Die Elegie ist eine antike Gedichtform, die sich durch ihren ernsten und wehmütigen Charakter auszeichnet. Hier erfährst du alles Wichtige dazu. Für einen schnellen Überblick geht’s hier direkt zum Video!

Inhaltsübersicht

Was ist eine Elegie?

Heutzutage ist eine Elegie ein Gedicht, das sich mit ernsten Themen wie Trauer, Trennungen oder Tod auseinandersetzt. Wegen ihrer größtenteils negativen Inhalte bezeichnest du die Elegie auch als Klagegedicht. Sie wurde im Deutschen vor allem von Schiller und Goethe während der Weimarer Klassik geprägt.

In der Antike wurden Elegien jedoch nicht nach ihren Inhalten definiert, sondern nach ihrem formalen Aufbau. Die Strophen antiker elegischer Gedichte bestehen aus jeweils zwei Versen. Der erste Vers ist immer im Versmaß Hexameter verfasst, der zweite im Versmaß Pentameter. Diese besondere Form nennst du Distichon.

Elegie Definition

Die Elegie ist eine antike Gedichtform, die sich durch ihren formale Aufbau aus Distichen oder durch ihren inhaltlichen Fokus auf negative Themen auszeichnet. Um ein Gedicht als Elegie zu bezeichnen, muss mindestens eine dieser Eigenschaften vorhanden sein.

Aufbau der Elegie

Antike Elegien wurden über allerlei Themen verfasst, also ohne klaren inhaltlichen Fokus. Du erkennst sie vor allem an ihrem formalen Aufbau. 

Die Verspaare innerhalb einer Elegie sind sehr kurz: Sie bestehen gerade mal aus zwei Zeilen. Diese zwei Zeilen weisen jeweils ein ganz bestimmtes Metrum auf:

  • Erster Vers: Daktylisches Hexameter

Im ersten Vers findest du sechs Versfüße, die alle dem Versmaß Daktylus entsprechen. Ein Daktylus besteht aus einer betonten Silbe (–) gefolgt von zwei unbetonten Silben (∪). In einem Hexameter ist der letzte Daktylus unvollständig: Das heißt, eine oder beide unbetonte Silben am Ende fehlen.

Daktylisches Hexameter:  ∪ ∪  ∪ ∪  ∪ ∪   ∪ ∪   ∪ ∪  /

  • Zweiter Vers: Daktylisches Pentameter

Ein Pentameter besteht ebenfalls aus sechs daktylischen Versfüßen. Allerdings sind der dritte und der sechste Daktylus um die zwei unbetonten Silben (∪) verkürzt. Diese beiden Daktylen sind also ebenfalls unvollständig.

Daktylisches Pentameter: ∪ ∪  ∪ ∪    ∪ ∪  ∪ ∪ 

Diese Strophenform wird als Distichon bezeichnet. Eine Elegie besteht also aus mehreren Distichen!

Um festzustellen, ob du eine antike Elegie vor dir hast, musst du also ihr Versmaß bestimmen. Falls du dabei noch Hilfe brauchst, dann schau dir einfach unseren Beitrag dazu an!

Zum Video: Versmaß
Zum Video: Versmaß

Wichtig: Elegien in der deutschen Lyrik folgen nicht immer diesem formalen Aufbau. Sie erkennst du an ihrem inhaltlichen Fokus auf ernste, oft traurige Themen

Merkmale der Elegie

Je nachdem, ob du eine antike oder eine deutsche Elegie vor dir hast, weist diese Gedichtform unterschiedliche Merkmale auf. Hier findest du das Wichtigste auf einen Blick zusammengefasst: 

Antike Elegien

Form ➡︎ das wichtigste Merkmal von antiken Elegien

Sie sind aus mehreren aufeinanderfolgenden Distichen aufgebaut. Distichen bestehen immer aus einem Vers im Hexameter und einem Vers im Pentameter. 

Inhalt

Kein klarer Fokus. Du findest antike Elegien über sehr verschiedene Themen. Diese können wehmütig sein, müssen es aber nicht. Viele griechische Elegien beschäftigen sich zum Beispiel mit der Gesellschaft und viele römische Elegien mit erotischer Liebe.

Übrigens: Es ist nicht ganz klar, was der Begriff „Elegie“ genau bedeutet. Es wird aber vermutet, dass er von der altgriechischen Bezeichnung für eine Flöte stammt. Die Elegien wurden also wahrscheinlich zur Flötenmusik vorgetragen.

Antike Elegie – Beispiel: Auszug aus „Eunomia“ von dem griechischen Dichter Solon (Übersetzung)

Aber sie selbst sind willens die mächtige Stadt zu verderben,
Bürger, in törichtem Sinn geben dem Gelde Gehör.

Wie du siehst, ist dieses Gedicht in einem Distichon verfasst. Im Gedicht äußerst sich Solon gesellschaftskritisch über die Bürger von Athen. 

Elegien in der deutschen Lyrik

Form

Kein klarer Fokus. Elegien in der deutschen Lyrik findest du in allerlei Formen. Sie können aus Distichen bestehen, das müssen sie aber nicht.

Inhalt ➡︎ das wichtigste Merkmal von Elegien in der deutschen Lyrik

Sie befassen sich mit wehmütigen Themen. Oft wird in diesen Gedichten tiefe Trauer ausgedrückt, was zu ihrem klagenden Charakter beiträgt. Hier wirst du also häufig Inhalte wie Tod, Verlust, Trennung oder Enttäuschung finden. 

Deutsche Elegie – Beispiel: Auszug aus „Römische Elegien“ von Johann Wolfgang von Goethe 

Doch bald ist es vorbei; dann wird ein einziger Tempel,
Amors Tempel nur sein, der den Geweihten empfängt.
Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe
Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom.

Hier erkennst du gleich, dass Goethes Gedicht in seiner Form vom Distichon abweicht. Thematisch behandelt Goethe in seinen „Römischen Elegien“ eine problematische Liebesbeziehung.

Wirkung der Elegie

Wie du siehst, hat sich die Bedeutung der Elegie über die Jahrhunderte hinweg verändert. Mit der Bedeutung verändert sich auch immer die Wirkung, die ein Gedicht hervorrufen soll. Wenn du nach der Wirkung fragst, dann möchtest du herausfinden, welchen Effekt dieses Gedicht auf dich als Leser hat.

Antike Elegien zeichnen sich vor allem durch ihre besondere Strophenform aus. Der formale Aufbau in Hexameter und Pentameter lässt das Gedicht unruhig wirken: Im Hexameter wird ein Rhythmus aufgebaut, der im Pentameter wieder verloren geht. Das liegt daran, dass im Pentameter zwei Daktylen verkürzt sind – so wird der Schwung des Gedichts durcheinandergebracht!

Elegien in der deutschen Lyrik sind von der Form her frei, beschäftigen sich aber ausschließlich mit ernsten, oftmals traurigen Themen. Deshalb wirken sie auf dich als Leser wie eine Klage: Also als ob sich der Dichter bei dir über etwas beschwert, was ihn traurig macht. Das inhaltliche Gegenteil der Elegie ist die Ode , die sich mit positiven Themen beschäftigt. 

Elegie – Beispiel

Die Elegie ist als Gedichtform bei vielen bekannten Dichtern beliebt. Hier schauen wir uns ein paar ihrer Elegien etwas genauer an. 

Antike Elegien

Elegie – Beispiel: Auszug aus „Verteidigung der Heimat“ von dem griechischen Dichter Kallinos (Übersetzung)

Mancher, der zag sich der Schlacht und den sausenden Speeren entzogen,
schloss in die Kammer sich; hier aber ereilt‘ ihn der Tod.

Dieser erweckte jedoch im Volke nicht Liebe noch Sehnsucht,
während des anderen Tod Hohen und Niedren ein Schmerz.

Denn nach dem Helden, der fiel, sehnt sich die ganze Gemeinde;
Während er lebt, gilt er Söhnen der Himmlischen gleich.

Denn sie sehen in ihm den schützenden Turm in Gefahren,
Und was viele vereint wirken, das schafft er allein.

Form: Du siehst sofort, dass die Elegie aus Distichen besteht. Der erste Vers in jedem Paar ist länger als der zweite. Er besteht aus fünf vollständigen Daktylen und einem unvollständigen Daktylus am Schluss. Es handelt sich also um ein Hexameter. Der zweite Vers besteht aus vier vollständigen und zwei unvollständigen Daktylen. Es handelt sich also um ein Pentameter.

Inhalt: Diese Elegie beschäftigt sich mit dem Krieg. Kallinos fordert die jungen Männer seiner Gemeinde auf, sich als Soldaten zu melden. Er begründet diese Aufforderung damit, dass sie dann wie Helden gefeiert werden würden.

Elegie – Beispiel: Auszug aus „Amors Triumphzug“ aus der Gedichtsammlung „Amores“ von dem römischen Dichter Ovid (Übersetzung)

Wär‘ ich von der Liebe gequält so müsst ich das wissen und fühlen –
Oder beschlich sie vielleicht listig und heimlich mein Herz?

Ja, so geschah’s: jäh drang in die Brust ihr zartes Geschoss mir.
und nun beherrscht sie, die rauh Waltende, völlig mein Herz.

Weich‘ ich? Oder entfach‘ ich im Kampf noch höher das Glutmeer?
Nein denn, ich weiche. Man trägt leichter die Last mit Geduld.

Schwingst du die Fackel im Kreis, gleich lodert zum Himmel die Flamme,
Die hinsinkend erstirbt, senkst du ermattend die Hand.

Form: Auch hier ist der Aufbau in Distichen klar erkennbar. Der erste Vers ist wieder länger in jedem Paar, da es hier nur einen verkürzten Daktylus gibt und nicht zwei. Also sind auch hier die Verspaare aus einem Hexameter und einem Pentameter aufgebaut.

Inhalt: Ovid war bekannt für seine Liebeselegien. Hier beschreibt er, wie es sich anfühlt, sich zu verlieben. Da das lyrische Ich noch nicht weiß, ob die Liebe erwidert wird, hat das Gedicht einen negativen Unterton.

Elegien in der deutschen Lyrik

Elegie – Beispiel: Auszug aus „Marienbader Elegie“ von Johann Wolfgang von Goethe

Nun bin ich fern! Der jetzigen Minute,
Was ziemt denn der? Ich wüsst es nicht zu sagen;
Sie bietet mir zum Schönen manches Gute,
Das lastet nur, ich muss mich ihm entschlagen.
Mich treibt umher ein unbezwinglich Sehnen,
Da bleibt kein Rat als grenzenlose Tränen.

So quellt denn fort und fließet unaufhaltsam,
Doch nie geläng’s, die inn’re Glut zu dämpfen!
Schon rast’s und reißt in meiner Brust gewaltsam,
Wo Tod und Leben grausend sich bekämpfen.
Wohl Kräuter gäb’s, des Körpers Qual zu stillen;
Allein dem Geist fehlt’s am Entschluss und Willen.

Form: Diese Elegie besteht nicht aus aufeinanderfolgenden Distichen. Das erkennst du schon allein an der Länge der Zeilen: Bei einem Distichon ist die Zeile im Hexameter länger als die Zeile im Pentameter. Das ist hier nicht der Fall. 

Inhalt: In dieser Elegie geht es um unerwiderte Liebe. Sie hat einen sehr traurigen Unterton, da dem lyrischen Ich das Herz gebrochen wurde.

Elegie – Beispiel: Auszug aus „Der Spaziergang“ von Friedrich Schiller

Bin ich wirklich allein? In deinen Armen, an deinem
Herzen wieder, Natur, ach! und es war nur ein Traum,
Der mich schaudernd ergriff mit des Lebens furchtbarem Bilde,
Mit dem stürzenden Tal stürzte der finstre hinab.
Reiner nehm ich mein Leben von deinem reinen Altare,
Nehme den fröhlichen Mut hoffender Jugend zurück!

Ewig wechselt der Wille den Zweck und die Regel, in ewig
Wiederholter Gestalt wälzen die Taten sich um.
Aber jugendlich immer, in immer veränderter Schöne
Ehrst du, fromme Natur, züchtig das alte Gesetz,
Immer dieselbe, bewahrst du in treuen Händen dem Manne,
Was dir das gaukelnde Kind, was dir der Jüngling vertraut.

Form: Auch hier ist die Elegie nicht aus mehreren Distichen aufgebaut.

Inhalt: Dieses Gedicht von Schiller ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch Elegien einen hoffnungsvollen Unterton haben können. Das lyrische Ich macht einen Spaziergang durch die Natur. Währenddessen denkt es über viele negative Dinge nach, wie zum Beispiel Kriege. Trotzdem findet das lyrische Ich findet einen Platz der Ruhe und der Geborgenheit mitten in der Natur.

Elegie und Epigramm

Das Gegenstück zur Elegie ist das Epigramm . Diese kurze Gedichtform gibt es auch seit der Antike. Während die Elegie aus mehreren Distichen gebildet wird, besteht das Epigramm meist nur aus einer einzigen. In ihrem Inhalt unterscheiden sich die beiden Formen deutlich voneinander: Das Epigramm ist ein kritisches Spottgedicht über bestimmte Personen, Handlungen oder Umstände. Es soll zum Nachdenken anregen.

Epigramm – Beispiel: Spottgedicht des römischen Dichters Martial

Früher ein Arzt, ist jetzt Dialus Leichenbestatter:
Leichenbestatter, wie jetzt, war auch früher als Arzt.

Wenn du noch mehr über den formalen Zwilling der Elegie erfahren möchtest, dann schau dir als Nächstes unser Video zum Epigramm an!

Zum Video: Epigramm
Zum Video: Epigramm

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Gedichtformen mit variablen Versmaßen

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