Osterspaziergang – Faust
Worum geht es im Osterspaziergang in Faust? In diesem Beitrag und im Video zeigen wir dir eine Gedichtanalyse mit Interpretation!
Inhaltsübersicht
Übersicht – Osterspaziergang Faust
Der „Osterspaziergang“ ist ein Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe . Allerdings handelt es sich beim „Osterspaziergang“ nicht um ein eigenständiges Werk, sondern um einen Monolog aus Goethes Faust . Dieser Monolog ist Teil der Szene Vor dem Tor.
Hier unternehmen der Gelehrte Faust und sein Schüler Wagner einen Spaziergang am Ostersonntag. Dabei beschreibt Faust das bunte Treiben auf den Straßen der Stadt. Faust fasst in dieser Szene neuen Lebensmut und kann seine Selbstmordgedanken aus der vorherigen Szene abschütteln.
Schau dir zunächst den Osterspaziergang Gedicht Text an:
Osterspaziergang (Faust)
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in raue Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur;[1]
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlt’s im Revier,[2]
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurückzusehen.
Aus dem hohlen, finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden,
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln[3] und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behänd sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluss in Breit‘ und Länge
So manchen lustigen Nachen[4] bewegt,
Und bis zum Sinken überladen
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel;
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet Groß und Klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!
[1] offenes, unbewaldetes Kulturland
[2] Platz in der Natur
[3] obere abschließende Wandfläche eines Gebäudes im Bereich des Daches
[4] kleines Boot
Inhaltsangabe – Osterspaziergang von Goethe
In dem Gedicht „Osterspaziergang“ beschreibt Faust seine Eindrücke von einem Spaziergang am Ostersonntag. Sein Monolog lässt sich in drei Sinnabschnitte, auch Bilder genannt, einteilen.
Das erste Bild umfasst die Zeilen 1-13. Hier beschreibt Faust die Natur, die nach dem Winter langsam wieder aufblüht. Das Eis in den Bächen schmilzt und die Wiesen sind wieder grün. Schnee und Eis gibt es nur noch in den Bergen. Aber die Sonne wird immer kräftiger und lockt die Menschen auf die Straße.
Im nächsten Bild, den Zeilen 14-26, liegt der Fokus dann auf den Menschen. Sie wenden sich der Sonne zu und lassen die dunkle Stadt hinter sich. Alle versammeln sich draußen, um die Auferstehung von Jesus an Ostern zu feiern.
Im letzten Bild, Zeile 27-38, kommen die beiden vorherigen Bilder zusammen. Die Menschen strömen aus der Stadt in die Natur. Sie fahren mit Booten über die aufgetauten Flüsse oder wandern in den Bergen. Alle sind fröhlich und Faust ist als lyrisches Ich ein Teil dieser freudigen Stimmung.
Analyse – Der Osterspaziergang Gedicht
Den „Osterspaziergang“ kannst du dir auch formal und sprachlich genauer anschauen. Das Gedicht Osterspaziergang ist ein Monolog von Faust. Als Monolog bezeichnest du einen längeren Sprechanteil einer einzelnen Figur in einem Drama.
Beim Osterspaziergang in Faust gibt es kein festes Metrum und kein Reimschema . Das Gedicht besteht aus 38 Verszeilen und ist nicht in Strophen unterteilt.
Sprache – Goethes Osterspaziergang Faust
In dem Gedicht findest du auch viele Stilmittel . Besonders auffällig sind die Personifikationen . Dabei werden der Natur menschliche Eigenschaften zugeschrieben. Das siehst du zum Beispiel hier:
- „Der alte Winter, in seiner Schwäche, / Zog sich in raue Berge zurück“ (Z. 4)
- „Aber die Sonne duldet kein Weißes“ (Z. 9)
Die Natur wird durch die Personifikation also wortwörtlich lebendig. Denn in dem Gedicht geht es darum, wie die Natur im Frühling wieder zum Leben erwacht.
Außerdem findest du in dem Gedicht auch viele Wiederholungen . Am Ende des Gedichts gibt es zum Beispiel eine Anapher . In den Sätzen „Hier ist des Volkes wahrer Himmel“ (Z. 36), „Hier bin ich Mensch“ (Z. 38) und „hier darf ich’s sein“ (Z. 38) wird das Wort „hier“ am Anfang wiederholt. Dabei betont das Gedicht die Gegenwärtigkeit, also das Hier und Jetzt. Den Menschen geht es gut und sie freuen sich über den Frühling. Deshalb sollten sie diesen Moment draußen der Natur genießen.
Interpretation – Osterspaziergang Gedicht
Im „Osterspaziergang“ Gedicht geht es um das Erwachen der Natur nach dem Winter. Durch viele Personifikationen wird die Natur wortwörtlich lebendig. Nach und nach überträgt sich dieses Aufwachen auch auf die Menschen. Die Sonne lockt die Menschen aus ihren Häusern und sie verlassen schließlich die Stadt und verbringen Zeit in der Natur.
Dieses Aufblühen der Natur und der Menschen spiegelt sich auch in der Form des Gedichts. Es gibt keine feste Strophenform und kein Reimschema. Es gibt also keine feste Struktur und das Gedicht kann sich frei entfalten.
Gleichzeitig hat das Gedicht „Der Osterspaziergang“ aber auch eine tiefere Bedeutung über das Streben nach dem Göttlichen im Alltäglichen. Denn das Gedicht handelt vom Ostersonntag. An diesem Tag feiern die Menschen die Auferstehung von Jesus Christus. Allerdings setzt sich der Mensch im Gedicht mit dem Göttlichen gleich: „Sie feiern die Auferstehung des Herrn / Denn sie sind selber auferstanden“ (Z. 19f.)
Sie fassen nach dem Winter neuen Lebensmut und feiern so ihre eigene Auferstehung. Das findest du auch am Ende des Gedichts wieder. Das lyrische Ich betont: „Hier ist des Volkes wahrer Himmel“ (Z. 36). Die Menschen müssen also nicht nach einem göttlichen Himmel streben. Denn diesen Himmel gibt es bereits im Hier und Jetzt auf der Erde. Der Mensch steht also im Zentrum des Gedichts.
Die Überschwänglichkeit und der Lebensmut im Osterspaziergang von Goethe sind ausschlaggebend für den weiteren Verlauf des Dramas. Denn Faust selbst hat seine dunklen Gedanken abgelegt und feiert jetzt das Leben.
Direkt nach dem Osterspaziergang bemerkt Faust einen schwarzen Pudel. Das ist der personifizierte Teufel, Mephisto. Faust schließt einen Pakt mit ihm und opfert dafür seine Seele. Allerdings findet er das nicht schlimm, denn für ihn ist der Himmel im Hier und Jetzt. Deswegen macht er sich über das Leben nach dem Tod keine Sorgen.
Faust – Interpretation
Jetzt kennst du den Text zum Osterspaziergang von Goethes Faust und weißt, wie du das Gedicht „Osterspaziergang“ (Faust) interpretieren kannst. Wenn du jetzt noch wissen willst, wie du bei einer Interpretation des gesamten Dramas vorgehst, haben wir hier das passende Video für dich.