Episches Theater
Du fragst dich, was das epische Theater ist und was Bertolt Brecht damit zu tun hat? In unserem Beitrag und im Video erfährst du alles über Brechts episches Theater!
Inhaltsübersicht
Was ist das epische Theater?
Das epische Theater ist ein Theaterkonzept aus den 1920er Jahren von Bertolt Brecht und Erwin Piscator. Brecht sah das epische Theater als Gegenteil zum klassischem Theater nach Aristoteles . Statt Mitgefühl zu zeigen, soll der Zuschauer beim epischen Theater Distanz zum Geschehen bewahren und kritisch darüber nachdenken.
Das erreicht Brecht durch Verfremdungseffekte (V-Effekte), die aus der Epik (erzählenden Literatur) übernommen sind. Das epische Theater verbindet also Epik und Dramatik . Beispiele für den Verfremdungseffekt sind Lieder oder die direkte Ansprache an das Publikum. Du kannst Brechts episches Theater auch didaktisches oder analytisches Theater nennen.
Episches Theater Brecht – Beispiele:
- „Mutter Courage und ihre Kinder “ (1941)
- „Leben des Galilei “ (1943)
- „Der gute Mensch von Sezuan “ (1943)
Episches Theater – Merkmale
Das epische Theater appelliert an die Vernunft der Zuschauer. Brecht wollte damit die Gesellschaft verändern. Die Zuschauer nehmen dafür eine andere Rolle als im klassischen Theater nach Aristoteles ein. Sie sind Beobachter, die Distanz zum Geschehen bewahren.
Vor allem das Bürgertum sollte durch die Theaterform zum politischen Denken und Handeln motiviert werden. Es wird nämlich gezeigt, dass der Mensch sich und die Welt verändern kann. Brechts Theater war also politisch motiviert. Er reagierte damit auf die sich wandelnde Welt. Durch die Verstädterung und Industrialisierung gab es mehr Konflikte. Bertolt Brecht wollte diese aufzeigen und das Publikum zum kritischen Nachdenken und entsprechendem Handeln darüber anregen.
In diesem Video erfährst du mehr über Brechts Leben und seine berühmten Werke.
Inhaltliche Merkmale – Bertolt Brecht episches Theater
Das epische Theater thematisiert oft große gesellschaftliche Themen. Dazu zählen der Krieg, wirtschaftliche Probleme und soziale Missstände unterer Bevölkerungsschichten. Dadurch sehen Zuschauer Bezüge zu ihrem Alltag und ihrem Leben.
Der Mensch zeigt sich in Brechts Dramen als veränderliches Wesen. Die Figuren sind wissbegierig und wollen sich nicht ihrer Bestimmung ergeben. Im epischen Theater können die Figuren ihr Schicksal also selbst in die Hand nehmen und aktiv mitgestalten. Brecht setzte den Fokus dabei aber nicht auf das Leben einzelner Figuren. Er wollte zeigen, dass die ganze Welt zu einem besseren Ort werden kann.
Die Handlung verläuft in Brechts Theater nicht linear und zielgerichtet. Oft findest du im epischen Theater Vor- und Rückblenden, Ortswechsel oder parallele Handlungsstränge. Außerdem gibt es häufig ein offenes Ende.
Formale und sprachliche Merkmale – Bertolt Brecht episches Theater
Das epische Theater hat eine offene Form. Das heißt, es gibt keine fünf Akte wie im klassischen (aristotelischen) Drama. Die Szenen stehen hier für sich allein. Dabei entsteht die Spannung nicht erst am Ende des Stücks oder zu Höhe- und Wendepunkten, sondern der Bezug der einzelnen Szenen untereinander erzeugt die Spannung. Zudem verläuft die Handlung nicht unbedingt chronologisch. Stattdessen gibt es oft Zeitsprünge und Wendungen.
Du findest in dem Drama von Brecht auch Elemente aus der Epik. Im epischen Theater gibt es manchmal einen Erzähler, der sonst nur in epischen Werken wie Erzählungen auftaucht. Der Erzähler steht mit auf der Bühne und kommentiert das Geschehen. Dabei kennt er häufig auch die Gedanken der Figuren.
Im epischen Theater identifizieren die Schauspieler sich nicht mit ihrer Rolle. Sie sollen nur die Figur und ihre Handlungen zeigen und gleichzeitig das Handeln bewerten.
Verfremdungseffekt – episches Theater Brecht
Ein weiteres wichtiges Merkmal des epischen Theaters von Brecht ist der Verfremdungseffekt. Du kannst ihn auch als V-Effekt bezeichnen. Brecht benutzt den künstlerischen Effekt, um Distanz zum Publikum aufzubauen. Die Zuschauer sollen sich also nicht mit den Figuren des Theaterstücks identifizieren können.
Dabei wird die Handlung des Stücks durch ein Lied, einen Kommentar oder einen Zeitsprung absichtlich unterbrochen. Das heißt, die Zuschauer sehen, dass das Theaterstück erfunden ist und können deshalb distanziert darüber nachdenken. Mögliche Techniken der Verfremdung sind zum Beispiel folgende:
- Erzählerkommentare
- Ansprache des Publikums
- Chorgesang
- Prolog und Epilog, Zwischenspiele
- Einschub von Liedern
- Filmeinblendungen
- Projektion von Bildern und Schriften
Vergleich – aristotelisches Theater und episches Theater Brecht
In der folgenden Tabelle findest du einen Vergleich zwischen dem klassischen Theater (Aristoteles) und dem epischen Theater (Brecht):
Merkmale | Klassisches Theater | Episches Theater |
Form der Aufführung | geschlossene Form, handelnd | offene Form, erzählend |
Handlungsverlauf | linearer Handlungsverlauf mit Spannungskurve | kein direkter Spannungsaufbau, ohne Höhepunkt, Sprünge und Wendungen im Handlungsverlauf |
Aufbau | fünf Akte mit Einheit von Zeit, Raum und Handlung | einzelne Szenen |
Figuren | unveränderlich, ergeben sich ihrem Schicksal | veränderlich, ergeben sich oft nicht ihrem Schicksal |
Zuschauer | Einfühlung des Zuschauers wird angestrebt, Zuschauer wird in die Handlung hineingezogen | Zuschauer ist Beobachter und bewahrt Distanz zum Geschehen, lernt aus den Fehlern der Figuren |
Geplante Zielgruppe | gebildete Oberschicht | Bürgertum und Arbeiter |
Ziel | Zuschauer unterhalten und Mitgefühl wecken | Zuschauer soll Geschehen hinterfragen, Missstände der Welt aufzeigen |
Beispiele |
„Emilia Galotti “ – Gotthold Ephraim Lessing (1772) „Die Räuber “ – Friedrich Schiller (1781) „Kabale und Liebe “ – Friedrich Schiller (1784) „Maria Stuart “ – Friedrich Schiller (1800) |
„Die Dreigroschenoper “ (1928) – Bertolt Brecht „Mutter Courage und ihre Kinder“ (1941) – Bertolt Brecht „Der gute Mensch von Sezuan “ – Bertolt Brecht (1943) „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ – Bertolt Brecht (1959) |
Dramatik
Das war das Wichtigste über das epische Theater von Brecht. Wie du jetzt weißt, gehört das epische Theater zur Dramatik. Wenn du mehr über die Dramatik erfahren willst, ist dieses Video genau das Richtige für dich!