir fühlen uns unwohler. Deshalb ist der Uncanny Valley Effekt bei bewegten Objekten stärker.

Psychologie des Unheimlichen 

Das Uncanny Valley basiert auf dem Konzept des Unheimlichen von Ernst Jentsch. Er glaubte, dass das Unheimliche ein Gefühl der Unsicherheit ist, das entsteht, wenn wir nicht sicher sind, ob etwas lebendig ist oder nicht. Zum Beispiel kann es unheimlich sein, einen mechanischen Roboter zu sehen, der so lebensecht ist, dass wir uns fragen, ob er nicht doch ein Lebewesen ist. 

Sigmund Freud erweiterte das Konzept, indem er das Unheimliche mit dem Verdrängten verknüpfte. Verdrängte Erinnerungen oder Gefühle sind Dinge, die du aus deinem Bewusstsein verbannt hast, weil sie zu schmerzhaft oder unangenehm sind. Wenn du etwas siehst oder erlebst, das dich an diese verdrängten Dinge erinnert, kann das ein Gefühl des Unheimlichen auslösen.

Uncanny Valley — Ursachen

Die Gründe, warum dir menschenähnliche Objekte unheimlich vorkommen können, sind sowohl in der Evolution als auch in deiner Psyche verankert: 

  • Evolutionsbiologische Faktoren
    Aus evolutionärer Sicht sind Menschen darauf programmiert, Gesichter und menschliche Formen schnell zu erkennen. Das hilft uns dabei, Freunde von Feinden zu unterscheiden und die Emotionen anderer zu verstehen.
    Wenn etwas fast menschlich aussieht, aber in kleinen Details abweicht, wie bei der Bewegung oder den Augen, kann das Gehirn Alarm schlagen. Es signalisiert, dass etwas nicht stimmt.
     
  • Psychologische Faktoren
    Psychologisch gesehen reagieren Menschen auf das, was vertraut und gleichzeitig fremd ist, oft mit Unsicherheit und Angst. Wenn du auf eine Figur stößt, die menschlich aussieht, aber nicht ganz menschlich ist, kann das deine normalen Erwartungen stören und zu Verwirrung führen. Dieses Gefühl der Verwirrung kann Unbehagen auslösen, weil dein Gehirn versucht, die Figur in die Kategorie „menschlich“ oder „nicht-menschlich“ einzuordnen und dabei Schwierigkeiten hat.

Individuelle Unterschiede

Der Uncanny Valley Effekt ist aber nicht bei jedem Menschen gleich stark ausgeprägt. Es gibt individuelle Unterschiede, die beeinflussen, wie stark jemand auf menschenähnliche Objekte reagiert. Hier sind einige Faktoren, die dabei eine Rolle spielen können: 

  • Persönliche Erfahrungen
    Menschen, die mehr Erfahrung mit Robotern oder virtuellen Charakteren haben, könnten unempfindlicher auf den Uncanny Valley Effekt reagieren. Denn sie haben sich an die Figuren gewöhnt. Auf der anderen Seite sind Menschen, die bereits negative Erfahrungen mit künstlichen Objekten oder Kreaturen gemacht haben, möglicherweise anfälliger für den Effekt.
      
  • Wissen und Bildung
    Das Wissen über künstliche Intelligenz und Robotik kann auch die Wahrnehmung beeinflussen. Wer versteht, wie diese Wesen funktionieren, mag weniger geneigt sein, Unbehagen zu empfinden, weil das Verständnis die Unsicherheit reduziert.
      
  • Persönlichkeitsfaktoren
    Perfektionistische oder emotional instabile (neurotische) Menschen sind möglicherweise anfälliger für den Uncanny Valley-Effekt. Denn sie fühlen sich von Unvollkommenheiten oder Ungewissheiten gestört.

Uncanny Valley — häufigste Fragen

  • Was ist das Uncanny Valley?
    Das Uncanny Valley ist ein Phänomen, bei dem menschenähnliche Objekte, wie Roboter oder CGI-Charaktere Unbehagen auslösen. Das Unwohlsein entsteht, wenn sie fast, aber nicht ganz, menschlich aussehen.
      
  • Warum gibt es das Uncanny Valley?
    Das Uncanny Valley entsteht, weil Menschen evolutionär darauf ausgelegt sind, feine Unterschiede in menschlichen Gesichtern und Bewegungen zu erkennen. Abweichungen von der Norm, wie sie bei fast menschlichen Robotern oder Animationen vorkommen, können als unheimlich oder bedrohlich wahrgenommen werden.

Visuelle Wahrnehmung

Das Uncanny Valley ist eng mit deiner visuellen Wahrnehmung verknüpft, da es deine Fähigkeit betrifft, menschliche Gesichter und Bewegungen zu interpretieren. Wie die visuelle Wahrnehmung beim Menschen funktioniert, erfährst du hier!

Zum Video: Visuelle Wahrnehmung
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