Sehnsucht – Eichendorff
Du bist auf der Suche nach einer Gedichtanalyse von „Sehnsucht“ (Joseph von Eichendorff)? Dann bist du hier genau richtig. In unserem Beitrag und Video zeigen wir dir, wie dir deine Interpretation zu dem Gedicht perfekt gelingt.
Inhaltsübersicht
Sehnsucht – Eichendorff: Übersicht
Das Gedicht „Sehnsucht“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst und ist im Jahr 1834 erschienen. Du kannst es der Epoche der Romantik zuordnen. Das kannst du an Sprache, Inhalt und Form festmachen. Eichendorffs Gedicht handelt von der Sehnsucht des lyrischen Ichs nach dem Reisen, der weiten Welt und zahlreichen wunderbaren Naturschauplätzen.
In einer Gedichtanalyse gehst du auf Inhalt, Form und Sprache des Gedichts ein. Wenn du dir noch unsicher bist, wie du bei einer Gedichtanalyse genau vorgehst, dann hilft dir unser Video weiter.
Sehnsucht – Eichendorff: Analyse
Schau dir zunächst einmal das Gedicht an:
Joseph von Eichendorff
Sehnsucht
Es schienen so golden die Sterne,
Am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.
Das Herz mir im Leibe entbrennte,
Da hab‘ ich mir heimlich gedacht:
Ach wer da mitreisen könnte
In der prächtigen Sommernacht!
Zwei junge Gesellen gingen
Vorüber am Bergeshang,
Ich hörte im Wandern sie singen
Die stille Gegend entlang:
Von schwindelnden Felsenschlüften,
Wo die Wälder rauschen so sacht,
Von Quellen, die von den Klüften
Sich stürzen in die Waldesnacht.
Sie sangen von Marmorbildern,
Von Gärten, die über’m Gestein
In dämmernden Lauben verwildern,
Palästen im Mondenschein,
Wo die Mädchen am Fenster lauschen,
Wann der Lauten Klang erwacht,
Und die Brunnen verschlafen rauschen
In der prächtigen Sommernacht. –
Die Aufgabenstellung für Eichendorff – „Sehnsucht“ könnte so lauten:
Analysiere und interpretiere Eichendorffs Gedicht „Sehnsucht“ und gehe dabei auf Inhalt, Form und Sprache ein. Berücksichtige insbesondere, dass es sich bei „Sehnsucht“ um ein Gedicht aus der Romantik handelt und gehe in deiner Analyse auf typisch romantische Merkmale ein.
Sehnsucht – Eichendorff: Gliederung
Für deine Analyse könntest du folgende Gliederung nutzen:
- Einleitung: Wichtigste Informationen zu Eichendorffs Gedicht „Sehnsucht“
-
Hauptteil
2.1 Inhalt: Kernaussage und Aufbau in drei Sinnabschnitten
2.2 Form: Volksliedhafter Aufbau als typisch romantisches Merkmal
2.3 Sprache: Enjambements als Zeichen für Bewegung - Schluss: Sehnsucht als zeitloses Gefühl
Für eine Gedichtanalyse brauchst du auch immer eine Deutungshypothese . Das heißt, du stellst eine Behauptung über das Gedicht auf, die du im Laufe deiner Interpretation begründest.
In unserer Aufgabenstellung ist die Hypothese bereits vorgegeben: Du sollst begründen, warum es sich bei „Sehnsucht“ um ein typisch romantisches Gedicht handelt. Deine Aufgabe ist es also, dich in deiner Analyse immer wieder auf die Romantik zu beziehen und konkrete Beispiele für die Einordnung in die Epoche anzuführen. Dabei arbeitest du in jedem Abschnitt mindestens einen Bezug zur Epoche heraus.
Sehnsucht – Eichendorff: Einleitung
In der Einleitung nennst du die wichtigsten Eckdaten zum Gedicht. Du gehst auch kurz auf den Inhalt ein und erklärst, worauf du deinen Fokus in der Interpretation legst. Eine kurze Einleitung für „Sehnsucht“ könnte so aussehen:
Joseph von Eichendorffs Gedicht „Sehnsucht“ erschien im Jahr 1834. Es handelt von der Sehnsucht des lyrischen Ichs nach dem Reisen und der Natur. Das Gedicht ist ein typischer Vertreter der Romantik. Im Folgenden soll „Sehnsucht“ analysiert und interpretiert werden. Insbesondere wird dabei auf die Epochenmerkmale eingegangen, die im Gedicht vertreten sind.
Sehnsucht – Eichendorff: Inhalt
Schau dir die drei Strophen des Gedichts an. Worum geht es jeweils? Was passiert in den einzelnen Strophen? Eine kurze Inhaltsangabe der ersten Strophe könnte so aussehen:
Das Gedicht beginnt damit, dass das lyrische Ich in einer Sommernacht am Fenster steht. Es vernimmt den Laut eines Posthorns in der Ferne und wünscht sich daraufhin, selbst auf Reisen zu gehen. Bereits in der ersten Strophe finden sich klare Anzeichen dafür, dass es sich um eine Dichtung aus der Epoche der Romantik handelt. Es tauchen typisch romantische Motive, wie die Nacht, das Fenster und das Reisen auf. Sogar der Titel des Gedichts, „Sehnsucht“, stellt ein vielbehandeltes Thema dieser Literaturepoche dar.
Achte immer darauf, ob sich in den einzelnen Strophen die Stimmung, der Schauplatz oder die Gefühle des lyrischen Ichs ändern. Noch einmal kurz zur Erinnerung: Das lyrische Ich ist der Sprecher in einem Gedicht, den du jedoch nicht mit dem Autor verwechseln darfst!
In der 2. Strophe kannst du zum Beispiel feststellen, dass das lyrische Ich zwei Wanderer vorbeilaufen sieht, die ein Lied singen. Am Ende der 2. und in der 3. Strophe beschreibt es, wovon das Lied handelt und erwähnt verschiedene Orte, die in dem Lied vorkommen. Hier kannst du dir folgende Fragen stellen, um den Inhalt zusammenzufassen und dich auf die Romantik zu beziehen:
- Wovon singen die beiden Wanderer? Beschreibe, worum es in ihrem Lied geht.
- In der 1. Strophe hat das lyrische Ich Sehnsucht nach dem Reisen. Erfährst du in Strophe 2 und 3 auch, was es denkt und wie es sich fühlt? Oder liegt der Fokus eher auf dem Lied der beiden Wanderer?
- Findest du weitere Motive der Romantik? Erkennst du auch ein Schwellenmotiv? Das ist ein Motiv, das eine Grenze zwischen der Wirklichkeit und dem Traumhaften markiert.
→ Lösung: Natur, Fenster (Schwellenmotiv), Nacht
Sehnsucht – Eichendorff: Form
In diesem Teil der Analyse schaust du dir die Strophen, das Reimschema, das Versmaß bzw. Metrum und die Kadenzen im Gedicht an. Wenn du nicht mehr weißt, was genau das alles ist, klick einfach hier: Reimschema , Versmaß , Metrum , Kadenz . Versuche die formalen Merkmale auch gleich zu interpretieren und beschreibe, welche Wirkung sie im Gedicht haben. In unserem Fall gehst du auch in diesem Teil wieder auf die Romantik ein. Ein kleiner Teil der Ausformulierung zur Form könnte so aussehen:
Die drei Strophen des Gedichts bestehen aus je acht Versen mit Kreuzreim. Das Metrum ist unregelmäßig, auch innerhalb der Verse ändert es sich immer wieder. Männliche und weibliche Kadenzen wechseln sich ab. Durch den Kreuzreim erinnert das Gedicht an ein Volkslied mit insgesamt sechs Strophen, von denen jeweils zwei zusammengefasst sind. Diese volksliedartige Struktur ist charakteristisch für die Epoche der Romantik und findet sich häufig in der romantischen Lyrik . Außerdem spiegelt sie den Inhalt des Gedichts wider: In der zweiten Strophe beschreibt das lyrische Ich das Lied, das die beiden Gesellen singen. So greift das Gedicht nicht nur den Inhalt des Liedes auf, sondern ahmt es auch durch seine volksliedhafte Form nach.
- Die volksliedhafte Struktur ist typisch für romantische Gedichte. Du erkennst ein Volkslied daran, dass seine Strophen immer aus vier oder sechs Versen mit Kreuzreim bestehen und dass die Verse ziemlich kurz sind.
- Der Kreuzreim hat immer das Reimschema abab. Das lässt sich beispielsweise in der 1. Strophe sehen: Sterne – Ferne, stand – Land
- Um die Kadenz zu bestimmen, schaust du dir die letzte Silbe eines Verses an. „Sterne“ (V. 1) endet auf eine unbetonte Silbe, die Kadenz ist also weiblich. Der nächste Vers endet mit „stand“ auf eine betonte Silbe, es handelt sich also um eine männliche Kadenz.
Um in deiner Analyse noch weiter auf die Form des Gedichts einzugehen, kannst du dir folgende Fragen stellen:
- Fällt dir am Inhalt ein Thema auf, das sich regelmäßig wiederholt? Schau dir dazu das Lied der beiden Wanderer an: Sie singen immer wieder von der Natur.
- Wie deutest du es, dass das Versmaß unregelmäßig und unruhig ist? Hat es vielleicht etwas mit dem Sehnsuchtsgefühl des lyrischen Ichs zu tun? Fühlt es sich auch unruhig, weil es fort möchte, statt zuhause am Fenster zu stehen?
- Die regelmäßige Form gibt dem Gedicht etwas Melodisches. Findest du neben dem Lied der Wanderer im Gedicht noch etwas, das mit Melodie zu tun hat? Schau dir dabei die verschiedenen Geräusche im Gedicht an, wie das Rauschen der Wälder in Strophe 2.
→ Lösung: „Posthorn“ (V. 4), „Wälder rauschen“ (V. 14), „am Fenster lauschen“ (V. 21), „der Lauten Klang“ (V. 22),“die Brunnen verschlafen rauschen“ (V. 23)
Sehnsucht – Eichendorff: Sprache
Als Letztes betrachtest du im Hauptteil noch die sprachliche Gestaltung des Gedichts. Dabei kannst du dir beispielsweise ansehen, ob es besonders viele beschreibende Adjektive gibt, aus welchem Wortfeld die Nomen im Gedicht stammen oder in welcher Zeitform das Gedicht geschrieben ist. Unter einem Wortfeld verstehst du eine Gruppe von Wörtern, die eine ähnliche Bedeutung haben und zur gleichen Wortart gehören. Außerdem gehst du hier auf sprachliche Mittel und ihre Wirkung im Text ein. Eine kurze Ausformulierung zum Stilmittel des Enjambements , also des Zeilensprungs, könnte so aussehen:
In Eichendorffs Gedicht „Sehnsucht“ finden sich einige Enjambements, wie zum Beispiel „Ach wer da […] Sommernacht!“ (V. 7-8). Das Enjambement zieht sich über die beiden Verse und verdeutlicht die Sehnsucht des lyrischen Ichs, die es in die Welt hinauszieht. Die beiden Verse werden nicht durch das Versende unterbrochen und der Lesefluss stockt nicht. Die Bewegung von einem Vers zum nächsten ist also nicht stockend oder holprig, sondern verläuft glatt und ohne Hindernis. Das passt sehr gut zur Gefühlslage des lyrischen Ichs: Es möchte hinaus in die Welt und verreisen, ohne, dass sich ihm ein Hindernis in den Weg stellt. Das Enjambement hebt somit das romantische Motiv des Reisens noch einmal hervor.
Im Gedicht findest du noch weitere Enjambements, auf die du eingehen kannst:
- Vers 9-10: „Zwei junge Gesellen […] Bergeshang“: Auch hier fließen die beiden Verse ineinander, was du mit dem Wandern der beiden vergleichen kannst. Sie laufen immer weiter, ohne zu stocken und ohne stehen zu bleiben.
- Vers 11-12: „Ich hörte im Wandern […] entlang“: Hier wird das erste Mal das Lied der beiden Gesellen erwähnt. In Liedern verbindest du auch oft Wörter oder Textzeilen miteinander, damit sie zur Melodie passen. Das kannst du mit dem Enjambement vergleichen.
- …
Es gibt aber auch noch andere Stilmittel und sprachliche Phänomene, die du beschreiben kannst. Gehe auch hier wieder auf die Romantik ein. Folgende Fragen können dir dabei helfen:
- Wo im Gedicht findest du Personifikationen
(Vermenschlichungen) und welche Wirkung haben sie? Achte dabei vor allem auf die Naturbeschreibungen.
→ Lösung: „Quellen…stürzen“ (V. 15-16), „der Lauten Klang erwacht“ (V. 22), „Brunnen verschlafen rauschen“ (V. 23) - In Vers 5 findest du eine Metapher
. Überlege dir, warum sie die Sehnsucht des lyrischen Ichs besonders gut und nachvollziehbar beschreibt.
→ Lösung: „das Herz mir im Leibe entbrennte“: Feuer steht für Leidenschaft, wild, ungezähmt; die Sehnsucht brennt ebenfalls wild und ungezähmt im lyrischen Ich, denn es will unbedingt fort - Schau dir die Wortfelder an, aus denen die Nomen
, Adjektive
und Verben
im Gedicht stammen: Fallen dir hier auch wieder typisch romantische Themen und Motive auf?
→ Lösung: Nomen aus der Natur, z. B. „Quellen“ (V. 15), „Gärten“ (V. 18), aber auch Nacht („Sommernacht“ (V. 24)) - In welcher Zeitform ist das Gedicht geschrieben? Und warum? Was hat sie mit der Sehnsucht des lyrischen Ichs zu tun?
→ Lösung: Präteritum (1. Vergangenheit), das lyrische Ich erinnert sich rückblickend sehnsüchtig an die Nacht am Fenster
Aufgepasst: In deiner Analyse sollst du auf mindestens vier verschiedene sprachliche Phänomene eingehen. Es reicht also nicht aus, dich nur auf ein einziges Stilmittel zu konzentrieren!
alle Lösungen einblendenSehnsucht – Eichendorff: Schluss
Im Schlussteil fasst du die Erkenntnisse deiner Analyse noch einmal kurz zusammen. Außerdem überlegst du dir, was das Gedicht für eine Bedeutung hat. Für Eichendorffs „Sehnsucht“ könnte ein ausformulierter Schlussgedanke so aussehen:
Eichendorffs Gedicht handelt von der Sehnsucht des lyrischen Ichs, die das Gedicht nicht nur inhaltlich prägt, sondern sich auch in Form und sprachlicher Gestaltung widerspiegelt. Zudem stellt es ein typisches Stück romantische Lyrik dar und vereint die volksliedhafte Struktur mit klassischen Motiven der Romantik, wie etwa die Nacht oder die Natur. Eichendorffs Gedicht beschreibt nicht nur die Sehnsucht und das Verlangen nach der Flucht aus dem Alltag und der Enge des Hauses. Sondern es nimmt den Leser mit auf eine Reise heraus aus der Realität und zeigt ihm wunderbare, verzauberte Flecken Natur.
Gedichtanalyse Beispiel
Jetzt weißt du, wie du Eichendorffs „Sehnsucht“ analysieren und interpretieren kannst. Wenn du noch ein weiteres ausführliches Beispiel und gute Formulierungen für eine Gedichtanalyse suchst, hilft dir dieses Video sicher weiter.