Industrialisierung Deutschland
Alles über die Industrialisierung in Deutschland erfährst du in diesem Video und Beitrag.
Inhaltsübersicht
Industrialisierung Deutschland einfach erklärt
Unter der Industrialisierung verstehst du, dass in einem Staat mehr mit Maschinen produziert und deshalb weniger Landwirtschaft betrieben wird. Die Industrialisierung in Deutschland begann etwas später als im restlichen Europa. Das lag an den vielen kleinen deutschen Staaten, die untereinander nicht ohne Hindernisse handeln konnten wie in den Einheitsstaaten Frankreich oder England.
In Deutschland begann die Industrialisierung schließlich um 1830. Die Zeit von 1871 bis 1910 bezeichnest du auch als „Hochindustrialisierung”. In diesem Zeitraum holte die deutsche Wirtschaft schließlich England ein und war in manchen Bereichen sogar Europas Vorreiter, zum Beispiel in der Automobilindustrie.
Während der Industrialisierung in Deutschland litten die Arbeiter wie auch im Rest Europas unter schlechten Arbeitsbedingungen. Schlussendlich führte sie jedoch zu einem steigenden Wohlstand in allen Industrieländern. Das ist ein Vorteil, von dem du noch heute profitierst. Allerdings kannst du auch die Nachteile der Industrialisierung noch heute spüren, denn sie ist auch verantwortlich für die globale Erwärmung.
Industrialisierung Deutschland Zusammenfassung
Hier siehst du die wichtigsten Schlagworte im Zusammenhang mit der Industrialisierung in Deutschland zusammengefasst.
- Mehr Produktion durch Einsatz von Maschinen
- Übergang vom Agrarstaat zum Industriestaat
- verspätete sich in Deutschland wegen zersplitterter Nation, Lehnswesen und Zunftzwang
- Begann ca. 1830 ungefähr 80 Jahre nach England
- Im traditionalistischen Bayern erst ab 1850
- Urbanisierung/Landflucht
- Hohe Bevölkerungsdichte
- Hygienische Missstände
- Schlechte Arbeitsbedingungen
- Ermöglichte den heutigen Wohlstand
- Grund für Umweltverschmutzung und globale Erwärmung
Verzögerung der Industrialisierung in Deutschland
In „Deutschland“ beziehungsweise den deutschsprachigen Gebieten lebten um 1800 die meisten Menschen von der Landwirtschaft. Das war in England anders. Die Industrialisierung begann dort schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit der ersten industriellen Revolution
. Damals entstanden wichtige Erfindungen, wie zum Beispiel die Dampfmaschine (1769). Die Erfindungen führten dazu, dass in England viel mehr produziert und die Landwirtschaft verdrängt wurde.
Die Industrialisierung in Deutschland begann hingegen erst wesentlich später. Aber warum?
- viele kleine Teilstaaten
- Zölle
- Zunftzwang
- Leibeigenschaft
Ein großes Problem für die Industrialisierung in Deutschland war die Tatsache, dass Deutschland zu der Zeit der ersten industriellen Revolution überhaupt kein einheitlicher Staat war. Es gab viele kleine deutsche Staaten, die sich nicht auf einheitliche Maße, Währungen und Gewichte einigen konnten. Außerdem verhängten sie untereinander Zölle. Das machte einen gemeinsamen Handel von Produkten sehr schwer. Ein weiteres Problem waren die Zünfte. Bestimmte Handwerksberufe durftest du nur ausüben, wenn du einer bestimmten Zunft angehörtest. Deshalb konnte sich das Handwerk nicht so rasant weiterentwickeln wie in England. Dieses Problem nennst du auch „Zunftzwang”.
Ein weiteres Problem war die Leibeigenschaft.
Denn Leibeigene waren verpflichtet, Land zu bewirtschaften und konnten deshalb nicht in der Industrie arbeiten. Daher konnte die Landwirtschaft gar nicht von der Industrie als größter Wirtschaftszweig abgelöst werden, wie das in England der Fall war.
Beginn der Industrialisierung in Deutschland
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lösten sich allmählich die Probleme, die eine Industrialisierung in Deutschland verhinderten. 1803 erzwang Napoleon
eine Neuordnung Deutschlands. Danach war Deutschland zwar immer noch kein Einheitsstaat, aber es war ein Schritt in die richtige Richtung.
1807 befreite Preußen die Bauern aus der Leibeigenschaft. Somit war auch dieses Problem gelöst. Ganz entscheidend für die Industrialisierung in Deutschland war aber die Gründung des Deutschen Zollvereins 1834. Dadurch konnten endlich Waren zollfrei innerhalb Deutschlands transportiert und verkauft werden.
In den 1830er Jahren begann dann auch die industrielle Revolution in Deutschland. Wichtig dafür war der Eisenbahnbau. Für den Bau von Eisenbahnen benötigten die Arbeiter nämlich Eisen und Kohle. Um beides zu transportieren, brauchten sie wiederum eine Eisenbahn und damit wieder Eisen und Kohle: ein Kreislauf, der sich selbst verstärkte und so zur Industrialisierung Deutschlands führte.
Nachzügler Bayern
Allerdings profitierten nicht alle Gegenden im gleichen Umfang von der Industrialisierung. Das Ruhrgebiet wurde zum Zentrum für Kohleabbau und in Sachsen entwickelte sich ab 1850 der Mittelpunkt des deutschen Maschinenbaus. In Berlin wiederum wurden viele Lokomotiven hergestellt.
Andere Gegenden, wie zum Beispiel Bayern, wurden abgehängt. Denn einerseits gab es dort kaum Rohstoffe und andererseits hielt König Ludwig I lange an seinem veralteten Weltbild fest. Deshalb blieb Bayern noch lange ein Agrarstaat, also ein Staat, der überwiegend Landwirtschaft betreibt, während sich der Rest Deutschlands industrialisierte. Unter Ludwig II ab 1864 besserte sich das aber und auch in Bayern begann die Industrialisierung.
Probleme der Industrialisierung in Deutschland
Die Industrialisierung in Deutschland schaffte viele Arbeitsplätze, was damals dringend notwendig war. Denn wegen einer Bevölkerungsexplosion um 1800 waren viele Menschen ohne Arbeit und verarmten. Die Verarmung großer Bevölkerungsschichten im 19. Jahrhundert nennst du übrigens Pauperismus (lat. pauper – arm). Um Arbeit zu finden, zogen sie deshalb zu den neu entstandenen Fabriken in die Städte und fanden Arbeit.
Aber die Industrialisierung brachte auch viele Probleme mit sich. Im Folgenden siehst du ein paar Beispiele dazu:
Schlechte Wohnungssituation
Ein Problem war zum Beispiel die Bevölkerungsdichte. Sie stieg durch den immensen Zuzug in die Städte massiv an (Urbanisierung , lat. urbs – Stadt). Dadurch lebten viel mehr Menschen auf engem Raum zusammen. Gelsenkirchen beispielsweise verzehnfachte seine Einwohner während der ersten industriellen Revolution. Berlin wuchs von 800.000 auf über zwei Millionen Einwohner an.
Das führte zu Platzmangel und allgemein sehr schlechten Lebensbedingungen für die Stadtbevölkerung. Ganze Familien wohnten in einem einzigen Zimmer und vermieteten manchmal sogar ihre Betten. Die Toilette im Treppenhaus teilten sie sich mit den Nachbarn. Außerdem waren viele Wohnungen nicht mit Sanitäreinrichtungen ausgestattet. Das führte zu großen hygienischen Missständen. Einige Stadtteile entwickelten sich deshalb zu regelrechten Slums
. Das war ein Problem, das nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa während der Industrialisierung zu sehen war. Teilweise kam es sogar zu Typhus- und Choleraepidemien.
Die Lösung war die Vergrößerung des Stadtgebietes. Viele Arbeiterwohnungen wurden außerhalb der ehemaligen Stadtmauern gebaut. Das löste das Platzproblem. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dann ein modernes Entwässerungssystem in den Städten Europas eingeführt. Dadurch wurden die Industrieabfälle und Fäkalien hygienisch entsorgt und nicht mehr einfach auf die Straße gekippt. Das Hygieneproblem gehörte damit ebenso der Vergangenheit an.
Schlechte Arbeitsbedingungen
Ein weiteres Problem stellten die Arbeitsbedingungen dar. Sie waren während der Industrialisierung in Deutschland sehr schlecht. 1872 arbeitete ein deutscher Arbeiter im Schnitt 72 Stunden pro Woche für einen sehr geringen Lohn. Außerdem gab es trotz der teilweise gefährlichen Arbeit in der neuen Industrie keinen Gesundheitsschutz. Viele Fabrikbesitzer und auch Politiker befürchteten deshalb einen Aufstand der Arbeiter.
Der damalige Reichskanzler Bismarck ging dagegen zweigleisig vor. Einerseits schwächte er die Arbeiterbewegung durch das Sozialistengesetz
von 1878, das sämtliche sozialdemokratische Organisationen verbot. Andererseits sorgte er selbst für eine europaweit vorbildliche Sozialgesetzgebung, um die Arbeiter zufriedenzustellen. 1883 entstand die Krankenversicherung, 1884 die Unfallversicherung. Es folgten noch weitere Versicherungen wie die Rentenversicherung. Wie du siehst, hatten die Sozialversicherungen
, die es noch heute gibt, hier ihren Ursprung.
Folgen der Industrialisierung in Deutschland
Die Zeit von 1871 bis 1910 nennst du auch die Hochindustrialisierung. In dieser Zeit holte Deutschland den Rückstand auf England auf und überholte es sogar teilweise. Ein prominentes Beispiel für die deutsche Vorreiterrolle in dieser Zeit ist die Erfindung des Autos von Carl Benz 1886. Die Folgen der Industrialisierung waren in Deutschland wie in allen anderen Industrienationen ein massiv steigender Wohlstand, von dem du noch heute profitierst. Denn es ist immer noch zu erkennen, dass Agrarstaaten wirtschaftlich wesentlich schlechter dastehen als Industrienationen.
Aber die Industrialisierung brachte nicht nur Positives mit sich. Durch den starken Anstieg der Produktion wurden nämlich sehr viel mehr Rohstoffe verbraucht. Außerdem führten die vielen Fabriken zu einer Umweltverschmutzung, die früher nie in einem solchen Ausmaß stattgefunden hatte. Deshalb ist die globale Erwärmung eine direkte Folge der Industrialisierung. Diese Auswirkung spürst du auch heute noch, über 100 Jahre später.
Industrielle Revolution
Jetzt weißt du, was die Industrialisierung in Deutschland war. Um zu erfahren, wie der Stein der Industrialisierung überhaupt ins Rollen gebracht wurde, solltest du dir unbedingt unser Video zur industriellen Revolution ansehen. Viel Spaß!